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Architektur von A bis T
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Über 60 Architekten, angefangen von A wie Tadao Ando bis hin zu T wie Williams and Tsien stellt ein neuer Architektur-Band aus dem Taschen-Verlag vor.

28. Mai 2001 - Sabine Aßmann
Über 60 Architekten, angefangen von A wie Tadao Ando bis hin zu T wie Williams and Tsien stellt ein neuer Architektur-Band aus dem Taschen-Verlag vor. Dreisprachig und reich bebildert bietet „Architecture Now!“ allerdings noch etwas mehr als nur einen klassischen Führer durch die zeitgenössische Architektenszene.


Virtual Reality

Der Autor des Buches, Philip Jodidio, hat zwar ursprünglich Architektur studiert, heute jedoch ist er Chefredakteur der französischen Kunstzeitschrift Connaissances des Arts. Vielleicht ist deswegen der von ihm vertretene Architektur-Begriff nicht ganz das, was ein Traditionalist darunter versteht. Denn viele der angeführten Architekten bauen zwar auch im weitesten Sinne, dies allerdings nur im virtuellen Raum.


Guggenheim goes Cyberspace

Ein Beispiel ist das Architektenduo ASYMPTOTE, das im Augenblick vor allem am Guggenheim Virtual Museum arbeitet. Dies soll das „erste bedeutende virtuelle Gebäude des 21. Jahrhunderts“ werden und ist Teil eines Projektes zur Vermittlung von Kunst im Internet.

Die zugrunde liegende Idee, so erklärt Jodidio, sei eine virtuelle Architektur, die sich mit den Vorlieben oder Bedürfnissen der Besucher verändere. Architektur also nicht solide und beständig, sondern wechselhaft sich anpassend an den „Bewohner“.


MetaCITY made in Holland

Interessant ist auch die niederländische Gruppe MVRDV und ihr Projekt MetaCITY/
DATATOWN. Die Metropolen der Welt wachsen zweifellos rasant an, darauf aufbauend entwickelten MVRDV ihre Hochrechnung für die Stadt der Zukunft: Über rund 400 km² wird sich die Stadt ausbreiten, mit einer Bevölkerungsdichte von 1.477 Einwohnern pro km². Das entspräche einer Einwohnerzahl von 241 Millionen Menschen.

Die Architekten betreiben ihre Stadtplanung für die Metastadt rein virtuell: „Datatown beruht nur auf Daten. Es ist eine Stadt, die alleine durch Information beschrieben wird. Sie kennt keine festgelegte Topografie, keine vorgeschriebene Ideologie, keine Repräsentation und keinen Kontext.“ So erklären MVRDV ihre Datenstadt.


Ungebautes zum Leben erweckt

Architekturentwürfe der frühen Moderne, die bisher nur auf dem Zeichenbrett lebten, realisiert das Team Unbuilt unter der Leitung von Takehiko Nagakura vom Bostoner Massachusetts Institute of Technology. Sie verwenden neueste Computertechnologien, um nie realisierte Bauwerke der Vergangenheit virtuell auferstehen zu lassen.


Das Monument der dritten Internationale

Ein Beispiel ist der Entwurf des russischen Architekten Vladimir Tatlin für das Monument der dritten Internationale. Dieses sollte ursprünglich als neues „Hauptquartier“ der Kommunistischen Partei in Russland entstehen, doch wurden lediglich Modelle gebaut.

Die völlig realistisch anmutenden Fotos im Bildband sind in Wirklichkeit alle am PC entstanden. Sie zeigen die von Tatlin entworfene maschinenartige Metallkonstruktion als gealtertes Bauwerk, als sei es tatsächlich - wie einst geplant - 1920 entstanden.


Wände aus Wasserdampf

Neben diesen Beispielen des virtuellen Bauens zeigt „Architecture Now!“ auch mehr oder minder klassische Architektur. Dabei finden sich allerdings auch mehr als radikale Entwürfe. So hat zum Beispiel das in New York ansässige Duo Diller + Scofidio für die EXPO 2002 im schweizerischen Yverdon das „Blur-Building“ entworfen. Die Wände dieses Gebäudes werden aus feinstem Wasserdampf bestehen, der aus Hochdruckdüsen versprüht wird.


„Stil ist eine Zeiterscheinung“

Was Jodidio mit diesem breiten Spektrum zu zeigen versucht, erläutert er ausführlich in der Einleitung: Stil sei eine Zeiterscheinung und bestimme die Aktualität von Architektur. Diese jedoch trete damit in ein Zeitalter ein, in dem Unvergänglichkeit und Monumentalität als Charakteristika abgelöst werden von Aspekten wie Veränderbarkeit und Lebendigkeit. Wechsel und Vitalität also als Kernbegriffe des neuen Bauens, sei es im Cyberspace oder in der realen Welt.


[Tipp:
„Architecture Now!“ von Philip Jodidio ist im Taschen-Verlag erschienen, ATS 399,- / 29,- Euro, ISBN 3822860654.]

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