Artikel

Domenig-Retrospektive in Bruck an der Mur
ORF.at

Peter Wolf über Günther Domenig.

13. Februar 2001 - Peter Wolf
Zwei Projekte sind Hauptpunkte in Günther Domenigs Lebenswerk. Sein Steinhaus in Kärnten (sein privates Architektur-Forschungszentrum) und das Reichsparteitags-Gelände in Nürnberg, mit dem Domenig die Geschichte des Dritten Reichs, aber auch seine persönliche Geschichte aufarbeitet.
Sein Steinhaus in Steindorf nennt Domenig sein „Forschungsprojekt der Architektur“, an dem er „ewig lange“ arbeite. „Das ist gleich zu setzten mit der Arbeit eines bildenden Künstlers. Nürnberg ist für mich die wesentlichste ideologische Arbeit.“


Antisemitisch erzogen

Lange Zeit habe er versucht, seine persönliche Vergangenheit zu verschweigen: „Ich hab' dann gesehen, es hat keine Sinn, ganz im Gegenteil, es ist deshalb wesentlich, weil ich mit meinem Bruder radikal nationalsozialistisch erzogen worden bin. Wir haben nie etwas anderes gelernt als die antisemitische Einstellung. Das ist meine Aufarbeitung meiner Geschichte.“
Mehr als 50 Jahre hat es gedauert, bis man in Nürnberg daran ging, die Gigantomanie des Dritten Reiches, ein überdimensioniertes Selbstdarstellungszentrum aus der Feder Albert Speers, geplant nur für wenige Tage im Jahr, in ein Mahnmal gescheiterten Größenwahns umzuwandeln.


Nazi-Architektur „zerschießen“

„Es gibt nur rechte Winkel und es gibt nur Achsen“, beschreibt Domenig Speers Architektur. Sein Ansatz daher: „Ich mache das Gegenteil von dem, was die gemacht haben. Rechte Winkel und Achsen gibt es nicht. Natürlich gibt's rechte Winkel, aber mein Gebilde ist - ich mag das Wort auch nicht gern - dekonstruktivistisch und fetzt hinein in diese ganze Geschichte, mit dem Pfahl zerschieß' ich diese Architektur.“

Bei aller Sinnhaftigkeit der Geschichtsaufarbeitung warnt Domenig aber vor einer Mahnmal-Inflation. „Berlin hat ja auch diese jüdische Geschichte aufgearbeitet.“ Das neue Jüdische Museum von Daniel Libeskind - ein Paradebeispiel für dekonstruktivistische Architektur - hätte als Äußerung und Antwort genügt, mein Domenig. „Was haben die jetzt weiter gemacht? Auf jedem zweiten Platz ist irgendein jüdisches Mahnmal. Mit jeder Wiederholung wertet man die Wirkung ab.“


Auch im Alter aktiv

Mit 67 Jahren hat sich Domenig von seinem Lehrstuhl an der Grazer Technischen Universität zurückgezogen, ist aber noch lange nicht im Ruhestand. Nach der Kunstakademie in Münster, die gerade fertig geworden ist, arbeitet er jetzt an einem Kraftwerksprojekt für Barcelona, und an einem großen Büro- und Hotelzentrum für Wien-Rennweg.
Am Samstag, den 10. Februar, wurde Domenig mit dem Kunstpreis der Stadt Bruck an der Mur in der Höhe von 50.000 Schilling gewürdigt. Er erhielt diesen Preis für die Planung des Landeskrankenhauses Bruck/Mur. Gleichzeitig wurde eine Günther-Domenig-Werkretrospektive eröffnet, die noch bis 4. März 2001 in der Kulturhausgalerie von Bruck an der Mur zu sehen ist.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: ORF.at

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: