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Tausende Brücken in den Alpen
Der Standard

Architekturforum zeigt Ingenieurkunst in Tirol in Bildern

14. Juni 1999 - Ursula Philadelphy
Innsbruck - „Willsch durch Tirol ausgiahn, muascht über hundert Bruggn giahn“, besagt ein alter Marktfahrerspruch; inzwischen sind es allerdings einige tausend Brücken, die alle Wege im Land erschließen. Das Architekturforum Tirol zeigt unter dem Titel „Die Kunst des Ingenieurs. Brückenbauten in Tirol von 1543 bis 1998“ an 44 ausgewählten Brücken exemplarisch die Brückenbaugeschichte des Landes.

Die Rolle Tirols als Transitland, die gebirgige und von Flüssen durchzogene Landschaft haben seit Jahrhunderten den Brückenbau forciert und eine Vielfalt typologischer Möglichkeiten sich entwickeln lassen. Entstanden früher Brücken aus dem direkten Lebenszusammenhang heraus und dominierten Materialien, die vor Ort zu finden waren; ging man im Zeitalter der Industrialisierung auf Eisenkonstruktionen über, so planen und bauen heute Ingenieurbüros am liebsten mit Beton.

Dieser Wandel wird in der Ausstellung mittels Originalplänen, Stichen, historischen und zeitgenössischen Photographien, aber auch historischen Filmen und Computeranimationen dokumentiert. Gerade die Animationen zeigen sowohl Baustellenphotos als auch dreidimensionale Simulationen von Verwindungen, bedingt durch Wind oder Belastungen, und geben damit einen hervorragenden Einblick in die heutigen Entstehungsbedingungen von Brücken.

Eines dieser Beispiele ist etwa die vor zwei Jahren fertiggestellte „Innbrücke Hall West“, eine Zügelgurtbrücke aus Spannbeton mit einer Länge von 192,65 Metern, ein fugenloses Tragwerk und eine pfeilerfreie Überspannung des Inn.

Die bekannteste und imposanteste Brücke ist wohl die zwischen 1959 und 1963 gebaute „Europabrücke“, eine Stahltragwerksbrücke mit einer Höhe über Grund von 190 Metern und einer lichten Weite von 657 Metern; und die umstrittenste zweifellos die im Volksmund als „Sautrog“ betitelte „Inntalbrücke Eisenbahnumfahrung“ in Mils (1994), eine Trogbrücke aus Spannbeton mit einer Länge von 488 Metern und einem Krümmungsradius von 40-45 Grad. Die Form entstand durch verkehrstechnische Anforderungen und gewährleistet sowohl Lärm- als auch Sichtschutz, hatte aber, durch die reduzierte Ästhetik, sofort eine Unmenge „künstlerischer“ Behübschungsvorschläge zur Folge, was die Diskussionswogen im Land über Jahre hochgehen ließ.

Technisch ebenso faszinierend sind auch die ganz frühen Beispiele wie die 1543 gebaute „Alte Fernsteinbrücke“, eine Steinbogenbrücke, die Jakob von Thun für Erzherzog Ferdinand erbaute, die einzige erhaltene Renaissancebrücke.

[ Architekturforum Tirol, Innsbruck, Erlerstraße 1, Mo. bis Fr. 14 bis 19 Uhr, noch bis 16. Juni ]

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