Zeitschrift
werk, bauen + wohnen 07/08-25
Update Infrastruktur
Was ist gross, grau, kostet viel und verändert sich nur langsam? – Unsere technische Infrastruktur: Schornsteine, aus denen Rauchwolken quellen; Röhren, durch die Autos eilen; Becken, in denen sich die Rechen drehen; Antennen, die sich in den Himmel recken. Dies alles ist nicht die Beletage, sondern es sind die Maschinenräume unserer Zivilisation. Über sie wickeln wir unsere alltägliche Mobilität, die Kommunikation, die stoffliche und energetische Ver- und Entsorgung ab. Infrastruktur entlastet und gibt uns Reichweite. Wir sind von ihr abhängig und doch bleibt sie oft unsichtbar oder zumindest im Hintergrund. Manchmal übersehen wir sie auch, weil sie einfach zu gross ist.
Wie zentral systemrelevante Infrastrukturen sind, haben uns die letzten Jahre gelehrt – Rohstoffengpässe forderten zur Sparsamkeit auf, Solidarität war gefragt, doch auch neue Ideen, diese Systeme und Einrichtungen resilienter zu machen. Ebenso erfordern die Folgen der Klimaveränderung einen Umbau der technischen Infrastruktur, besonders des Wassermanagements und der Energieversorgung. Die Kommunen als Auftraggeberschaften müssen Geld in die Hand nehmen. Das Update und Upgrade bestehender Anlagen ist oft kostspielig und langwierig, geplant wird weit vorausschauend. Dennoch ist die Zustimmung für solche Projekte in der Bevölkerung gross. Käme kein Strom mehr aus der Steckdose – unser Alltag stünde Kopf.
Vor allem im urbanen Kontext konkurrieren Siedlungsfläche und Infrastrukturen zunehmend um Raum. Dass ein grauer Koloss wie die Autobahneinhausung in Schwamendingen heute mehr als ein reiner Zweckbau sein muss, zeigt dieses Heft. Sie trägt den Ueberlandpark und sorgt damit für ökologische Vernetzung. Gleichzeitig ist wertvoller Freiraum für das wachsende Quartier entstanden. Auch weitere Projekte, wie der Spielplatz im ehemaligen Absetzbecken von Aproz oder der mit ausrangierten Leitplanken eingekleidete Werkhof in Uri, stehen für eine gewinnbringende Umdeutung infrastruktureller Hinterlassenschaften. Dass mit einer neuen Standseilbahn alles beim Alten bleiben kann, nur weniger mühsam, beweist die Funicular da Graça in Lissabon. Sie zeigt, wofür Infrastruktur auch noch da ist: zum Vergnügen.
Hommage an den Umbruch
Ruth Erdt portraitiert Zürich-Schwamendingen
Ruth Erdt (Bilder)
Zusammenwachsen über der Autobahn
Ueberlandpark und Einhausung Zürich-Schwamendingen von Krebs und Herde mit agps
Lucia Gratz, Gaëtan Bally (Bilder)
Ruine als Spielplatz
Transformation einer Kläranlage in Aproz von En-Dehors
Lukas Stadelmann, Noël Picco, Baptiste Coulon, En-Dehors (Bilder)
Sinnbild einer Verkehrslandschaft
Werkhof Uri in Altdorf von Felgendreher Olfs Köchling
Erik Wegerhoff, Karina Castro (Bilder)
Zukunft der mechanischen Nostalgie
Funicular da Graça in Lissabon von Atelier Bugio
André Tavares, Alexander Bogorodskiy (Bilder)
Zudem:
Debatte: Die Transformation ist die Bauaufgabe der Zukunft. Warum aber stockt es in der Praxis so oft? BHSF-Architekten sind überzeugt: Weil es zum Umbauen ein aktualisiertes Verständnis der Logik des Entwurfs und des Bauprozesses braucht. In ihrem Manifest plädieren sie für eine Umbaukultur, die gestalterisch überzeugt, kollektiv entwickelt, als Prozess gedacht und an Akteure der Baubranche vermittelt wird.
Wettbewerb: Im dritten Wettbewerb, der zur Neunutzung der Kasernenanlage in Zürich durchgeführt wurde, ging es um den Freiraum. Minimalinvasiv sollten die Eingriffe sein, was den Gestaltungsspielraum klein hielt, schreibt Autorin Viviane Ehrensberger. Krebs und Herde mit OePlan überzeugen die Jury mit einfachen Gesten.
Ausstellung: Das Who’s who der Architekturszene traf sich, wie alle zwei Jahre üblich, in Venedig. Auch die Redaktion war vor Ort und entdeckte in der schieren Fülle von Carlo Rattis Datensammelwut Erstaunliches und Erschreckendes. Geht es nach dem Chefkurator, steht fest: Die Welt steht am Abgrund, die Technik muss es richten. Einige Perlen waren trotzdem zu finden.
BSA-Preis 2025: Der BSA-Preis 2025 geht an den Verein PAV living room. Initiiert von den drei Architektinnen Nina Guyot, Blerta Axhija und Marine Evrard entstand im Transformationsgebiet PAV (Praille Acacias Vernets) in Genf ein «Wohnzimmer» für Performances, informelle Aneignung und spontane Formen von Urbanität.
Bücher: In Brutales Luzern stellt Giacomo Paravicini 52 Bauten der 1960er und 1970er Jahre vor. Rosário Gonçalves und Jürg Graser zeigen sich vom Inventar begeistert, weisen aber auf den schweren Stand hin, den diese Bauten heute haben. Zudem empfiehlt die Redaktion: Feed the City und Towards Transformation. The 33.3 % Attitude.
Junge Architektur Schweiz: Valentin Deschenaux: Der Freiburger Architekt sucht mit seinem kleinen Team nach einer Architektur, die für alle verständlich, einfach und konstruktiv ehrlich ist. Der Umbau eines historischen Wohnhauses in Freiburgs Bourg-Quartier, wo er auch sein Büro hat, bringt dies zum Ausdruck. Die ursprüngliche Typologie des Hauses ist wiederhergestellt. Dank der erlebbaren Materialien sind Neu und Alt klar unterscheidbar.
Recherche: Weiterbauen zum Konglomerat: Was macht Architektur aus, die um- und weitergebaut, ergänzt oder aufgestockt werden kann? Antworten auf diese Frage finden sich im Werk des britischen Architekturpaares Alison und Peter Smithson. Anhand der drei Projekte Upper Lawn Pavilion (1962), Economist Building (1962) und Hexenhaus (ab 1980er Jahre) spricht der Autor über die Kunst, Vorhandenes neu zu interpretieren, über die «konglomerate Ordnung» und über Architektur als offenen Prozess.
werk-material: Büro- und Gewerbehaus in Zürich von Oxid und Scheitlin Syfrig
werk-material: Büro- und Gewerbehaus in Chêne-Bourg von Nomos
Wie zentral systemrelevante Infrastrukturen sind, haben uns die letzten Jahre gelehrt – Rohstoffengpässe forderten zur Sparsamkeit auf, Solidarität war gefragt, doch auch neue Ideen, diese Systeme und Einrichtungen resilienter zu machen. Ebenso erfordern die Folgen der Klimaveränderung einen Umbau der technischen Infrastruktur, besonders des Wassermanagements und der Energieversorgung. Die Kommunen als Auftraggeberschaften müssen Geld in die Hand nehmen. Das Update und Upgrade bestehender Anlagen ist oft kostspielig und langwierig, geplant wird weit vorausschauend. Dennoch ist die Zustimmung für solche Projekte in der Bevölkerung gross. Käme kein Strom mehr aus der Steckdose – unser Alltag stünde Kopf.
Vor allem im urbanen Kontext konkurrieren Siedlungsfläche und Infrastrukturen zunehmend um Raum. Dass ein grauer Koloss wie die Autobahneinhausung in Schwamendingen heute mehr als ein reiner Zweckbau sein muss, zeigt dieses Heft. Sie trägt den Ueberlandpark und sorgt damit für ökologische Vernetzung. Gleichzeitig ist wertvoller Freiraum für das wachsende Quartier entstanden. Auch weitere Projekte, wie der Spielplatz im ehemaligen Absetzbecken von Aproz oder der mit ausrangierten Leitplanken eingekleidete Werkhof in Uri, stehen für eine gewinnbringende Umdeutung infrastruktureller Hinterlassenschaften. Dass mit einer neuen Standseilbahn alles beim Alten bleiben kann, nur weniger mühsam, beweist die Funicular da Graça in Lissabon. Sie zeigt, wofür Infrastruktur auch noch da ist: zum Vergnügen.
Hommage an den Umbruch
Ruth Erdt portraitiert Zürich-Schwamendingen
Ruth Erdt (Bilder)
Zusammenwachsen über der Autobahn
Ueberlandpark und Einhausung Zürich-Schwamendingen von Krebs und Herde mit agps
Lucia Gratz, Gaëtan Bally (Bilder)
Ruine als Spielplatz
Transformation einer Kläranlage in Aproz von En-Dehors
Lukas Stadelmann, Noël Picco, Baptiste Coulon, En-Dehors (Bilder)
Sinnbild einer Verkehrslandschaft
Werkhof Uri in Altdorf von Felgendreher Olfs Köchling
Erik Wegerhoff, Karina Castro (Bilder)
Zukunft der mechanischen Nostalgie
Funicular da Graça in Lissabon von Atelier Bugio
André Tavares, Alexander Bogorodskiy (Bilder)
Zudem:
Debatte: Die Transformation ist die Bauaufgabe der Zukunft. Warum aber stockt es in der Praxis so oft? BHSF-Architekten sind überzeugt: Weil es zum Umbauen ein aktualisiertes Verständnis der Logik des Entwurfs und des Bauprozesses braucht. In ihrem Manifest plädieren sie für eine Umbaukultur, die gestalterisch überzeugt, kollektiv entwickelt, als Prozess gedacht und an Akteure der Baubranche vermittelt wird.
Wettbewerb: Im dritten Wettbewerb, der zur Neunutzung der Kasernenanlage in Zürich durchgeführt wurde, ging es um den Freiraum. Minimalinvasiv sollten die Eingriffe sein, was den Gestaltungsspielraum klein hielt, schreibt Autorin Viviane Ehrensberger. Krebs und Herde mit OePlan überzeugen die Jury mit einfachen Gesten.
Ausstellung: Das Who’s who der Architekturszene traf sich, wie alle zwei Jahre üblich, in Venedig. Auch die Redaktion war vor Ort und entdeckte in der schieren Fülle von Carlo Rattis Datensammelwut Erstaunliches und Erschreckendes. Geht es nach dem Chefkurator, steht fest: Die Welt steht am Abgrund, die Technik muss es richten. Einige Perlen waren trotzdem zu finden.
BSA-Preis 2025: Der BSA-Preis 2025 geht an den Verein PAV living room. Initiiert von den drei Architektinnen Nina Guyot, Blerta Axhija und Marine Evrard entstand im Transformationsgebiet PAV (Praille Acacias Vernets) in Genf ein «Wohnzimmer» für Performances, informelle Aneignung und spontane Formen von Urbanität.
Bücher: In Brutales Luzern stellt Giacomo Paravicini 52 Bauten der 1960er und 1970er Jahre vor. Rosário Gonçalves und Jürg Graser zeigen sich vom Inventar begeistert, weisen aber auf den schweren Stand hin, den diese Bauten heute haben. Zudem empfiehlt die Redaktion: Feed the City und Towards Transformation. The 33.3 % Attitude.
Junge Architektur Schweiz: Valentin Deschenaux: Der Freiburger Architekt sucht mit seinem kleinen Team nach einer Architektur, die für alle verständlich, einfach und konstruktiv ehrlich ist. Der Umbau eines historischen Wohnhauses in Freiburgs Bourg-Quartier, wo er auch sein Büro hat, bringt dies zum Ausdruck. Die ursprüngliche Typologie des Hauses ist wiederhergestellt. Dank der erlebbaren Materialien sind Neu und Alt klar unterscheidbar.
Recherche: Weiterbauen zum Konglomerat: Was macht Architektur aus, die um- und weitergebaut, ergänzt oder aufgestockt werden kann? Antworten auf diese Frage finden sich im Werk des britischen Architekturpaares Alison und Peter Smithson. Anhand der drei Projekte Upper Lawn Pavilion (1962), Economist Building (1962) und Hexenhaus (ab 1980er Jahre) spricht der Autor über die Kunst, Vorhandenes neu zu interpretieren, über die «konglomerate Ordnung» und über Architektur als offenen Prozess.
werk-material: Büro- und Gewerbehaus in Zürich von Oxid und Scheitlin Syfrig
werk-material: Büro- und Gewerbehaus in Chêne-Bourg von Nomos
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