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„Das muss alles anders werden“
Der Standard

Das Wettbewerbsverfahren Katharinengasse wird nun zum Fall für den Vergabekontrollsenat

5. Mai 2001 - Ute Woltron
Zumindest zwanzig der 74 Teilnehmer am Architekturwettbewerb Katharinengasse werden das Verfahren gemeinsam juristisch anfechten. Das steht nach einer dreistündigen Debatte zwischen Teilnehmern und Juroren fest, die vergangenen Mittwochabend zu einem Gespräch in der Wiener Architektenkammer zusammenfanden.

Rund 50 großteils aufgebrachte Architektinnen und Architekten waren gekommen, um die Jury, vertreten durch ihren Vorsitzenden Architekt Ernst Giselbrecht, Architekt Michael Kohlbauer und Rüdiger Hälbig von der MA19, zu den erhobenen Vorwürfen bezüglich der eklatanten Verfahrensfehler zu befragen, über die das ALBUM wiederholt berichtet hat. Ebenfalls anwesend war Vorprüfer Leopold Dungl. Die Moderation des Gesprächs übernahm ein um Beschwichtigung bemühter Michael Buchleitner, er sitzt der Architektenkammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland vor.

Was eine Klärung des Verfahrens hätte bewirken sollen, vertiefte letztlich den Missmut der Beteiligten, da die Entscheidungsfindung der Jury trotz heftiger Diskussion mehr Fragen offen als beantwortet ließ. Lediglich Rüdiger Hälbig schüttete öffentlich Asche auf sein Haupt und betonte, dass zukünftige Zusammenarbeiten sowohl zwischen Wettbewerbsteilnehmern als auch der Kammer als kontrollierendem Organ fruchtbarer abgewickelt werden sollten. Im Laufe der Jahre, so der MA19-Senatsrat, hätten sich die Nichtarchitekten in den Jurys zulasten der Architekten zu stark vermehrt. Künftig solle zumindest ein Gleichgewicht zwischen Fach- und Sachpreisrichtern herrschen, das sei mit der Stadtbaudirektion bereits abgestimmt, ein Gespräch mit dem neuen Planungsstadtrat Rudolf Schicker solle dieses Vorhaben demnächst finalisieren. Die Hauptvorwürfe mussten sich allerdings die in der Jury vertretenen Architektenkollegen gefallen lassen, die auf eine saubere Abwicklung gemäß der Wettbewerbsordnung hätten achten müssen, jedoch nicht genannte Juroren per Abstimmung zugelassen hatten.

20 der Beteiligten hatten die Aussprache am Mittwoch noch abgewartet, um zu entscheiden, ob der Vergabekontrollsenat eingeschaltet werden solle. Dies ist nun der Fall, die Rechtsanwaltskanzlei Pflaum, Karlberger und Wiener wurde beauftragt, einen Antrag auf Einleitung einer Nachprüfung des Verfahrens einzubringen. Ob auch Antrag auf eine einstweilige Verfügung und Planungsstopp eingebracht werden soll, dürfte in den nächsten Tagen entschieden werden.

Peter Scheifinger, Bundeskammer-Vorsitzender der Architekten, betonte, dass nun vor allem die Politiker aufgerufen wären, die Rahmenbedingungen für transparente, nachvollziehbare und ordnungsgemäß abgewickelte Wettbewerbsverfahren zu schaffen, wie sie etwa neuerdings bei der BIG „hervorragend“ abgeführt würden. Denn: „Wer von uns kann sich zwei, drei derartige Verfahren wirtschaftlich überhaupt noch leisten?“

Michael Buchleitner schloss nach drei hitzigen Stunden die Runde mit der Bitte, es möge „die Wut, die hier zu spüren war, in einen langen Atem umschlagen“. Während der Länderkammerboss einer juristischen Nachbehandlung der Angelegenheit eher reserviert gegenübersteht, sind die meisten Beteiligten der Ansicht, dass dieses Verfahren als Präzedenzfall aufgegriffen werden soll, weil man sich den „schludrigen Umgang“ mit Wettbewerbsteilnehmern sowie -beiträgen nicht länger gefallen lassen wolle.

Das Argument, dass man nach einem Einspruch lediglich einen „Scherbenhaufen“ und verbrannte Erde zurücklasse, zähle in diesem Fall nicht. Außerdem, das hat früher jeder Bauer gewusst, schließt ein heftiges Verbrennen abgestandenen Erdreichs allerlei Mineralien erst auf, und gebranntes Erdreich ist, neben Fäkalien, das älteste Düngemittel der Welt.

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