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Begegnung vor der Fensternische – AKT verortet sich
Begegnung vor der Fensternische – AKT verortet sich, Foto: Silvester Kreil

Im Gespräch (v.l.n.r.) mit Fabian Antosch, Harald Trapp, Max Hebel und Lena Kohlmayr. AKT besteht weiters aus: Gerhard Flora, Adrian Judt, Julia Klaus, Phillipp Krummel, Gudrun Landl, Lukas Lederer, Susanne Mariacher, Christian Mörtl, Philipp Oberthaler, Charlie Rauchs, Helene Schauer, Kathrin Schelling und Philipp Stern.

4. Oktober 2022 - Ella Felber, Silvester Kreil
Vier der siebzehn Köpfe des Architekturkollektivs AKT treffen wir neben einem erst mal unscheinbaren Fenster im zweiten Wiener Gemeindebezirk.

“Exemplarisch für unser Arbeiten ist diese Nische in einer Schaufensterfront, die wir im Rahmen einer Ausstellung umgebaut haben. Durch das Verschieben des Außenfensters in den Innenbereich ändert sich die bestehende Raumgrenze – aus privatem Raum wird Stadtraum, also öffentlicher Raum. Wir arbeiten intensiv mit den Gegebenheiten vor Ort und wollen zeigen, wie Architektur Veränderungen herstellen kann. Eine solche Verschiebung ist auch für den Österreichischen Pavillon bei der Architekturbiennale in Venedig 2023 vorgesehen, die eine neue Zugänglichkeit schaffen und das Verhältnis zwischen Stadt und Biennale verändern soll.

Ein Ausgangspunkt von AKT ist die Arbeit von Architekt:innen zu hinterfragen: ‘Wir wollen anders zusammenarbeiten als es normalerweise im Architekturkontext passiert. Wir wollen eine andere Arbeit.’ Normative Abläufe zu prüfen und umzuinterpretieren, ist eine kontinuierliche Aufgabe für uns und Teil jedes ‘Akts’. Statt räumliche Situationen auszustellen, wollen wir sie herstellen und wie bisher selbst händisch bauen. Wir bringen gemeinschaftlich den Entwurfs- und Bauprozess zusammen und beobachten, wie Leute mit unseren räumlichen Setzungen umgehen, was sehr befriedigend ist.

Da wir bei AKT ohne gewinnorientierte Grundhaltung arbeiten, haben wir die Möglichkeit, kritisch und alternativ zu denken. Das muss man sich natürlich erst mal leisten können, finanziell, zeit- und energiemäßig. Grundsätzlich erarbeiten wir unsere Akte im Kollektiv zu siebzehnt. Die Vielstimmigkeit, die in den ersten Akten sichtbar wurde, besteht weiterhin, selbst wenn die letzten Akte aus einer gemeinsamen Idee entstanden sind. Unterschiedliche Meinungen und Gedankenstränge dürfen und sollen weiterhin bestehen – die Frage ist: Werden diese bloß zu einem schwammigen Konsens gebracht oder, um das Vorhaben zu schärfen, in gemeinsamen Diskussionen fruchtbar gemacht? In zweiterem liegt die große Stärke des Kollektivs. Dabei verarbeiten wir unsere Gedanken gleichzeitig zu Texten, die unsere Arbeit anleiten und begleiten.

Es bringt nichts, auf Wettbewerbe und Auftraggeber:innen zu warten. Die ersten Projekte haben wir selbst initiiert, ohne Honorar, die Existenz musste bisher anderweitig gesichert werden. Nun sind wir an den Punkt gekommen, an dem honorierte Projekte an uns herangetragen und erstmals mehrere Projekte parallel bearbeitet werden. Diese neue Situation bedarf neuer Organisationsstrukturen, wodurch sich das Kollektiv stetig im Kleinen verändert. Ein Büro mit 17 Personen zu starten, ist quasi unmöglich, das produziert inhaltliche und pragmatische Probleme. Außerdem wollen wir weiterhin eine Gegenposition zum typischen Arbeitsablauf im Architekturbüro einnehmen.

Beinahe alles, was im Architekturbüro produziert wird, muss verwertbar sein. Das ständige Wachstum lässt kaum mehr Zeit für andere Arbeiten. Beispielsweise, sich daran zu erinnern, dass Architektur weder Hintergrund noch Bühne ist, sondern etwas Zwischenmenschliches, das zwischen Menschen passiert. Wir wollen zu den Grundlagen zurückkehren, die in einem Büro nicht mehr diskutiert werden können, und anders mit Architektur umgehen lernen. Es geht darum, wie wir uns als Menschen auf der Erde verhalten. Die Klimakrise ist eine Auswirkung dieser sozialen Krise, die neue Antworten braucht: Wie wollen wir arbeiten? Wie wollen wir leben? Wie wollen wir bauen? Da muss es offensichtlich anders gehen. Und es geht immer auch anders.”

AKT ist ein Architekturkollektiv mit 17 Mitgliedern und Sitz in Wien. Auf der Suche nach dem Verhältnis von Menschen und Dingen, die gemeinsam Raum bilden, verstehen sie Architektur als Aktion und lebendige Kommunikation.
»nextroom fragt« junge Architekt:innen. Sie wählen Orte aus, um dort mit Ella Felber und Silvester Kreil über die Wichtigkeit und Dringlichkeit von Architektur zu sprechen. Warum macht Ihr Architektur? Wie wollt Ihr sie produzieren?

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