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Wohnstädte der Zukunft
Neue Zürcher Zeitung

Heinrich de Fries' subjektive Architekturgesinnung

14. Februar 2002 - Dominique von Burg
Als einer der produktivsten deutschen Architekturkritiker der zwanziger Jahre stand Heinrich de Fries (1887-1938) dem mechanistischen Funktionalismus der modernen Architektur kritisch gegenüber und legte bei der Beurteilung von Architekten vor allem ethische Massstäbe an. Im Gebr.-Mann-Verlag ist jetzt ein Materialienband zu seinem publizistischen und architektonischen Schaffen erschienen, das der Herausgeber Roland Jaeger im Hinblick auf die Architekturdiskussion der zwanziger Jahre erläutert.

Der in Berlin geborene, einer Fabrikantenfamilie entstammende de Fries schrieb für verschiedene Kulturzeitschriften, unter anderem für «Die Rheinlande», «Wasmuths Monatshefte für Baukunst» und «Moderne Bauformen», gab die «Deutsche Bauzeitung» heraus und lehrte von 1927 bis 1931 Städtebau und Siedlungswesen an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf. Leitmotiv seiner publizistischen Tätigkeit und praktischen Entwurfsarbeit war die Verquickung von Kultur und menschenwürdigem Wohnen in einer angemessenen, künstlerisch gestalteten Architektur. Wohl befürwortete er die neue Architekturbewegung der zwanziger Jahre, wandte sich dabei jedoch gegen eine im rationalen Sinne «funktionalistische» Architekturauffassung und gegen ihre dogmatische Propagierung als bestimmender Baustil der Gegenwart. Dementsprechend lehnte er die äusserlichen Merkmale des «Neuen Bauens» als lediglich modische Stilismen ab und liess sich von einem organischen Verständnis leiten, das Architektur als eine Ausdrucksform «organischen Lebens» begriff. Eine Architektur, wie sie für ihn vorbildhaft Frank Lloyd Wright vertrat. Das publizistische Wirken von Heinrich de Fries belegt anschaulich, dass das von Teilen der Architekturhistoriographie für die zwanziger Jahre inszenierte Bild eines homogenen «Neuen Bauens» nicht zutrifft.
[ Heinrich de Fries und sein Beitrag zur Architekturpublizistik der zwanziger Jahre. Hrsg. Roland Jaeger. Gebr.-Mann-Verlag, Berlin 2001. 201 S., Fr. 136.-. Im selben Verlag ist de Fries' «Junge Baukunst in Deutschland» wieder aufgelegt worden. ]

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