Artikel

Detonation als Chance
Der Standard

Dynamit und Architektur im AZW

28. Juni 2001 - Ute Woltron
Wien - Das Architektur Zentrum Wien widmet seine nächste Ausstellung einem herrlich destruktiven, nachgerade dekonstruktivistischen Thema, nämlich dem brachialen Entfernen großer Gebäude unter prächtigem Getöse: Detonation Deutschland nennt sich die Schau, die bereits seit ein paar Jahren durch Europa tourt, jetzt in Wien Halt macht und in Form einer Collage aus Video- und Filmausschnitten - zum Glück samt Ton - demonstriert, wie es ausschaut, wenn Architektur mittels Dynamit und anderen zündenden Stoffen blitzschnell dem Erdboden gleichgemacht wird.


1000 deutsche Minutentode

Ganze Häuserblocks sacken hier majestätisch unter Gepuffe zu Schutthaufen zusammen. „Minutentod“ nennen die zuständigen Ausstellungsmacher Julian Rosefeldt und Piero Steinle diesen Akt des letzten staubigen Seufzers. Die beiden haben die seit 1945 in Deutschland vernichteten Bauwerke genau recherchiert, quasi in ein System gebracht und sehen die Detonationen „als Teil eines historischen Prozesses. Sie stehen als Metaphern für Vergänglichkeit von Systemen, Ideologien, Machtstrukturen und ihren Statussymbolen.“

Etwa tausend Sprengungen wurden unter die Lupe genommen, zu sehen ist etwa die seinerzeitige Vernichtung eines riesigen Hakenkreuzes auf dem Nürnberger Reichstagsgebäude, die Beseitigung von Kriegsruinen, aber auch ganzer Stadtteile Ostdeutschlands, die den DDR-Plattenbauten Platz zu machen hatten, die ihrerseits nach dem Fall der Berliner Mauer mit Sprengstoff und Abrissbirne bearbeitet wurden. Die Präsentation dieser Architektursterbehilfe erfolgt im abgedunkelten Raum über sieben Projektionsflächen und eine geschickte Verspiegelung, die eine Art Bildröhre suggeriert.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: