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After the City
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Die Buchrezensionen von Andrea Nussbaum und Gerald A. Rödler erschienen in der Originalfassung in Architektur aktuell.

3. Oktober 2000 - Andrea Nussbaum
Was kommt nach der Stadt? - Die Vorstadt-Metropole, meint Lars Lerup.

Das stimmt zumindest aus amerikanischer Sicht (als Lerup das Buch schrieb, lebte er in Houston) und so ist auch die Fotoserie „Metropolis Portfolio“ zu verstehen: Bilder mehrspuriger Superhighways, Fabrikschlote aus denen Miasma aufsteigt, das typische Bild einer riesigen Shopping Mall=City („Born to shop“) oder das Foto gigantischer Hochspannungsleitungen, unter denen eine vereinsamte Kuh weidet.

Apocalypse now? Lars Lerup geht es nicht darum, die postindustriellen Entwicklungen zu verdammen und das Ende jeglicher sozio-kultureller Gemeinschaften an die Wand zu malen, sondern er schließt mit kühler Gelassenheit an den philosophischen Diskurs der Moderne an, zitiert Walter Benjamin, ruft uns Architekten wie Konrad Frey in Erinnerung, der die „Wüste“ außerhalb von Los Angeles kultivierte, oder spielt mit kryptischen Sätzen von Jorge Louis Borges.

Und was die Misere der Auto-Vorstadt-Metropole betrifft, dazu nur ein kleiner Verweis auf den Übervater der Moderne: Le Corbusier habe schließlich den Grundriss der Villa Savoye so konzipiert, dass man bequem mit dem Auto vorfahren kann. Lars Lerups Abhandlung über das, was nach der Stadt kommt, ist eine wortgewaltige Auseinandersetzung mit dem Thema, gespickt mit hochkarätigen Zitaten und überraschenden Gedankensprüngen.

Was kommt nach der Stadt? - Die Vorstadt-Metropole, meint Lars Lerup.

Das stimmt zumindest aus amerikanischer Sicht (als Lerup das Buch schrieb, lebte er in Houston) und so ist auch die Fotoserie „Metropolis Portfolio“ zu verstehen: Bilder mehrspuriger Superhighways, Fabrikschlote aus denen Miasma aufsteigt, das typische Bild einer riesigen Shopping Mall=City („Born to shop“) oder das Foto gigantischer Hochspannungsleitungen, unter denen eine vereinsamte Kuh weidet.

Apocalypse now? Lars Lerup geht es nicht darum, die postindustriellen Entwicklungen zu verdammen und das Ende jeglicher sozio-kultureller Gemeinschaften an die Wand zu malen, sondern er schließt mit kühler Gelassenheit an den philosophischen Diskurs der Moderne an, zitiert Walter Benjamin, ruft uns Architekten wie Konrad Frey in Erinnerung, der die „Wüste“ außerhalb von Los Angeles kultivierte, oder spielt mit kryptischen Sätzen von Jorge Louis Borges.

Und was die Misere der Auto-Vorstadt-Metropole betrifft, dazu nur ein kleiner Verweis auf den Übervater der Moderne: Le Corbusier habe schließlich den Grundriss der Villa Savoye so konzipiert, dass man bequem mit dem Auto vorfahren kann. Lars Lerups Abhandlung über das, was nach der Stadt kommt, ist eine wortgewaltige Auseinandersetzung mit dem Thema, gespickt mit hochkarätigen Zitaten und überraschenden Gedankensprüngen.

„Wenn es in der Oxford Street regnet, ist die Architektur nicht wichtiger als der Regen.“ Archigram haben es auf den Punkt gebracht: die Stadt ist mehr als die Summe ihrer Architektur.

„Breathing Cities“ nennt Nick Barley seine Sammlung archäologischer Anthologien, die alle Eines zeigen: nämlich wie Städte in der „Realität“ funktionieren, nicht in der Computersimulation von Städteplanern: Das Urbane, aufgefüllt mit Leben, mit realen Menschen; Städte, die „benützt“ werden, sich permanent verändern und „atmen“.

Nick Barley schickt die Leser auf eine Reise durch Honolulu, London, New York, Tokio, Yokohama, Paris, Venedig, Berlin und Euralille. Gezeigt werden Gebäude, Verkehrsströme, Menschen, Graffiti, Distributionswege, Baustellen und Trash, denn der moderne Mensch produziert Berge von Abfällen. Die Müllhalde „Fresh Kills Landfill“ auf Staten Island in New York, die größte der Welt, ist mit freiem Auge vom Weltraum aus sichtbar. (Trotz allem ist Marshall MacLuhans Vorhersage vor mehr als 30 Jahren, dass New York bald entvölkert sein wird, nicht eingetreten).

Ein Buch, das dort anfängt, wo der Diskurs in der Architektur in der Regel abbricht, dokumentiert von Künstlern, Fotografen und Autoren, mit Projekten und Gebautem von Shigeru Ban, Foreign Office architects, Zaha Hadid, Kas Oosterhuis und S333 Studio.


Mosaik der Geniedichte

Gerfried Sperl, architekturbegeisterter Chefredakteur des STANDARD, hat seit 1996 über 30 Exponenten der österreichischen Architekturszene in ihrer Arbeitsumgebung interviewt und die Gespräche nun in einer beredten Anthologie herausgegeben, die die vergleichsweise hohe „Geniedichte“ auf kleinem österreichischem Raum markant nachrechnen lässt.

Die faszinierende Pluralität der Auffassungen und Neigungen positioniert die Gesprächspartner als Gruppe origineller Individualisten, denen auch in der Rasterfahndungstabelle ihrer architektonischen Beziehungen am Ende des Bändchens keine einheitliche Klassifikation aufgezwungen werden kann. Ohne Vollständigkeitsanspruch liest sich die Liste der hier zu mehr als nur ihrem Werk Auskunft Gebenden wie ein „Who is Who“: Holzbauer, Kada, Rainer, Hollein, Domenig, Krischanitz, Prix, Podrecca, Tesar, Czech, Giencke, Eichinger oder Knechtl, Lainer, Ullmann, Frey, Auböck, Baumschlager/Eberle...

Verlag und Herausgeber haben versprochen, demnächst nicht nur fehlende Größen nachzureichen, sondern auch die Jungen und Aufstrebenden zu berücksichtigen. Wir dürfen uns hier auf gediegene Fortsetzung authentischer Kurzporträts und Stimmungsaufnahmen freuen, die ein hoch interessantes Mosaik österreichischer Kultur legen.


[Lars Lerup
After the City
200 Seiten, ca. 50 s/w-Abbildungen,
Text: Englisch
MIT Press
ATS 499,-]

[Nick Barley
Breathing Cities
The Architecture of Movement
ca. 128 Seiten, Text: Englisch
Birkhäuser - Verlag für Architektur
ATS 424,-]

[Österreichische Architekten
im Gespräch mit Gerfried Sperl
132 Seiten
Verlag Anton Pustet
ATS 280,-]

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