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Hauslandschaften und Bücherwelten
Der Standard

Neue Architekturbücher für Insider, Outsider und alle dazwischen

13. Dezember 2003 - Ute Woltron
Es ist stets sehr angenehm, die Welt von gescheiten Menschen in geordneter und systematisierter Form serviert zu bekommen, und Architekturbuchautoren sind traditionell Meister dieser Kunst. Deshalb heute eine kleine vorweihnachtliche Dreierauswahl: Ein systemisches Lebenswerk, eine Genealogie der Landschaft und ein Wohnweltentwurf für die Zukunft.

Den Beginn macht die Lebensgeschichte, oder gewissermaßen die Architekturgeschichte, die der Wiener Roland Rainer geschrieben hat. Sein Gesamtwerk umfasst Möbel, Häuser, Stadtteile, Städtebau, also den Mikro- wie Makrokosmos der Architektur, und jetzt, im Alter von 92 Jahren, hat er seine wichtigsten Arbeiten und Überlegungen in ein Buch gebunden.

Roland Rainer. Das Werk des Architekten (Springer Wien New York, 49,80 €) zeigt Bekanntes wie die Wiener-Stadthallen-Ikone, aber auch kleinere, feine Arbeiten, wie die weitestgehend unbekannte Arbeitersiedlung in Ternitz aus den späten 50er-Jahren: Perfekte Grundrisse, minimalistisch, hochfunktional und heute noch so gern bewohnt wie damals. Buchpräsentation: 15.12., MAK-Säulenhalle, 19 Uhr. Die Laudatio hält Rainer-Schüler Mark Mack, der heute in Los Angeles lebt und arbeitet.

Der schottische Universitätsprofessor Michael Spens ist ebenfalls ein Denker in großen und kleinen Formaten. Er greift immer wieder das Thema Landschaft auf, und in seinem neuesten Werk Modern Landscapes (Phaidon, 75,- €) systematisiert er es zu vier kompakten Kapiteln: Parks, Architektur als Landschaft, Gartenlandschaften, Urbane Interventionen. Vom ganz Grünen bis zum grün Gesprenkelten sozusagen.

Die dazugehörigen Beispiele sind gut gewählt, gut präsentiert, knapp aber informativ beschrieben. Ein tolles Buch für alle, die Architektur als Teil ihrer Umgebung und umgekehrt verstehen und sich ein paar gelungene Beispiele dafür anschauen wollen, wie Könner wie Glenn Murcutt, Tadao Ando oder Jacqueline Osty Innen- und Außenräume zum Ganzen werden lassen.

Zu guter Letzt ein Privatissimum: Wohnkonzepte für die Zukunft (Callwey, 49,95 €) heißt ein von Paco Asensio herausgegebener Band, der - trotz des dazu nachgerade einladenden Themas - wohltuend zurückhaltend gelayoutet ist. Der Inhalt: Neue Einfamilienhäuser in neuen Formen und Materialien a la Shigeru Ban & Co.

Doch auch zeitgenössisch revitalisierte Altbestände werden gezeigt, wie etwa ein gekonnt von Marques & Zurkirchen umgebauter Stall im schweizerischen Bergün, oder ein von Jo Crepain raffiniert ummantelter Wasserturm im belgischen Brasschaat, dessen vormaliges Freiluftstiegenhaus nunmehr zum Wohnraum auf fünf Geschoßen wurde. Auch viele Österreicher sind mit an Bord auf dem Weg in die Zukunft: Baumschlager & Eberle, die noch jungen, aus dem Architekturteich aber herausragenden Pool Architekten aus Wien, die schon etablierten und preisgekrönten Artecs. Letztere glänzen mit ihrem mittlerweile sattsam bekannten Stall-Dach-Ausbau im niederösterreichischen Raasdorf. Zeitgenössisch, aber zeitlos. Die Geschichte eines Ortes, so der Autor, sei häufig Ausgangspunkt der architektonischen Überlegungen, viele Häuser das Ergebnis einer konkreten Geschichte. Selbstverständlich - aber nur die wirklich guten.

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