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Ich baue für Österreich
Der Standard

Raimund Abraham über politische wie logistische Alpträume

23. April 2001
Standard: Nehmen Sie es mir übel, wenn ich leise Zweifel am geplanten Termin der Fertigstellung hege?

Abraham: Nein, das steht Ihnen zu. Ich darf mich dazu nicht äußern. Ich habe mit dem Zeitplan nichts zu tun.

STANDARD: Das Kulturinstitut wäre ja fast nur Projekt geblieben: Ex-SPÖ-Finanzminister Andreas Staribacher verweigerte einst seine Zustimmung, schließlich wurde die Bundesimmobilien GmbH mit der Errichtung beauftragt, die das Gebäude an das Außenministerium verleasen wird.

Abraham: Das war das Beste, was passieren konnte. Denn das Ministerium hätte keine Möglichkeit gehabt, einen Vertreter in New York zu haben. Ohne den ist es ist aber fast unmöglich, hier zu bauen.

STANDARD: Sie sind ein massiver Kritiker dieser Regierung.

Abraham: Ich habe gesagt, dass ich aus Protest die amerikanische Staatsbürgerschaft annehmen werde. Und das mache ich gerade.

STANDARD: Sie haben sich deshalb eine rein kulturelle Eröffnung gewünscht.

Abraham: Das ist aber leider undenkbar. Es ist eben ein Regierungsgebäude. Und es wird sicher von Politikern eröffnet werden. Es ist daher an mir, ob ich an der politischen Eröffnung teilnehme.

STANDARD: Würden Sie akzeptieren, wenn auch Jörg Haider anwesend wäre?

Abraham: Das würde ich unter keinen Umständen akzeptieren. Das wissen Sie sehr wohl! Die Frage ist ein bisschen unter der Gürtellinie.

STANDARD: Wie fühlt man sich, wenn man trotzdem für diese Regierung baut?

Abraham: Ich baue nicht für diese Regierung. Ich baue für Österreich. Für mich gibt es das Österreich von Ludwig Wittgenstein und Sigmund Freud und von Thomas Bernhard. Auf dieses Österreich bin ich stolz. Auf das jetzige Österreich bin ich es nicht.

STANDARD: Sie haben zuletzt in Graz und in Lienz gebaut. Gibt es weitere Projekte?

Abraham: Ja. Auf der Insel Hombroich bei Düsseldorf, einer ehemaligen Raketenstation der Nato, wird ein Künstlerrefugium errichtet. Dort baue ich ein Haus für Musiker. Und dann baue ich mir mein eigenes Haus in Mexiko am Pazifik. Dann höre ich auf.

STANDARD: Warum?

Abraham: Ich will meine Freiheit wieder. Ich möchte wieder zeichnen und schreiben. Zudem: Ich glaube nicht, dass man unbedingt bauen muss, um zu beweisen, dass man Architekt ist.

STANDARD: Viele Ihrer Projekte wurden nicht realisiert, Ein Buch über Ihr Werk heißt daher auch (UN)BUILT.

Abraham: Ja, meine Hauptarbeit ist nicht gebaut, sondern ungebaut. Ich habe mich auch ganz bewusst dem Bauen verweigert - in Vorahnung des logistischen Alptraums, auf Manhattan zu bauen. 60 Prozent der Arbeit, die man hier als Architekt leisten muss, hat nichts mit Architektur zu tun. Die hat nicht einmal etwas mit Bauen zu tun. Wir mussten 6000 Werkpläne korrigieren! Zusätzlich 700 Anfragen beantworten und Tausende von Briefen schreiben.

STANDARD: Frustrierend.

Abraham: Ja! Und das Frustrierendste ist: Ich bin vertraglich gezwungen, nur mit dem Generalunternehmer zu verhandeln, kann also nicht, wenn ich einen Fehler entdecke, zum entsprechenden Arbeiter gehen, damit er ihn behebt - was ich natürlich mache, und dann krieg' ich immer einen bösen Brief.

STANDARD: Wenn ich bösartig bin, sage ich: Sie sind selbst schuld. Hätten Sie eine einfachere Architektur geplant, hätten Sie nicht diese Zores.

Abraham: Das stimmt. Aber Architektur hat eben Ansprüche, die ein normaler Bau nicht hat. Und ich bin nicht am Bauen interessiert, sondern an Architektur.

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