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Klimaanpassung: Wie man dem Starkregen trotzt

Es gibt keine Patentlösung für die Klimaanpassung – jede Stadt muss ihren Weg finden, abgestimmt auf lokale Herausforderungen. Ein Blick auf Kopenhagen, Hamburg und Wien.
22. April 2025 - Stephanie Drlik
Der Klimawandel schreitet schneller voran als bisher angenommen, laufend aktualisierte Klimaprognosen zeichnen ein düsteres Bild, das sich in der Realität bestätigt. 2023 war das wärmste Jahr seit Beginn der Messgeschichte. In Österreich erinnern wir uns neben der Hitze besonders an die heftigen Starkregenereignisse und Überschwemmungen. Der Klimawandel verursacht jährlich Milliardenschäden, mittlerweile sterben mehr Menschen an extremer Hitze als im Straßenverkehr. Besonders Städte sind vulnerabel, viele Menschen leben auf engem Raum, und bauliche Strukturen verstärken klimatische Effekte.
Eine der wirkungsvollsten Klimaanpassungsstrategien ist der Ausbau grüner Infrastruktur – ein Netzwerk aus naturnahen und gestalteten Grünflächen, die ökologische, soziale und klimatische Funktionen erfüllen. Diese in bestehende Stadtgefüge zu integrieren stellt jedoch eine große Herausforderung dar. Notwendig sind langfristige Strategien, ein klarer politischer Wille und gezielte Investitionen. In europäischen Städten variiert der Entwicklungsstand grüner Infrastruktur. Um Wissen und Erfahrungen auszutauschen, lud die Österreichische Gesellschaft für Landschaftsarchitektur (ÖGLA) kürzlich zum internationalen Symposium unter dem Titel „Designing Green and Resilient Cities“ auf das Gelände des ehemaligen Nordwestbahnhofs in Wien, einem der jüngsten Entwicklungsgebiete der Stadt.
„Beserlparks XL“ für Wien
Grundsätzlich stehen alle Städte vor ähnlichen Herausforderungen: zu langsame Umsetzungsprozesse, fehlende in Anpassungsstrategien integrierte Konzepte und hohe Kosten, die meist von unterfinanzierten Budgets gedeckt werden müssen. „Ein intensiver, interdisziplinärer Dialog im Bereich der Landschaftsarchitektur hilft, Synergien zu fördern und negative Effekte zu minimieren“, erklärt ÖGLA-Präsidentin Anna Detzlhofer. Dadurch lassen sich Testphasen verkürzen, und es kann Zeit eingespart werden. Internationale Vergleiche helfen zudem, Fortschritte besser einzuordnen und gezielt zu verbessern.
Städte wie Paris, Kopenhagen und Hamburg haben Vertreter:innen nach Wien entsandt, um bei dem Symposium stadtplanerische Strategien und Leuchtturmprojekte vorzustellen. Fachleute aus Planung, Wissenschaft und Forschung präsentierten innovative Werkzeuge, um Bestandsstädte hochwertig und rasch zu begrünen.
„Die Anforderungen an Planungsstrategien sind komplex. Es besteht Konsens, dass Klimaanpassung auf allen Ebenen der Stadtplanung ansetzen muss – von großmaßstäblichen Masterplänen bis zu punktuellen Interventionen“, so Detzlhofer. „Derzeit arbeitet die Disziplin intensiv an der Weiterentwicklung städtischer Planungsinstrumente.“ Stadtklimaanalysen beispielsweise zeigen Schwachstellen auf und identifizieren unterversorgte Gebiete. Als Planungsgrundlage sind sie wichtig, doch auf Bauplatzebene braucht es weiterführende Instrumente.
Wien gilt als eine der grünsten Städte der Welt – doch der Grünraum ist ungleich verteilt. Einige Bezirke haben weniger als zwei Prozent Grünanteil, belastende Hitzeinseln sind die Folge. Die Stadt strebt daher eine naturpositive Entwicklung an: Es soll mehr Grün geschaffen als versiegelt werden. Erste Maßnahmen wurden gesetzt – etwa Novellen der Bauordnung und des Baumschutzgesetzes, die grüne Strukturen sichern und deren Ausbau fördern. Auch die mit 100 Millionen Euro dotierte Förderinitiative „Lebenswerte Klimamusterstadt“ sowie die Baum- und Parkoffensive zeigen bereits Wirkung. Mit dem neuen Stadtentwicklungsplan „Wien-Plan 2035“ kommen weitere Maßnahmen, etwa die Wiener Gartenstraßen – flächige entsiegelte intensiv begrünte Aufenthalts- und Erholungsbereiche im Straßenraum sollen vorrangig in dicht bebauten Gebieten entstehen – und die Beserlparks XL – Beserlparks, die auf die angrenzenden Straßenräume mit Begrünung ausgeweitet werden –, die hitzebelastete Straßenräume begrünen sollen.
Die Schwammstadt kommt aus Dänemark
Kopenhagen gilt als Vorreiter bei der Klimawandelanpassung. In der dänischen Hauptstadt wurde das Konzept der Schwammstadt entwickelt und mehrfach umgesetzt. Ziel dieses Vorgehens ist, Regenwasser dort zu halten, wo es fällt, um die Kanalisation zu entlasten und Überflutungen zu vermeiden. Nach einem verheerenden Starkregen im Jahr 2011 mit Schäden in Milliardenhöhe reagierte die Stadt mit einer umfassenden Strategie: Ganze Viertel wurden umgestaltet – mit wasserdurchlässigen Oberflächen, begrünten Dächern und Regenrückhaltebecken, die zugleich öffentliche Räume sind.
Ein gelungenes Beispiel ist der Tåsinge Plads, ein ehemaliger Parkplatz, der in einen multifunktionalen Stadtplatz verwandelt wurde, wo Regenwasser von Straßen und Dächern gesammelt und gespeichert wird. Auch der Enghaveparken, ein historischer Park in Vesterbro, wurde neu gestaltet: Mit versenkbaren Becken und bepflanzten Terrassen kann er im Notfall 22.000 Kubikmeter Regenwasser aufnehmen und bleibt zugleich eine wertvolle Grünoase.
Auch Hamburg, geprägt durch Elbe und Alster, hat massiv in die Klimaanpassung investiert. Ein Fokus liegt auf dem Starkregenmanagement und dem Schutz vor Sturmfluten. In der HafenCity – Europas größtem innerstädtischem Entwicklungsprojekt – wurden innovative landschaftsarchitektonische Lösungen umgesetzt. Der Amerigo-Vespucci-Platz etwa ist so gestaltet, dass er im Hochwasserfall überflutet werden kann, ohne Schaden zu nehmen. Die bekannten Magellan-Terrassen bieten nicht nur einen attraktiven Aufenthaltsort direkt am Wasser, sondern fungieren zugleich als Teil eines gestaffelten Hochwasserschutzsystems.
Es gibt keine Patentlösung für die Klimaanpassung – jede Stadt muss je nach Gegebenheiten ihren eigenen Weg finden, abgestimmt auf lokale Gegebenheiten, Herausforderungen und Potenziale. Doch die vorgestellten Beispiele zeigen eindrucksvoll, dass gelungene landschaftsarchitektonische Konzepte funktionieren und anderen Städten als Inspiration und Orientierung dienen können. Der Blick über den Tellerrand ermöglicht es, bewährte Strategien zu adaptieren, Fehler zu vermeiden und wertvolle Zeit zu gewinnen. Denn eines ist klar: Wenn der Klimawandel weiterhin so rasant voranschreitet, muss auch die grüne Transformation unserer Städte deutlich schneller und umfassender gelingen, damit sie zukunftsfähig und lebenswert bleiben.
Eine der wirkungsvollsten Klimaanpassungsstrategien ist der Ausbau grüner Infrastruktur – ein Netzwerk aus naturnahen und gestalteten Grünflächen, die ökologische, soziale und klimatische Funktionen erfüllen. Diese in bestehende Stadtgefüge zu integrieren stellt jedoch eine große Herausforderung dar. Notwendig sind langfristige Strategien, ein klarer politischer Wille und gezielte Investitionen. In europäischen Städten variiert der Entwicklungsstand grüner Infrastruktur. Um Wissen und Erfahrungen auszutauschen, lud die Österreichische Gesellschaft für Landschaftsarchitektur (ÖGLA) kürzlich zum internationalen Symposium unter dem Titel „Designing Green and Resilient Cities“ auf das Gelände des ehemaligen Nordwestbahnhofs in Wien, einem der jüngsten Entwicklungsgebiete der Stadt.
„Beserlparks XL“ für Wien
Grundsätzlich stehen alle Städte vor ähnlichen Herausforderungen: zu langsame Umsetzungsprozesse, fehlende in Anpassungsstrategien integrierte Konzepte und hohe Kosten, die meist von unterfinanzierten Budgets gedeckt werden müssen. „Ein intensiver, interdisziplinärer Dialog im Bereich der Landschaftsarchitektur hilft, Synergien zu fördern und negative Effekte zu minimieren“, erklärt ÖGLA-Präsidentin Anna Detzlhofer. Dadurch lassen sich Testphasen verkürzen, und es kann Zeit eingespart werden. Internationale Vergleiche helfen zudem, Fortschritte besser einzuordnen und gezielt zu verbessern.
Städte wie Paris, Kopenhagen und Hamburg haben Vertreter:innen nach Wien entsandt, um bei dem Symposium stadtplanerische Strategien und Leuchtturmprojekte vorzustellen. Fachleute aus Planung, Wissenschaft und Forschung präsentierten innovative Werkzeuge, um Bestandsstädte hochwertig und rasch zu begrünen.
