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Hollywoodrosa Malewitschschwarz
Der Standard

Eine Ode an die Farbe in Design und Architektur von Koolhaas, Foster und Mendini

14. September 2001 - Ute Woltron
Die Moderne, so die landläufige Meinung, habe in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts die Farbe von der Architektur wegradiert. Weiß mussten die Häuser fürderhin sein, auf dass, wie Le Corbusier es so gerne sah, die hell-farblosen Gebäude vom Spiel des Lichtes und des Schattens erst schön herausmodeliert würden.

Diese These, das erlauben wir uns an dieser Stelle anzumerken, stimmt nicht. Diverse Moderne-Architekten und Designer haben, oft in Zusammenarbeit mit Künstlern aller Art, gar kräftig in Farbtöpfen herumgerührt und Wände, Tische, Treppen, Sitzgelegenheiten knallbunt angemalt. Und auch Le Corbusier hat sich intensiv mit Farben beschäftigt und ganze Abhandlungen darüber geschrieben. Doch bunt ist nicht bunt, und wer sich an die Farbe in Design und Architektur heranwagt, der braucht Mut, denn an Farben scheitert es sich leichter als am neutralen Weiß. Der Umgang mit Farbe und Raum ist eine Kunst, die die Beachtung komplizierter Gesetzmäßigkeiten einfordert.

Was sich heutzutage an Farben „zwischen Oberfläche und Raum“ so abspielen kann, beschreibt ein aktuelles Buch mit Titel „Colours“. Die drei Designer und Architekten Rem Koolhaas, Norman Foster und Alessandro Mendini, alle international mit ihren Arbeiten durchaus farbkräftig unterwegs, um nicht zu sagen tonangebend, geben darin ihre persönlichen Ansichten zum Thema Farbe zum Besten. Untermalt werden die - durchwegs ziemlich kurzen - Statements von einer Fülle Architektur- und Designbeispielen.

Koolhaas lässt gleich alle seine Mitarbeiter ihre Lieblingsfarben samt entsprechenden Exempeln ausbreiten und verkündet: „Die Zukunft der Farbe schaut strahlend aus.“ In seinem OMA-Büro spricht man denn auch von Farben als „Typischer Travertin“ (ein Beige), „Meniskus“ (ein dunkles Himmelblau) oder „Post-It-Gelb/extra frisch“ (Post-It-Gelb, nur ein bisschen heller). Der Brite Norman Foster geht es etwas cooler an, er listet einfach seine eigenen farbigen Architekturen auf: Grau und Rot für den HKSB-Sitz in Hong Kong, Weiß und Gelb für die Kommerzbank in Frankfurt. Und der Italiener Alessandro Mendini veranschaulicht verspielt seine liebsten Bunttöne anhand verschiedenster Gegen- und Zustände, Malereien, Landschaften, Lichtstimmungen, von Pompeisch-Rot bis Hollywood-Rosa.

Der König der Farben bleibt für Mendini gewissermaßen das Malewitsch-Schwarz, das, physikalisch betrachtet eh schon wissen, keine Farbe, sondern die Absenz derselben ist, was dem Betrachter aber egal sein kann. Mendini verbeugt sich vor der Schwärze, denn: „Schwarz muss respektiert werden. Nichts kann es korrumpieren. Es schmeichelt nicht dem Auge, und es erweckt kein Gefühl der Sinnlichkeit. Es ist viel eher ein Agent des Geistes als die lieblichen Farbtöne auf der Palette oder jene des Prismas.“

So gesehen hätte Le Corbusier seine hervorragenden Villen eigentlich zur Probe einmal schwarz anpinseln müssen. Kollegen wie Bruno Taut wagten Experimente mit ihren eigenen Wohnhäusern, und Vertreter von Bauhaus und De Stijl gaben es ebenfalls mitunter ziemlich bunt. Nur ein eindeutiger Farbhasser ist überliefert: Vitruv. Der lästerte seinerzeit immer wieder über die Monstrositäten der Farbgebung seiner römischen Zeitgenossen. Aber das ist schon lange her.


[Colours, Verlag Birkhäuser, öS 759 / EURO 55,2 ]

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