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Mehr als Liebe zum Detail
Neue Zürcher Zeitung

Junge Schweizer Architekten

Arbeiten des Bieler Büros :mlzd Architekten

5. März 2004 - Peter Omachen
Sie sind erfolgreich und haben bisher gleichwohl kaum etwas gebaut: die fünf Partner des Bieler Büros :mlzd Architekten. Nach einem Wettbewerbsmarathon von fast 40 Projekten sollen nun gleich mehrere Bauvorhaben realisiert werden. Die formal unterschiedlichen Entwürfe überzeugen durch intuitiv richtige Lösungsansätze.

Bekannt geworden ist das Bieler Büro :mlzd Architekten mit seinem Artplace-Pavillon in Magglingen, der anlässlich der Expo 02 auf dem Gelände der Eidgenössischen Sportschule als temporäres Künstleratelier realisiert wurde (NZZ 7. 6. 02). Das Gebäude umfasste zwei über einen Innenhof verbundene Räume und bestand im Wesentlichen aus 700 transluzenten, von Metallgurten zusammengehaltenen Kunststoffharassen. Nach Beendigung der Landesausstellung konnte sich die Bevölkerung kostenlos mit den Behältern eindecken, so dass die poetische Parallelaktion unerkannt in den Bieler Haushalten fortdauert. Die dem Projekt zugrunde liegende Auffassung, wonach das architektonische Schaffen in enger Beziehung zur Kunst steht, ist kennzeichnend für das Büro :mlzd Architekten, in dem sich die fünf Partner Lars Mischkulnig, Daniele Di Giacinto, Claude Marbach, Roman Lehmann und Pat Tanner zusammengefunden haben. Es ist jedoch die Abwesenheit jeglicher Künstlerallüren, die den Arbeiten ihre erfrischende Jugendlichkeit verleiht.


Symbolträchtiger Umbau

Jugendlich sind auch die zwischen 1968 und 1973 geborenen Architekten. Sie studierten gemeinsam an der Hochschule für Technik und Architektur in Biel. Die Gründung des inzwischen vergrösserten Büros erfolgte 1997 durch zwei Partner, deren Initialen den Firmennamen bildeten. Als Eselsbrücke für das Buchstabengebilde bieten die Inhaber die Sentenz «Mit Liebe zum Detail» an, wobei der Doppelpunkt als Zeichen der Ankündigung gedacht ist. Für sie ist die Verwirrung stiftende Interpunktion eine Art Ventil im sonst so seriösen und auf Präzision bedachten Architektenalltag.

Seriöse Arbeit wird vorausgesetzt bei so vornehmen Projekten wie der Neugestaltung des Wartebereichs für Staatsoberhäupter im Uno- Hauptsitz in New York. Diesen aussergewöhnlichen Auftrag erhielten die Bieler als Sieger eines Wettbewerbs, den sie zusammen mit Buchner Bründler Architekten aus Basel, verantwortlich für die Innenarchitektur, sowie der Zürcher Künstlergruppe Relax gewonnen haben. Es handelt sich dabei um das Geschenk der Schweiz an die Uno anlässlich ihres Beitritts zur Weltorganisation. Zurzeit werden nun die seit über 50 Jahren unveränderten Räumlichkeiten unmittelbar hinter der Rednertribüne des grossen Saales der Uno- Generalversammlung neu gestaltet.


Subtile Interventionen

Das Team löste die durch zahlreiche protokollarische Zwänge eingeengte Aufgabe durch das Freispielen der im Stil der fünfziger Jahre sanft schwingenden, weissen Umfassungswände. Sechs raumhohe, mit edlem Walnussholz verkleidete Kuben und Wandelemente gliedern den fensterlosen Raum. Eingebaute Schiebetüren aus Messing gestatten es, einzelne Bereiche und Funktionen flexibel abzutrennen. Beim Verschieben kommen strukturierte und farbige Verglasungen zum Vorschein. Durch dieses Wechselspiel von Transparenz entstehen spannende und differenzierte räumliche Situationen. Sympathisch subversiv ist die künstlerische Intervention, die den Schriftzug «peace» in den sechs Sprachen des Sicherheitsrates zwölfmal als zweieinhalb Zentimeter lange Intarsien an verschiedenen Stellen im Raum placiert. Die in edlen Materialien wie Mahagoni, Gold, Platin oder Brillanten ausgeführten dekorativen Schriftzüge sind - mit einem Augenzwinkern - als friedenserhaltende Massnahme der Schweiz zu verstehen: Sie sollen die Mächtigen der Welt beim Vorbereiten ihrer Reden positiv beeinflussen.

Auch beim Erweiterungsbau für das Historische Museum Bern konnte sich das Bieler Team gegen zahlreiche Mitbewerber durchsetzen. Der 1894 in Form einer märchenhaften Burgenarchitektur errichtete Gebäudekomplex wird mit einem unterirdischen Saal für Wechselausstellungen sowie einem Trakt für das Stadtarchiv erweitert, wobei das Dach des Saals als Aussenterrasse für Veranstaltungen dient. Die Sehschlitze und gebrochenen Kanten des Neubaus erinnern an Bastionsarchitektur und führen die Formensprache der schroffen Sockelmauern und der malerischen Dachlandschaft des Altbaus zeitgemäss weiter.

So gegensätzlich wie diese Bauvorhaben sind auch die weiteren Projekte von :mlzd, wie etwa die Kaufmännische Berufsschule Biel oder eine Villa in Mörigen, hoch über dem Bielersee. Während sich Erstere an der sachlichen Strenge der legendären Jurasüdfuss-Architektur eines Fritz Haller oder Max Schlup orientiert, spielt die andere unbefangen mit der dynamischen Formensprache dekonstruktivistischer Architektur. Dabei überzeugt - dem Firmennamen zum Trotz - nicht in erster Linie die zweifellos sorgfältige Detaillierung, sondern die offenbar intuitiv erspürte, von Aufgabe zu Aufgabe unterschiedliche Architektursprache, die scheinbar mühelos zur jeweiligen Problemlösung führt.


[Am 10. März um 18.30 Uhr stellen :mlzd Architekten ihre Arbeiten im Architekturforum Zürich am Neumarkt 15 vor.]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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