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Eine Entdeckungsreise
Eine Entdeckungsreise © Hanno Mackowitz
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Land Stadt Kongress Vorarlberg im Festspielhaus Bregenz

11. Februar 2020 - Martina Pfeifer Steiner
Urbanisierung und Landflucht oder Stadtflucht – als Abwanderung ins städtische Umland – und eine Sehnsucht nach dem Leben auf dem Lande, das sind gegenwärtige Phänomene die eher zur Zersiedlung denn zur Revitalisierung von Orten führen. Es zeichnet sich international auch der Trend ab, dass es vor allem junge Menschen in die Metropolen zieht. In Vorarlberg sind solche Abwanderungstendenzen anscheinend noch nicht allzu wahrnehmbar. „Was also ist Vorarlberg? Nicht ganz Land oder nicht ganz Stadt?“ Dies ist auf der Einladungskarte zum Land Stadt Kongress Vorarlberg zu lesen. Und damit die Begriffe auch richtig verstanden werden, gibt es eine Fußnote dazu: „Congress (lat. Zusammenkunft einer Gesellschaft), con=zusammen, gradi=schreiten. Denn jede Entdeckungsreise beginnt mit dem ersten gemeinsamen Schritt, oder?“

Mitgestalter sein

Damit wird schon viel über die Herangehensweise der Initiatoren an das Projekt LandStadt Vorarlberg vermittelt. „Denn Verständnis ist ein gemeinsamer Weg, keine fertige Definition. Und Kooperation ist die Voraussetzung für einen chancenreichen Lebensraum“, steht weiters auf der Karte. Gerhard Stübe hat als Geschäftsführer der Kongresskultur Bregenz unzählige hochkarätige Kongresse und Tagungen im Festspielhaus miterlebt, es waren jedoch kaum branchenübergreifende oder interdisziplinäre Zusammensetzungen darunter. „Durch meinen Beruf wurde mir bewusst, dass es in Vorarlberg schon viele großartige Initiativen für ein kollaboratives Zusammenleben gibt. Diese Projekte funktionieren in sich selbst sehr gut, jedoch sind sie untereinander noch nicht sonderlich gut vernetzt. Das LandStadt-Zukunftssymposium soll genau diese kreativen Menschen und Ideen zusammenbringen.“ Gerhard Stübe geht es sehr persönlich an, denn als Mitbewohner wolle er auch in gewisser Weise Mitgestalter des Lebensraums Vorarlberg sein und einen Beitrag für die nächsten Generationen leisten.

Das Büro für Zukunftsfragen für dieses Vorhaben ins Boot zu holen war offenbar naheliegend. „Die Projekte „Raumbild 2030“ und „LandStadt“ greifen inhaltlich sehr ineinander, denn beide Projekte sollen dazu beitragen, den verfügbaren Raum als solchen zu begreifen. Während sich das Raumbild eher mit der Gestaltung des öffentlichen Raumes beschäftigt, liegt bei LandStadt der Fokus auf dem zwischenmenschlichen Umgang. Es stellt also eine Begegnungs- und Zusammenarbeitsplattform dar“, sagt Bertram Meusburger, der gleich auch die Projektleitung übernahm. Weitere Kooperationspartner sind Bodensee Vorarlberg Tourismus, Stadtkultur Feldkirch und das vai Vorarlberger Architektur Institut. „Da bringt jeder sein Knowhow ein, und das Besondere daran ist, dass wir voneinander lernen und dadurch auch neues Wissen generieren!“ meint Gerhard Stübe begeistert.

Playful Research

Wohin geht diese Entdeckungsreise? Es hat doch jede und jeder eine Geschichte zu erzählen, kann also mitreden und mitdenken. „Wir lernen uns selber kennen: LandStadt Vorarlberg. Denn hier leben wir von den Zwischenräumen, die man kaum sieht und von den Potentialen, die an jeder Ecke warten. Wir sind mittendrin und zwischendrin“, steht unter dem Motto „LandStadt lüftet Vorarlberg“, im Sinne von frische Luft hereinlassen und das Geheimnis lüften. LandStadt könnte man auch als eine mentale Landkarte auffassen, wo es um das Bewusstsein geht, in welcher Haltung, Qualität, Motivation die Menschen ihren Lebensraum suchen, finden und mitgestalten. Der dem Kongress vorgelagerte Prolog bietet dazu die Plattform. Um die Erfahrungen, Geschichten, Erkenntnisse möglichst weitreichend einzuholen, wird mit der spielerischen Methode des „Playful Research“ interagiert. Das Spezielle daran ist, dass diese digitale Umfrage unterhaltsam moderiert ist und die Ergebnisse der anderen Teilnehmenden unmittelbar und differenziert abgerufen werden können. Es passiert also bei der Befragung schon ein Austausch. Ein weiteres Format im Prolog sind die Kamingespräche, die an Locations im ganzen Land in kleineren Runden stattfinden. Diese Auseinandersetzung mit der Alltagswelt spielt in die nächste Stufe des Live-Austauschs hinein.

Begegnungsplattform

Der Kongress, also die große zweitägige Zusammenkunft im Festspielhaus, bietet dann den Möglichkeitsraum, für alle, ja alle, die sich für die LandStadt Vorarlberg interessieren. Er soll eine Begegnungsplattform sein, wo man voneinander lernen und Erfahrungen, Erkenntnisse sammeln kann, offen und neugierig. Bewusst wird hier keine Zielgruppe definiert, das wäre für die Initiatoren nur kontraproduktiv und sie schützen sich durch die heterogene Herangehensweise davor, dass wieder „nur im eigenen Sud gekocht wird“. Es darf etwas entstehen und nicht vorweggenommen werden, das Phänomen LandStadt steht als Bild, als eine Metapher da, und es wird spannend sich darüber auszutauschen, was die Qualität des Lebensraums der Zukunft ausmachen kann.

Eine Plattform für intensiven Austausch, nicht oberflächlich, sondern tiefgehend, nicht nur der Innenblick, sondern auch der Außenblick. Dafür hat der Beirat aus den Kooperationspartnern eine illustre Liste von Vortragenden für die Hauptreferate zu den Themen Soziologie, soziale Segregation, Bildung, Demokratie, Raumentwicklung etc. zusammengestellt, welche sogenannte Keynotes platzieren, in den verschiedenen Penels diskutieren. Bewährte Austauschformate wie Art of Hosting, Story Telling und Pecha Kucha werden für Inspiration und Verdichtung sorgen.

Dem diesjährigen Kongress unter dem Motto „LandStadt verstehen“ folgt ein Epilog, um dann mit dem Prolog zum „LandStadt-Festival erleben“ 2022 fortzusetzen. In dieser Weise Wellen schlagend wird bis zum Kongress 2024 geplant, der mit „LandStadt-Labor gestalten“ in Aussicht gestellt wird.

StadtLand Kongress Vorarlberg
am 31.3. – 1.4.20 im Festspielhaus Bregenz
Der Text erschien in der Februar-Ausgabe 2020 von KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, http://www.kulturzeitschrift.at

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