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Daniel Büchel – reichhaltig
Daniel Büchel – reichhaltig © Martina Pfeifer Steiner
„Reichhaltig ist eigentlich alles, das ganze Environment – ein großer Fundus! Ich bin jemand, der sich komplett auf einen Ort einlässt und diesen im besten Fall noch verstärkt. Ich schaue, welchen Reichtum ich vorfinde und je intensiver und länger ich mich so einem Ort hingebe, umso mehr ist zu entdecken. Ich versuche die Dinge völlig vorurteilsfrei zu sehen, gar alles hat einen Wert für mich. Es gibt fast nichts, was man nicht einsetzen oder verwenden kann und das kann so weit gehen, dass eine kaputte, mit Krakelee überzogene Spanplatte aus den 50er Jahren – beispielsweise im ersten magdas-Hotel beim Prater in Wien – als Baumaterial für Möblage verwendet wird. Selbst im absurdesten Abbruchmaterial, das nur noch im Bauschuttcontainer landet, kann man noch etwas erkennen. Damit bin ich irgendwie aufgewachsen, in Galtür auf der Bieler Höhe, das hat mich stark geprägt. Diese karge Felslandschaft, genauso spartanisch und bescheiden ist auch das Leben dort. Auf 3.000 Meter Höhe muss man halt sehr, sehr bewusst mit allem umgehen. Es beginnt schon damit, wie man ein Feld aufbereitete, es von Steinen freimachte, diese am Rand als Parzellierung und Zaun auftürmte oder am Dach die Holzschindeln damit beschwerte, damit sie nicht davonfliegen. Was für das Wohnzimmer nicht mehr genügte, hat man im Stall oder Schuppen weiterverbaut. Da wurde nichts weggeworfen und in diesen knappen Ressourcen liegt die Poesie und ein Erfindungsreichtum.

Im aktuellen Hotelprojekt, dem Umbau eines ehemaligen Priesterwohnheims mit Kapelle am Dach und teilweise noch vorhandenem Originalmobiliar aus den 1950er Jahren, habe ich einen stark klerikal besetzten Ort vorgefunden und das war eigentlich der Ausgangspunkt für meine Arbeit. Ich habe dort quasi archäologische Arbeit betrieben, indem ich mit den noch vorhandenen Fragmenten die originalen Zimmer aus der ersten Bauphase des Hauses rekonstruiert habe oder Einbauschränke und Zimmerausstattung in ihre Bestandteile zerlegt habe und geschaut wie man alles einsetzen kann. Daraus entstand ein reichhaltiger Katalog und zwar nicht nur mit Stühlen, Tischen und dem ganzen losen Inventar, das dort herumsteht, sondern wirklich mit dem ganzen Bestandsmaterial, aufbereitet und sichtbar gemacht. Mich als Gestalter so weit zurückzunehmen, wirklich gar nichts mehr zu entwerfen, sondern dem Ort mit Respekt zu begegnen, was ich vorfinde neu zu inszenieren oder anders zu sehen, ist ein zentrales Element meiner Herangehensweise. In allem einen Wert und die Qualitäten zu erkennen, diese auch einsetzen zu können hat aber nichts mit der Vintage-Mode, die oft teurer als Neuware ist, zu tun. Ich bleibe da schon im Low-Budget-Bereich und greife zu im Überfluss.“

Daniel Büchel, geb. 1968, Architekt und Designer, Wien, Vorarlberg. Beim ehemaligen Priesterwohnheim in der Wiener Ungargasse, das nun ein magdas-Hotel wird, bleibt das Zeitfenster zum Erbauungsjahr 1964 offen. Mit Respekt dem Vorgefundenen zu begegnen und dieses wieder neu inszenieren, so lautet das Leitbild für die Umnutzung, was absolut der Philosophie der Caritas entspricht.
beständig – reichhaltig – wegweisend, das sind die Impulswörter der dritten Staffel bei »nextroom fragt«. Wie reagieren die auf nextroom vertretenen Architekturschaffenden darauf? Martina Pfeifer Steiner holt die Statements ein.

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