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Begegnung in der Dreifachsporthalle – BothAnd verortet sich
Begegnung in der Dreifachsporthalle – BothAnd verortet sich, Foto: Silvester Kreil

Bianca Anna Boeckle ist Vorarlbergerin und leitet das Architekturbüro BothAnd in Zürich

31. Mai 2022
„Die bunten, sich kreuzenden Linien auf dem Boden und der Geruch nach Sportmatte, PVC und Umkleidekabine stimmen mich nostalgisch. Den weiten, offenen Raum und die Möglichkeit sich frei zu bewegen – auch gedanklich – schätze ich ungemein. Auch deshalb sind wir hier in der Dreifachsporthalle der Marktgemeinde Götzis in Vorarlberg. An diesem Ort habe ich in meinen Teenagerjahren als Leistungssportlerin im Kunstturnen sehr viel trainiert.

Mit dem Studium hat es dann einen Shift gegeben: von den Turnwettbewerben hin zu den Architekturwettbewerben. Dass nun der erste gewonnene Wettbewerb als selbstständig praktizierende Architektin ausgerechnet eine Dreifachsporthalle ist, gleicht einem Traum. Der Gewinn vor einem Jahr war der Anlass mein eigenes Architekturbüro zu gründen.

BothAnd bedeutet ‘sowohl als auch’ und entspricht in diesem Sinne auch gut meinem Charakter. Schubladendenken lehne ich ab, denn jede Thematik oder Aufgabenstellung kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Eben BothAnd. Insofern ist mir in der Architektur wichtig, sowohl eine strukturelle Pragmatik als auch einen Bruch derselben zu verfolgen. Irritation macht Dinge spannend, bringt uns zum Nachdenken oder Schmunzeln. Was ich in all meinen Projekten suche ist Nutzer:innenflexibilität. Meistens in Form eines robusten Grids, der sich immer wieder neu aneignen lässt. Für mich ist nachhaltig, was man gerne ansieht und dadurch auch gerne und langfristig nutzt. So möchte ich in meiner Architektur keinen Werkstoff per se ausschließen, entscheidend ist ein materialgerechter Umgang damit.

Durch den Wettbewerbsgewinn im April 2021 sind Türen aufgegangen. So wurden wir zu selektiven Wettbewerben und Studienaufträgen eingeladen und durften vergangenen Winter zwei temporäre Rauminstallationen realisieren. Ein weiteres Vorhaben, an dem ich im Moment beteiligt bin, ist das Forschungsprojekt „Beyond the Biennale“ der Universität Liechtenstein. Eine Publikation, welche den Mehrwert und die Nachhaltigkeit dieses Events in Venedig untersucht.

Die Teilnahme am Diskurs sowie das Durchblättern von Juryberichten sind mir wichtig, auch um den eigenen Standpunkt einzuordnen. Den gesunden Umgang mit Konkurrenz empfinde ich als förderlich, um selbst auf der Matte zu bleiben. Architektur ist kein Sprint. Man muss sich die eigenen Kräfte gut einteilen. Derzeit sind wir bei BothAnd zu viert und jede:r bringt seine eigene fachliche Expertise mit. Das schätze ich überaus. Ich bin eine Teamplayerin und in gewisser Weise der Satellit, der mit allen in Verbindung steht. In unserer Zusammenarbeit gibt es keine Hierarchie. Wir ergänzen uns, kommen aus derselben Generation und sind alle gleichermaßen involviert wie motiviert.

Seit 2016 lehre ich an der Universität Liechtenstein am Institut für Architektur und Raumentwicklung in den Entwurfsstudios. Das empfinde ich als große Bereicherung. Es ist ein Wunsch von mir, weiterhin in der Lehre tätig zu sein und mit unserem Büro auch hier in Vorarlberg einmal mit einer Zweigstelle Fuß zu fassen.“

Das 2021 von Bianca Anna Boeckle in Zürich gegründete Büro BothAnd Architecture GmbH ist bislang vor allem durch Wettbewerbsbeiträge aufgefallen. Derzeit in Planung ist unter anderem eine Schulerweiterung mit Dreifachsporthalle in der Schweiz. Neben ihrer Tätigkeit als Architektin unterrichtet und forscht die Vorarlbergerin an der Universität Liechtenstein.
»nextroom fragt« junge Architekt:innen. Sie wählen Orte aus, um dort mit Ella Felber und Silvester Kreil über die Wichtigkeit und Dringlichkeit von Architektur zu sprechen. Warum macht Ihr Architektur? Wie wollt Ihr sie produzieren?

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