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Internet im Planungsprozess
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Virtuelle Projektplattformen zur Erleichterung planerischer Zusammenarbeit.

30. Oktober 2000 - Hans Fiby
Planung erfordert immer mehr Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten. Kooperationsplattformen im WWW bilden eine Informationsdrehscheibe und schaffen den nötigen Überblick im Planungsvorhaben für alle Mitwirkenden. Gute Abstimmung auf die jeweiligen Erfordernisse vorausgesetzt, können sie das Management komplexer Planungsprojekte wesentlich vereinfachen.

Die Anforderungen an Planung haben sich gewandelt. PlanerInnen sind nicht mehr nur dafür verantwortlich, Lösungen für technische Probleme zu finden und auszuarbeiten. Moderne Planungsprozesse sind gekennzeichnet durch viele Mitwirkende, die die Lösung interdisziplinär erarbeiten und durch viele Beteiligte, deren Interessen berücksichtigt werden sollen. Das Beherrschen des technischen Handwerkszeugs ist für PlanerInnen eine selbstverständliche Nebensache, im Vordergrund steht die kooperative Bearbeitung des Projekts im Planungsteam, die Kommunikation des Planungsfortschritts an die Betroffenen und die Abstimmung mit deren Anforderungen und Wünschen.

Das Internet spielt als schnelles, flexibles Kommunikationsmedium in der Zusammenarbeit von mehreren Organisationen ein zunehmende Rolle und es ist eine Voraussetzung für das Gelingen internationaler Kooperationen. Das persönliche Treffen wird wohl nie ganz durch elektronische Medien zu ersetzen sein. Der Aufbau wechselseitigen Vertrauens ist auf den Augenkontakt angewiesen. Das Tagesgeschäft bei der Erarbeitung der Inhalte lässt sich aber leicht über das Internet abwickeln. Berichte, Pläne und Berechnungen werden fast ausschließlich elektronisch erstellt und bearbeitet. Brief, Telefon und Fax können diese Inhalte nicht mehr adäquat transportieren. E-Mail ist seit langem das Arbeitspferd unter den Internet-Diensten. Zwischen- und Teilergebnisse werden ausgetauscht. Ungeachtet der räumlichen Distanzen arbeitet man gemeinsam auf ein Ergebnis hin. Vervielfältigung und Transport von Information ist tägliche Routine, Zeit wird dafür keine veranschlagt.

Wenn die Zahl der Beteiligten ansteigt, wird E-Mail für die Projekt-Koordination umständlich

Wenn auch die, die nur peripher am Projekt beiligt sind, dauernd alle Dokumente geschickt bekommen, ergeben sich unnötige Reibungsverluste. Zum „Spam“, den unerwünschten elektronischen Werbe-Briefen, die unsere Mailboxen anfüllen, kommen noch die Mails aus den vielen Projekten, an denen wir vor Jahren einmal mitgearbeitet haben. Das Verwalten der Mails erfordert auch mit modernen Softwarewerkzeugen und den entsprechenden Kenntnissen einigen Aufwand; und wie weiß man, ob der Bericht, den man vor vier Wochen bekommen hat, heute noch aktuell ist.

Kooperations-Plattformen im WWW können einspringen.

Das WorldWideWeb ist ein schneller, flexibler Verteiler von Information, die zentral vorliegt. Es ist nicht nur eine riesige Zeitung mit viel zu viel Werbung – mit den richtigen Werkzeugen kann es zur Informations-Drehscheibe für die Projekt-Koordination werden, wo jede/r genausoviel über das Projekt erfahren kann, wie er will und wie er wissen soll. Ein wesentlicher Vorteil der Web-Plattformen ist die Möglichkeit, sie zentral zu verwalten: Nicht jeder hat seine private Unordnung, sondern der Projektkoordinator schafft zentral Ordnung im Informationswust. Übersichtliche Formatierung, Indizierung und Suchmaschinen erlauben es jedem, genau die Information zu finden, die er sucht. Und er kann sicher sein, dass der Bericht, den er findet, aktuell ist. Authentifizierungs-Mechanismen (z. B. Zutrittsschutz über Passwort) statten die BenutzerInnen individuell mit Zugriffsrechten aus. Die Anwendungen spannen sich von der Ablage für interne Projektdaten bis zur Online-Zeitung. Wer eintragen kann und wer welche Inhalte lesen darf, die abhängig vom jeweiligen Projekt. Der Projektkoordinator entscheidet über die Zutrittsberechtigungen und er/sie überwacht die Organisation der Inhalte; dazu verwendet er/sie wieder ein Web-Interface.

Je nach den Anforderungen im Projekt wird die Plattform aus verschiedenen Bausteinen individuell zusammengestellt. Im Projekt SYLVIE (Systematische Lärmsanierung in Wohngebieten) kommen mehrer Bausteine zum Einsatz:
Die Files, die im Projekt erzeugt werden (Berichte, Präsentationen, Pläne und Berechnungen) werden in einem Dateibaum im Internet gespeichert. Die Dateien werden gemeinsam mit Kurzbeschreibungen und Schlüsselwörtern abgelegt. Gefunden werden sie über die Dateistruktur oder mit Hilfe der integrierten Suchmaschine. So sind Abfragen möglich wie: Welche Präsentationen hat Mitarbeiter A im letzten Monat abgelegt?

Neuigkeiten, die das Projekt betreffen, werden auf einer News-Seite gesammelt. Wenn Neuigkeiten Dokumente betreffen, wird eine Verbindung zu dem neuen Dokument angeboten. Im angeschlossenen Diskussionsbereich können die andern Projektbeteiligten Ergänzungen und Bemerkungen eintragen.

Pläne und Datengrundlagen zum Verkehrslärm sind im Sylvie-Online-Informationssystem verfügbar. Die Lärmimmissionswerte können graphisch über Karten oder über den Straßennamen gesucht und abgefragt werden. Das Online- Informationssystem dient als Arbeitsgrundlage für ProjektmitarbeiterInnen und es ist auch für die Öffentlichkeit unter www.sylvie.at/sois/ zugreifbar.

In SYLVIE arbeiten verschiedene Teams interdisziplinär zusammen. Akustiker messen die Lärmbelastung, Soziologen befragen die Betroffenen, Workshops werden abgehalten und Maßnahmen geplant, die einzelnen Maßnahmen müssen von ExpertInnen bewertet, konkretisiert und umgesetzt werden. Das Internet ist die Datendrehscheibe zwischen den Projektbeteiligten.

In manchen Fällen ist das Internet bereits die Arbeitsgrundlage für das gesamte Projekt geworden. Wenn ein internationales Projektteam Informationen in konsistenter Weise sammeln und auswerten soll, braucht man eine gemeinsame Datenbank. Eine Online-Datenbank über das Internet kann von allen Projektbeteiligten jederzeit zugegriffen werden, egal wo sie sich gerade aufhalten. Alle haben jederzeit den aktuellen Datenstand. Jeder trägt seine Puzzlesteine bei und die Datenbank verbindet die Informationen zu einer umfassenden Übersicht zu definierten Themengebieten. In der Euromove-Online-Datenbank werden die Aktivitäten zu den Themen Medien, Kultur, Arbeitsmarkt, Migration, Umwelt und Infrastruktur in der Region um Wien, Brünn, Pressburg und Györ gesammelt. Sie bildet die Basis, um die Kooperation in der Region auszubauen. Die Projektbeteiligten können in die Datenbank online Einträge vornehmen. Die interessierte Öffentlichkeit kann den jeweils aktuellen Datenstand für die Kulturdaten unter www.euromove.net/medcult/ und für die Infrastrukturdaten unter www.euromove.net/challenges/ abfragen.
Das Internet und die darauf aufbauenden Kooperations-Plattformen bringen Transparenz und Übersicht in Projekte mit vielen Beteiligten. Das ändert den Planungsprozess, macht die Projektabwicklung effizienter und führt direkter zu einem Ergebnis, mit dem alle Beteiligten zufrieden sein können. Es bringt auch Gefahren mit sich, über die man sich als ProjektmanagerIn vorher im Klaren sein muss. Wenn vorläufige Zwischenergebnisse frühzeitig die Runde machen, kann das sehr viel Staub aufwirbeln. Die Vergabe der Zugriffsrechte und die Weiterschaltung von Informationen aus dem internen Mitarbeiterkreis in eine weitere Öffentlichkeit darf nicht zufällig erfolgen, sondern wird ein weiterer Schritt in der Projektplanung. Oft ist es nötig, eine interne Version der Daten zu führen, die zu festgelegten Projektabschnitten abgestimmt und den Beplanten oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Moderne Content-Management-Systeme bieten hier eine breite Palette von Möglichkeiten, aus denen für jedes Projekt die geeignetste ausgewählt werden muss.

Das Internet hat den Ablauf von Planung, vor allem bei Projekten mit vielen Beteiligten, bereits verändert und ich glaube, das war noch nicht einmal der Anfang. Es ist nicht zu erwarten, dass die Abläufe in der Planung einfacher werden. Die Zahl der Meinungen, die zu berücksichtigen sind, wird weiter wachsen. Viele müssen laufend informiert werden. Internetbasierte Kooperations-Plattformen unterstützen diese Planungsaufgaben und machen manche Formen der Kooperation erst möglich. Nebenbei ergeben sie auch eine Dokumentation des Planungsprozesses und des Projektfortschritts. Sie schaffen Überblick und wer sie einmal erfolgreich verwendet hat, will sie nicht mehr missen.

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Für den Beitrag verantwortlich: zolltexte

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