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Der andere Blick auf Österreich
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Das Feilen am heimischen EXPO-Motto begann als Gesamtkonzept und ist schließlich den österreichischen Weg gegangen.

18. Februar 2000 - Joseph Schimmer
In diesem Jahr wird es keinen eigens für die EXPO errichteten Österreich-Pavillon geben. Ähnlich wie andere Länder und ähnlich wie auch schon in Lissabon hat man sich dazu entschieden, eine der Hallen auf dem Messeglände von Hannover anzumieten. Grundfläche: 6.500 Quadratmeter.

Schwieriger Wettbewerb

Für die Präsentation dort hat das EXPO-Komitee - wie in solchen Fällen üblich - einen zweistufigen Wettbewerb ausgeschrieben; allerdings mit zwei Besonderheiten: Die Architekten sollten auch ein Konzept für die inhaltliche Präsentation unter dem Motto „der andere Blick auf Österreich“ einbeziehen, und: Es gab keine Budgetvorgaben.

Eine außergewöhnliche Herausforderung also für die Planungsarbeit. Verbunden mit der Gefahr, Ideen zu entwickeln, die sich letztlich als finanziell undurchführbar herausstellen, wird auf diese Weise jedem innovativem Entwurf extrem ökonomisches Denken abverlangt.

Das Siegerprojekt ist ungewöhnlich und naheliegend gleichzeitig. Denn jetzt wird Österreich den diesjährigen EXPO-Besuchern eine Entspannungszone zur Verfügung stellen.

Landschaft im Raum im Raum

Nach dem Vorbild von Chill-Out-Zonen, wie sie in den Hinterzimmern von Clubs oder Dancefloor-Locations eingerichtet sind, erhalten gestresste EXPO-Besucher das Dienstleistungsangebot, sich niederzulassen, wenn nicht sogar im wahrsten Sinne des Wortes herumzukugeln, und zwar auf einer Fläche von mehr als 3000 Quadratmetern.

An den diese Landschaft umgebenden Wänden werden bewegte Bilder österreichischer Landschaftmotive projiziert und wie in den Chill-Out-Zonen von Clubs werden auch ruhige, liquide Ambient-Sounds aus dem Hintergrund erklingen.

Rechtsstreit

Von wem das Siegerprojekt allerdings tatsächlich stammt, ist derzeit Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Die ursprünglichen Aussendungen zur Projektpräsentation im November '98 sprachen noch von einer „Arbeitsgemeinschaft Eichinger oder Knechtl/virtual real-estate“. Das Architektenteam sollte die „intelligente Landschaft“ planen, virtual real-estate die mediale Bespielung. Letztlich wurde aber nicht virtual real-estate mit der Durchführung des Medienkonzeptes beauftragt, sondern das Unternehmen „1“. Und das, obwohl „1“ in der ersten Stufe des Wettbewerbes ausgeschieden war.

Christian Dögl, Geschäftsführer von virtual real-estate (seit Jahresbeginn: „uma holding gmbh“), versucht nun die Rolle seiner Firma gerichtlich klären zu lassen. Eine vermeintlich normale Präsentation des Medienkonzepts im April des vergangenen Jahres sei nämlich plötzlich als neuerliche Wettbewerbspräsentation definiert worden, in der sich eben „1“ und nicht virtual real-estate durchgesetzt hat.

Entspannung

Wie der Streit tatsächlich auch ausgehen mag und womit die Wände letztendlich bespielt werden, wenn die EXPO am 1. Juni ihre Tore öffnet, die Besucher werden auf alle Fälle im österreichischen Pavillon in EoKs „intelligenter Landschaft“ Erholung finden können.

Betritt man das Gebäude, wird man zunächst vielleicht an die nach oben hin auskragende Form eines Flugzeugträgers erinnert. Die Ruhezone, die von einer Computerarbeit von Peter Kogler umgeben sein wird, soll auf geschwungenen, ellipsenförmigen Konstruktionen aufliegen, die zugleich Vitrine für die Produktpräsentation sein wird. Die Form könnte man mit einer riesigen Erdnuss vergleichen und bietet die Möglichkeit, möglichst viele der ausgestellten Dinge gleichzeitig zu betrachten, sodass die Besucher nicht von Einzelvitrine zu Einzelvitrine hasten müssen.

Revidiertes Konzept

Diese umfassende Präsentation von österreichischen Identitätsmerkmalen, wie sie Eichinger oder Knechtl anvisiert haben, wird es auf der kommenden EXPO allerdings nur in modifizierter Form geben. Während die beiden von der ursprünglichen Idee eines Gesamtkonzeptes für die Darstellung österreichischer Images ausgegangen sind, hat das Expo-Komittee im Laufe der Entwicklungsphase den Beschluss für eine Mischform in der Zusammenstellung der Produkte gefasst. Denn wie auch schon bei vergangenen EXPO-Präsentationen wollten auch diesmal wieder Interessengruppen wie Wirtschaftsbund, die Bundesländer oder die Tourismusverbände mitentscheiden.

Die jetzt gewählte Lösung für die Österreichpräsentation auf der EXPO 2000 in Hannover bedeutet keineswegs eine komplette Revision des Gesamtkonzepts, das das Duo vorgeschlagen hat, ist aber dennoch eine Art Niederlage.


[ Tipp: Die Ö1-Sendung „Diagonal“ bringt am Samstag, den 19.2., um 17.05 Uhr ein EoK-Porträt. ]

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EXPO 2000: Österreich

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