Artikel

Der Calatrava-Bau ist «eine gelungene Ergänzung zum Bahnhof Stadelhofen»
Neue Zürcher Zeitung

Beim Bahnhof Stadelhofen erstellt die Axa Winterthur ein fünfgeschossiges Geschäftshaus mit integrierter Velostation – in der eigenwilligen Formensprache von Santiago Calatrava. Dies störe das Ortsbild nicht, urteilt das Baurekursgericht und lehnt einen Rekurs gegen den Gestaltungsplan ab.

13. Februar 2019 - Adi Kälin
Im Gemeinderat bekam das eigenwillige Projekt von Santiago Calatrava sehr phantasievolle Übernamen, die von «Hochseeschiff» bis zu «gestrandeter Wal» reichten, je nach Zuneigung oder Ablehnung der Rednerinnen und Redner. Trotz einigen Bedenken gegen den speziellen Bau stimmte das Parlament am Ende dem entsprechenden Gestaltungsplan mit 92 zu 29 Stimmen zu.
Ortsbildschutz verletzt?

Im letzten Sommer ging dann aber ein Rekurs gegen den Gestaltungsplan ein, in dem vor allem denkmal- und ortsbildschützerische Bedenken angemeldet wurden. Zum einen sei das Haus zum Falken (in dem sich früher das Café Mandarin befand) denkmalpflegerisch wertvoll. Zum andern entspreche das Richtprojekt, das dem Gestaltungsplan zugrunde liege, weder den Vorschriften der Kernzone noch jenen des Bundesinventars schützenswerter Ortsbilder (Isos).

Über die Bedeutung des Hauses zum Falken und dessen wirkliches Alter ist viel diskutiert und geschrieben worden. Im Jahr 2014 hat der Stadtrat dann aber nach einer Interessenabwägung beschlossen, auf eine definitive Unterschutzstellung des Gebäudes zu verzichten. Das Haus darf also abgebrochen werden, wenn die Baufreigabe für den Neubau vorliegt.

Den Altbau wegdenken

Man muss das Haus bei der Beurteilung des Ortsbildes deshalb auch gewissermassen wegdenken. Es zählt nicht mehr zum massgeblichen Ortsbild, wie es in den Vorschriften der Kernzone Hohe Promenade beschrieben ist. Bei der Gesamtbeurteilung darf man deshalb auch nicht auf das heutige Erscheinungsbild und den heutigen Gebäudebestand abstellen.

Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Baus standen von Anfang an gewichtige andere öffentliche Interessen gegenüber. Beim Bahnhof Stadelhofen, der punkto Passagieraufkommen der siebtgrösste Bahnhof der Schweiz ist, herrscht heute schon ein ziemliches Gedränge. Mit dem Bau des vierten Gleises wird das noch schlimmer werden. Es besteht also ein berechtigtes und grosses öffentliches Interesse daran, bessere Zugänge und mehr Platz für die Passagiere zu schaffen – und vor allem bessere Abstellmöglichkeiten für Velos.

Unter dem fünfstöckigen Geschäftshaus wird es deshalb auf drei Etagen eine Velogarage mit direktem Zugang zu den Perrons geben. Die Axa übernimmt einen Teil der Kosten dafür – als freiwillige Abgeltung des entstehenden Planungsmehrwerts. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss entstehen Läden und Restaurants, in den Etagen darüber wird es Praxen und Büros geben.

Alles aus einer Hand

Natürlich ist auch die eigenwillige Form des geplanten Geschäftshauses Thema im Gerichtsurteil. Es sei nicht zwingend, dass bauliche Erneuerungen in der Kernzone genau jenem Baustil entsprechen müssten, wie er zur Zeit der Entstehung der übrigen Bebauung vorgeherrscht habe, schreibt das Baurekursgericht: «Die Erhaltung der Eigenart schliesst nicht aus, dass zeitgenössisch-modern gestaltete neben altherkömmlichen Bauten Bestand haben oder sogar eine Bereicherung darstellen können.»

Wie sich das konkrete Projekt in die Umgebung einordnet, wird im Rahmen des nachgelagerten Baubewilligungsverfahrens zu klären sein. Immerhin weist das Gericht darauf hin, dass die eigenwillige Formensprache des Neubaus derjenigen der Bahnhoferweiterung entspreche. Beides stammt ja auch aus der Feder von Santiago Calatrava. Es handle sich deshalb um «eine gelungene Ergänzung zum Bahnhof Stadelhofen», wie schon das Amt für Raumentwicklung festgehalten hat. Der Rekurs wird deshalb abgewiesen; die Verfahrenskosten trägt der Rekurrent.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: