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Begegnung am Wienfluss – joyjoy studio verortet sich
Begegnung am Wienfluss – joyjoy studio verortet sich, Foto: Silvester Kreil

Felix Zankel und Jakub Dvorak, die Gründer von joyjoy studio

19. Juli 2022 - Ella Felber, Silvester Kreil
„Innerhalb von Minuten ändert sich die Umgebung, und auch deine Wahrnehmung, plötzlich bietet die Stadt etwas Natürliches und Unprogrammiertes. Genau solche Orte wie hier am oberen Wienfluss brauchen Städte und ihre Bewohner:innen. Auch in der Architektur muss es mehr dieser Qualitäten geben.

In unserer Arbeit geht es meist darum, innerhalb bestehender Volumen, den Raum zu lesen und andere Antworten zu suchen. Bekommen wir die vermeintlich klare Aufgabenstellung ein neues Haus zu bauen, hinterfragen wir im Dialog mit unseren Bauherr:innen, ob sie das auch wirklich wollen oder ob es nicht auch eine geschicktere Lösung gibt. Oft genügen ein paar kleine Maßnahmen, um Räume soweit zu ändern, dass sich die Nutzer:innen darin wieder wohl fühlen. Im Laufe der Gespräche können wir oft beobachten, wie sich vermeintlich klare Wünsche, und auch das Raumverständnis ändern. Gemeinsam können wir dadurch eine Designstrategie entwickeln, die auf die tatsächlichen Bedürfnisse antwortet und zugleich Budget und Ressourcen schont. Um Architektur und ihre Problemstellungen neu sehen und beantworten zu können, hinterfragen wir immer wieder unsere eigenen Überzeugungen, und löschen auch einmal Gelerntes.

Im Moment arbeiten wir an einer Serie von 15-20 Ideen für Wien. Wir thematisieren in kleinen Vorschlägen Qualitäten, die der öffentliche Raum bieten könnte, wenn wir uns erlaubten, ihn anders zu denken und bestehende Flächen anders zu nutzen. Obwohl sie aus heutiger Perspektive noch nicht umsetzbar sind, können unsere Visionen als Besprechungsbasis für eine Weiterentwicklung mit zusätzlichen Akteur:innen dienen. Wir erforschen die Potenziale der Straße und leerstehender Souterrain- und Erdgeschoßflächen, sowie Wechselwirkungen zwischen Straßen und Häusern. Was bedeuten sie für das soziale Gefüge, die Nachbarschaft und das Zusammenleben? Wie kann Architektur dazu beitragen, dass eine neue Infrastruktur in der Stadt entsteht? Zum Beispiel ein Netzwerk von Mikroschulen in ungenutzten Souterrainflächen, die zur Straße hin geöffnet werden und die Raumressourcen der Schulen in der Umgebung erweitern könnten. Machen wir Garagen wieder zu Wohnungen, Büros oder kleinen Geschäften. Trauen wir uns, Flüsse, die unterirdisch durch die Stadt fließen, wieder an die Oberfläche zu holen. Was macht das mit dem Mikroklima und dem Straßenraum? Wir wollen dazu beitragen, dass die Stadt auch als konsumfreier Ort wahrgenommen und genutzt wird, und wir mehr nach Außen leben.

Wir glauben nicht, dass das konstante Sammeln von Überstunden die Architektur besser macht, also legen wir Projekte auch mal zwei Tage beiseite, um sie dann mit frischem Kopf weiter zu planen. Es hilft schließlich weder uns noch den Auftraggeber:innen, wenn wir unsere Arbeit nicht mit Freude machen.

Wir sind sehr interessiert daran umfassendere Projekte zu planen, aber lassen auch mal keine Architektur entstehen, wenn wir es für richtig erachten. Wir wollen einfach weiterhin Spaß an dem haben, was wir tun, ‘joyjoy’ eben. Wir entscheiden selbst bei welchen Debatten wir mitreden wollen – ob wir gehört werden oder nicht – und fänden es wichtig, dass Architekt:innen wieder lauter werden. Architektur hat einen großen Stellenwert in unserer Gesellschaft, doch das was momentan entsteht, wird zu sehr von Geld, vermeintlichen Regeln und Gewohnheiten dominiert. Statt linear irgendwohin zu rennen, sollten wir den Architekturprozess als Kreislauf sehen.“

Seit 2021 wird bei joyjoy studio Architektur als Teil einer lebendigen Umgebung begriffen. Jakub Dvorak und Felix Zankel, die beiden Gründer, erforschen und gestalten Projekte, die Visionen für den Stadtraum greifbar machen und arbeiten an Bauaufgaben im Bestand wie auch Wettbewerben.
»nextroom fragt« junge Architekt:innen. Sie wählen Orte aus, um dort mit Ella Felber und Silvester Kreil über die Wichtigkeit und Dringlichkeit von Architektur zu sprechen. Warum macht Ihr Architektur? Wie wollt Ihr sie produzieren?

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