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Architektur als Miteinander
Der Standard

Ottokar Uhl wird zum 70er mit neuem Buch und Festreden geehrt

2. März 2001 - Ute Woltron
Wien - Der Architekt Ottokar Uhl feiert dieser Tage seinen 70. Geburtstag. Er ist nicht der bekannteste unter Österreichs Architekten, weil er nie ein Schreihals und Selbstdarsteller war. Doch mit seinen Arbeiten und vor allem auch mit seiner Lehre hat der stets ausgesprochen Bescheidene die Architekturszene wahrscheinlich nachhaltiger beeinflusst und direkter an ihren Wurzeln gepackt als viele seiner prominenteren und gesellschaftsparkettmäßig begabteren Kollegen.

Ottokar Uhl, 1931 in Kärnten auf die Welt gekommen, ab 1950 in Wien und Salzburg architektonisch unter anderem von Lois Welzenbacher und Konrad Wachsmann geschult, hat nicht sich selbst oder seine Architekturen ins Zentrum gerückt, sondern den Menschen - zum einen den wohnenden, zum anderen den gläubigen. Er ist neben dem Grazer Eilfried Huth einer der Erfinder des vom Architekten betreuten kollektiven Hausplanens, und dass er viele dieser, der Natur nach unendlich mühsamen Projekte über gelegentlich bis zu einem Dutzend Jahre unermüdlich durchgezogen hat, zeugt von der außerordentlichen Menschenliebe und Opferbereitschaft des umsichtigen Baumannes.

Seine Bemühungen um die Partizipation, zu betrachten etwa in Form der Wohnanlage „Wohnen Morgen“ in Hollabrunn oder dem integrativen Wohnprojekt B.R.O.T. in Wien, sind immer noch wegweisend. Tatsächlich wirken seine Studien und Vorarbeiten zu diesem Thema heute auch in hochkommerziellen Wohnbauten in modifizierter Form nach, wenn die späteren Mieter oder Wohnungseigentümer zumindest ihre persönlichen Grundrisse noch während der Planungszeit mitbestimmen dürfen.

Ottokar Uhl war nie ein Formalist, wichtiger als das Erscheinungsbild eines Hauses war seine Seele, und die besteht zum einen aus Funktionen und Atmosphären, zum anderen aus kühl kalkulierten, ökonomisch optimierten Bauparametern. „Die Auseinandersetzung mit den Fragen des Bauens führt - über Umwege technischer, ökonomischer, ökologischer, persönlicher Problemstellungen - zu Selbsterkenntnis, Infragestellung bisheriger Lebensumstände bis hin zu Umentscheidungen und zum Neubeginnen im Leben der Partizipanten“, behauptete er 1996. Und schon 1983 hatte er seinen Architektenkollegen geraten: „Kämpfen Sie gegen den Untergang in Bürokratie und Technokratie. Verstehen Sie sich nicht länger als ,Versorger'. Besinnen Sie sich auf jene historischen Ziele (der Baubewegungen), die sich als Hilfe für den ganzen Menschen verstanden.“

Der Architektur als großer sozialer Aufgabe wurde der Kärntner auch auf dem Gebiet des Kirchenbaus wiederholt gerecht. Seine Kapellen und Andachtsstätten, wie etwa die Kapelle der katholischen Hochschulgemeinde Wien oder die Konviktskapelle des Stifts Melk, sind schlicht, stark, selbstsprechend. Uhls Architektur, so urteilt Friedrich Achleitner in der neuen Publikation Ottokar Uhl. Werk. Theorie. Perspektiven (Verlag Schnell&Steiner), habe im Wohnbau „ihre eigene Strahlkraft“ und auch im Kirchenbau eine spezifische „ästhetische Kraft“ entwickelt. Das Buch wird heute Abend in Anwesenheit des Jubilars im Wiener Rathaus vorgestellt.


[Im Rahmen von „Architektur als Prozess im Werk von Ottokar Uhl“ Vorlesungen zum 70. Geburtstag des Architekten, Wappensaal des Wiener Rathauses, 2. März, 19.00.]

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