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Zürcher Feuer für Klanghaus
Neue Zürcher Zeitung

Die Zürcher Architekten Marcel Meili und Markus Peter sollen das Klanghaus im Toggenburg bauen. Sie haben sich in einem Thesenwettbewerb gegen namhafte Konkurrenz durchgesetzt.

6. Juli 2010 - Jörg Krummenacher
Sie hätten am meisten Feuer entfacht und Begeisterung gezeigt, sagt der sankt-gallische Baudirektor Willi Haag. Im Rahmen eines Thesenwettbewerbs hatte der Kanton St. Gallen sechs internationale Architekturbüros ausgewählt, um Ideen für den Bau eines Klanghauses im oberen Toggenburg zu entwickeln und zu präsentieren. Das Zürcher Büro von Marcel Meili und Markus Peter tat dies am überzeugendsten. Es erhält nun den Auftrag, die Musikstätte für Aufführungen, Aufnahmen, Proben und Kurse zu planen und zu realisieren – in Zusammenarbeit mit dem sankt-gallischen Baudepartement und der Klangwelt Toggenburg. Das Klanghaus soll zur akustischen Kathedrale werden, zu einem markanten Anziehungspunkt des Toggenburgs.

Töne der Landschaft

Meili und Peter überzeugten die Jury durch Einfühlung, Neugier und die detaillierte Kenntnis der geografischen und kulturellen Voraussetzungen. Obwohl erst Ideen, nicht Skizzen gefragt waren, hätten sie das architektonische Objekt präzise vor Ort situiert: Parabolische Wände sollten die Töne der Landschaft bündeln, aber auch Töne in die Landschaft reflektieren. Was esoterisch tönt, wurzelt in der mannigfachen Musiktradition zwischen Säntis und Churfirsten. Seit Jahren plant der Verein Klangwelt Toggenburg ein Klanghaus, um das bestehende Angebot an Veranstaltungen und Kursen weiter zu entwickeln; der Kanton hat die Idee ins Programm zur Förderung der Kulturinfrastruktur aufgenommen.

Der Musiker Peter Roth, einer der Initianten, entwickelte das Projekt vorerst zusammen mit Architekt Peter Zumthor. Dieser stieg allerdings aus, nachdem das sankt-gallische Verwaltungsgericht eine direkte Auftragsvergabe als gesetzeswidrig beurteilt hatte. Auf die Ausschreibung meldeten sich sodann neunzig Bewerber aus aller Welt. Sechs von ihnen wurden zur Thesenkonkurrenz eingeladen, darunter der diesjährige Pritzkerpreisträger, das Büro Sanaa aus Tokio.

Als Berggänger im Toggenburg

Meili und Peter haben sich gegen die renommierte Konkurrenz durchgesetzt, weil sie, wie auch Peter Roth sagt, einen engen Bezug zum landschaftlich sensiblen Ort an den Schwendiseen gezeigt haben. Roth spricht vom guten Gefühl, dass das Klanghaus zu einem «begehbaren Instrument» werden könne.

Die beiden Architekten kennen das Toggenburg als Berggänger. In den letzten Monaten haben sie, wie Marcel Meili erzählt, auch «eine faszinierende Reise in die Welt der Volksmusik» getan. Ihre erstmalige Arbeit im Rahmen eines Thesenwettbewerbs sei deshalb zu einer der aufregendsten in ihrer bisherigen Architektenkarriere geworden. Einen Namen haben sich Meili und Peter vor allem durch städtische Bauten und Studien gemacht. Von ihnen stammte beispielsweise der Entwurf für das Hardturmstadion in Zürich, jüngst realisierten sie den italienischen Hauptsitz der Helvetia-Versicherung in Mailand. Zu ihren bekannten Bauten gehört auch das Centre for Global Dialogue der Swiss Re in Kilchberg.

Ungewisse Realisierung

Wann und ob das Klanghaus gebaut wird, ist allerdings noch ungewiss. Der Kanton St. Gallen hat sich, trotz komfortabler finanzieller Ausgangslage und einem Nettovermögen von 1,26 Milliarden Franken, ins Sparen verbissen; die SVP-Fraktion, die grösste im Parlament, lehnt Investitionen in den Kulturbereich grundsätzlich ab.

Entsprechend vorsichtig plant Baudirektor Willi Haag: Bis Frühling 2012, so schätzt er, sollte das ausgearbeitete Klanghausprojekt, dessen Kosten auf rund 25 Millionen geschätzt werden, vorliegen. Im Frühling 2013 könnte die Volksabstimmung stattfinden. Im besten Fall würde das Klanghaus, das im Toggenburg als wichtigster Faktor für den touristischen und wirtschaftlichen Aufschwung beurteilt wird, in fünf Jahren seine Eröffnung feiern.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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