„Die Anforderungen an Planungsstrategien sind komplex. Es besteht Konsens, dass Klimaanpassung auf allen Ebenen der Stadtplanung ansetzen muss – von großmaßstäblichen Masterplänen bis zu punktuellen Interventionen“, so Detzlhofer. „Derzeit arbeitet die Disziplin intensiv an der Weiterentwicklung städtischer Planungsinstrumente.“ Stadtklimaanalysen beispielsweise zeigen Schwachstellen auf und identifizieren unterversorgte Gebiete. Als Planungsgrundlage sind sie wichtig, doch auf Bauplatzebene braucht es weiterführende Instrumente.
Wien gilt als eine der grünsten Städte der Welt – doch der Grünraum ist ungleich verteilt. Einige Bezirke haben weniger als zwei Prozent Grünanteil, belastende Hitzeinseln sind die Folge. Die Stadt strebt daher eine naturpositive Entwicklung an: Es soll mehr Grün geschaffen als versiegelt werden. Erste Maßnahmen wurden gesetzt – etwa Novellen der Bauordnung und des Baumschutzgesetzes, die grüne Strukturen sichern und deren Ausbau fördern. Auch die mit 100 Millionen Euro dotierte Förderinitiative „Lebenswerte Klimamusterstadt“ sowie die Baum- und Parkoffensive zeigen bereits Wirkung. Mit dem neuen Stadtentwicklungsplan „Wien-Plan 2035“ kommen weitere Maßnahmen, etwa die Wiener Gartenstraßen – flächige entsiegelte intensiv begrünte Aufenthalts- und Erholungsbereiche im Straßenraum sollen vorrangig in dicht bebauten Gebieten entstehen – und die Beserlparks XL – Beserlparks, die auf die angrenzenden Straßenräume mit Begrünung ausgeweitet werden –, die hitzebelastete Straßenräume begrünen sollen.
Die Schwammstadt kommt aus Dänemark
Kopenhagen gilt als Vorreiter bei der Klimawandelanpassung. In der dänischen Hauptstadt wurde das Konzept der Schwammstadt entwickelt und mehrfach umgesetzt. Ziel dieses Vorgehens ist, Regenwasser dort zu halten, wo es fällt, um die Kanalisation zu entlasten und Überflutungen zu vermeiden. Nach einem verheerenden Starkregen im Jahr 2011 mit Schäden in Milliardenhöhe reagierte die Stadt mit einer umfassenden Strategie: Ganze Viertel wurden umgestaltet – mit wasserdurchlässigen Oberflächen, begrünten Dächern und Regenrückhaltebecken, die zugleich öffentliche Räume sind.
Ein gelungenes Beispiel ist der Tåsinge Plads, ein ehemaliger Parkplatz, der in einen multifunktionalen Stadtplatz verwandelt wurde, wo Regenwasser von Straßen und Dächern gesammelt und gespeichert wird. Auch der Enghaveparken, ein historischer Park in Vesterbro, wurde neu gestaltet: Mit versenkbaren Becken und bepflanzten Terrassen kann er im Notfall 22.000 Kubikmeter Regenwasser aufnehmen und bleibt zugleich eine wertvolle Grünoase.
Auch Hamburg, geprägt durch Elbe und Alster, hat massiv in die Klimaanpassung investiert. Ein Fokus liegt auf dem Starkregenmanagement und dem Schutz vor Sturmfluten. In der HafenCity – Europas größtem innerstädtischem Entwicklungsprojekt – wurden innovative landschaftsarchitektonische Lösungen umgesetzt. Der Amerigo-Vespucci-Platz etwa ist so gestaltet, dass er im Hochwasserfall überflutet werden kann, ohne Schaden zu nehmen. Die bekannten Magellan-Terrassen bieten nicht nur einen attraktiven Aufenthaltsort direkt am Wasser, sondern fungieren zugleich als Teil eines gestaffelten Hochwasserschutzsystems.
Es gibt keine Patentlösung für die Klimaanpassung – jede Stadt muss je nach Gegebenheiten ihren eigenen Weg finden, abgestimmt auf lokale Gegebenheiten, Herausforderungen und Potenziale. Doch die vorgestellten Beispiele zeigen eindrucksvoll, dass gelungene landschaftsarchitektonische Konzepte funktionieren und anderen Städten als Inspiration und Orientierung dienen können. Der Blick über den Tellerrand ermöglicht es, bewährte Strategien zu adaptieren, Fehler zu vermeiden und wertvolle Zeit zu gewinnen. Denn eines ist klar: Wenn der Klimawandel weiterhin so rasant voranschreitet, muss auch die grüne Transformation unserer Städte deutlich schneller und umfassender gelingen, damit sie zukunftsfähig und lebenswert bleiben.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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