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Stadt in der Vertikale
ORF.at

Ein über 1.000 Meter hoher Turm soll die Wohnstätte der Zukunft werden.

27. Februar 2001
Ein Turm zu Babel im 21. Jahrhundert? In einem riesigen See will man für Shanghai eine Gebäude-Stadt für 100.000 Bewohner errichten, die alle bisher gekannten Dimensionen in den Schatten stellen soll.
„Bionic Tower“ heißt das Projekt eines 1.228 Meter hohen und 196 Meter breiten Wohnturmes, der auf einer Insel eine ganze Stadt in sich vereinen soll.


Zwischen Raumnot und Größenwahn

Hinter der wahnwitzigen Idee stehen zwei spanische Architekten und ein handfestes Interesse. Die Planungsgruppe rund um Javier Pioz und Maria Rosa Cervera rechnet für die Megacitys des 21. Jahrhunderts mit einer weiteren Bevölkerungsexplosion und einer entsprechenden Raumnot. Allein Shanghai soll bis auf eine Größe von 30 Millionen Einwohnern anwachsen.


Die Stadt muss in die Höhe wachsen

Poiz und Cervera schlagen als Lösung eine Stadt vor, die anstatt in die Breite in die Höhe wächst - dies unter Ausnutzung aller technisch realisierbaren Möglichkeiten. Die Philosophie des Projekts: Das Studium hochkomplexer biologischer Strukturen bildet die Grundlage für das Gebäude von morgen. In die Konstruktions- und Materiallehre der Architekten sollen vor allem Erkenntnisse der Biotechnologie einfließen.


Keine Grenzen nach oben?

Die Höhe des Gebäudes bemisst sich demgemäß an den Grenzen des technisch Machbaren. Für Poiz und Cervera stellt sich vor allem die Frage, ob die Modelle der klassischen Stadtplanung noch zeitgemäß sind.

Mit dem Bionic Tower will man ein Grundmodell entwickeln, das die Stadtplanung aus der Horizontale in die Vertikale verlegt.


368 Aufzüge führen nach oben

Auch wenn die Architekten davon sprechen, dass man mit der Stadt Shanghai schon in konkreten Finanzierungsverhandlungen stehe, so lesen sich die technischen Daten des 15 Mrd. US-Dollar (226 Mrd. S) teuren Projekts eher wie ein futuristisches Manifest

So sollen etwa 368 Hochgeschwindigkeitsaufzüge die Bewohner binnen zwei Minuten vom Boden in die obersten Stockwerke befördern.


Gebäude im Turm

Unterteilt wird der Turm in zwölf (Höhen-) Blöcke, die in sich aus je 25 Stockwerken bestehen. Auf jedem Block soll es Hotels, Wohnungen, Geschäfte und selbst Grünanlagen geben. Zwischen den einzelnen Blöcken will man mit feuerfesten Zwischendecken einem möglichen Feuerinferno vorbeugen.

Frischluft gibt es für den Turm über Spezialklappen in der Glas-Aluminium-Ummantelung. Durch die Klappen wird Frischluft angesaugt und im Gebäude verteilt.


See gegen Schockwellen?

Rund um das Gebäude will man einen künstlichen See mit 1.000 Meter Durchmesser anlegen, um im Fall eines Erdbebens Schockwellen abzufangen. Das Gebäude selbst soll nach dem Modell der Natur wie ein Baum mit riesigen Betonwurzeln in der Erde verankert werden.

Das Motto der Architekten ist so alt wie simpel: Vor dem Bauen kommt das eingehende Studium der Natur. Jetzt müssen nur noch die Geldgeber diese einfache Einsicht teilen.

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