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Architektur und Publizistik
Neue Zürcher Zeitung

Der 8. Wiener Architekturkongress

1. Dezember 2000 - Margit Ulama
Das Interesse an Architektur ist in den letzten Jahren beinahe explosionsartig gewachsen. Dies lässt sich aus dem grossen Angebot von Publikationen ableiten. In Österreich wurden zudem in den neunziger Jahren in den Bundesländern Architekturinstitutionen gegründet. Den ersten Rang beansprucht dabei das Architektur-Zentrum Wien, das seit einigen Jahren jeweils im November zu einem Architekturkongress einlädt. Diesmal stand mit der «Problematik der Architekturvermittlung» ein brisantes Thema im Mittelpunkt.

Um das weite Feld der Vermittlungsmöglichkeiten einzuschränken, konzentrierte man sich auf die Printmedien. Im Sinne einer Synopsis spannungs- und aufschlussreicher Gegensätze reihte man einzelne Themenblöcke aneinander: die Architekturkritik im Feuilleton, die Publikumszeitschriften, die Theoriemagazine und schliesslich die klassischen Architekturzeitschriften. Dabei ging leider das aktuelle Thema von Architektur und Photographie vor dem Hintergrund der Etablierung einer neuen wissenschaftlichen Disziplin unter. Immer wieder wurde der Gegensatz von tatsächlicher Kritik und sogenannter affirmativer Präsentation des Gebauten sowie von politischer und kunstsinnig-ästhetischer Haltung angesprochen. Beklagt wurde, dass die Kritik meist wirkungslos bleibe und auch riskant sei. Hier könnte gerade das Feuilleton eine entscheidende Rolle übernehmen.

Publikums- und Lifestylemagazine bildeten heute eine seriöse Informationsquelle zur Architektur, konnte man in der Programmbroschüre lesen. Dennoch wird die «attraktive Präsentation» für ein breites Publikum unter Insidern etwas skeptisch beäugt, obwohl die Architekten selbst daran interessiert sind. Dass die publikumsnahe Publizistik auch einen Erkenntnisgewinn in sich bergen kann, hätte ein weiteres Diskussionsthema dargestellt. Ganz im Gegensatz zu der Situation dieser erfolgreichen Magazine präsentiert sich jene der reinen Theoriezeitschriften, die sich an eine beschränkte Leserschaft wenden. In einer Zeit, in der von Verlagen ganz allgemein höhere Gewinne eingefordert werden, geraten diese Magazine immer mehr in Bedrängnis. So wurde die Zeitschrift «Daidalos» vor kurzem eingestellt. «Archis» ist vom gleichen Schicksal bedroht. Aber auch das Sterben klassischer Architekturmagazine sowie die Krise des Architektenstandes wurden konstatiert.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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