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Die Sonnenseiten der Architektur
Der Standard

Die Natur in Bahnen lenken (7)

Sonne dient Energiehaushalt, Psyche und Gesundheit

12. August 2000
Die Sonne als einzige Energiequelle wärmt die Erde und sorgt dadurch für die Grundlage jedes Lebens auf unserem Planeten.

Das Licht besitzt aber auch nicht zu unterschätzende psychologische Wirkung, deren Kraft im Wohnbau oft verloren geht. Die Medizin misst dem Licht als therapeutischer Maßnahme gegen Immunschwäche und Depressionen immer größere Bedeutung bei.

Der Städtebau, wie er in Wien praktiziert wird, nimmt hingegen wenig Rücksicht auf die Einfallswinkel der Sonne und führt zu einer einfachen Kategorisierung: lichtdurchflutete Wohnung oder dunkles Loch.

Wenn auch nur ein Zipfel des Wohnbereiches nach Süden ausgerichtet ist, genügt das Fleckchen Sonne um die biologische Uhr mit Daten zu Tageszeit, Jahreszeit und Hormonproduktion zu versorgen. Künstliche Beleuchtung kann die Lichtanteile der Sonne simulieren, nicht aber in ihrer Wirkung ersetzen.

Der Architekt Martin Treberspurg beschäftigt sich seit langem mit der Sonne und teilt ihre Wirkung in seinem Buch: „Neues Bauen mit der Sonne“ in vier Teilbereiche: Die Austrocknung der Gebäude, vor allem der Außenwände, die Entkeimung der Wohnräume, Erwärmung der Gebäude und letztendlich die psychologischen Wirkungen des Sonnenlichts.

Laut Treberspurg besitzt die Sonne schon innerhalb von zehn Minuteneine eine außerordentlich bakterientötende Wirkung.

In keiner Weise wird aber die Himmelsrichtung, die passive Nutzung der Sonne und der psychologische Faktor berücksichtigt.

Derart kurzsichtige Regeln hätten eigentlich in unserer Zeit nichts mehr verloren.

Dass Architekt Treberspurg seine Ideen von Sonnenenergie und Speichermasse auch im sozialen Wohnbau verwirklichen kann, zeugt von Durchsetzungkraft.

Die Richtlinien für erhöhten Wärmeschutz im staatlichen Hochbau setzen den Anteil der Fenster auf 20 Prozent Prozent der Fassadenfläche, um die Wärmedämmung möglichst hoch zu halten.

Die absolut dichte Bauweise, die durch neue Fenstertechnologien ermöglicht wird, begünstigt weiters die Bildung von Schimmel, besonders an Wärmebrücken.

Kontrollierte Zu- und Entlüftung kann Abhilfe schaffen. Wärmedämmung allein ist eben nicht alles, Temperatur und Feuchtigkeit spielen eine wesentliche Rolle.

Was die Sonne Positives als Rhythmuserzeuger in unserem Organismus bewirkt, könnte also gleichermaßen den Energiehaushalt unserer Wohnungen optimieren, es gilt daher:
Lass die Sonne rein!

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