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Begegnung im Eigenheim – Mertelj Vrabič Arhitekti verorten sich
Begegnung im Eigenheim – Mertelj Vrabič Arhitekti verorten sich, Foto: Silvester Kreil

Matic Vrabič und Maša Mertelj

15. November 2022 - Ella Felber, Silvester Kreil
Am Stadtrand Ljubljanas steht ein beinahe fertiges Gebäude, in dem eine der Architekt:innen mit ihrer Familie lebt. Eine Baustelle, Beton, Glas und Erde überall.

„Dieser Steinbrocken bildet die Verbindung zwischen Gebäude und Natur. Das Haus endet, wo es endet, und dann beginnt die Natur. Das Konstruktionsmaterial schafft gleichzeitig den Raum: Sichtbeton außen und innen. Auch der Boden, Beton behandelt wie Terrazzo, mit Kieselsteinen aus der Save. Es war schwierig, eine Baufirma zu finden, die dieses Projekt annehmen wollte, da die Ausführung von hochwertigem Sichtbeton sehr anspruchsvoll ist. Schließlich gründeten wir unsere eigene. Wir organisierten alle Materialbestellungen selbst und mieteten Arbeiter anderer Baufirmen. Sollte ein weiteres Betonhaus gefragt sein, könnten wir die Firma reaktivieren.

Jedes Projekt sollte wie ein Organismus funktionieren. Wir erarbeiten ein klares Schema, in das alle Bedürfnisse einfließen. Für dieses Haus haben wir zwei Jahre lang gezeichnet und über 30 Varianten entworfen. Jetzt bauen wir eine relativ direkte Übersetzung der ausgewählten Skizze. Vier Kerne und drei Platten, räumlich simpel – das ist das Haus. Das Programm ist für uns nicht allzu wichtig, da es sich schnell ändern kann. Stattdessen arbeiten wir an qualitativ hochwertigen Räumen, die möglichst wenig definiert sind und auf vielfältige Weise bewohnt werden können. Bei diesem Projekt bedeutet programmatische Flexibilität zum Beispiel, nicht durch fixierte Lichtquellen eingeschränkt zu sein. Es gibt keine Deckenleuchten, außer im Stiegenhaus und in den Bädern.

Die eigens angefertigten Holzschränke dienen als Trennwände. Sie fassen die Räume im zweiten Stock und bieten Platz für Stauraum und Haustechnik. In einem anderen Szenario können sie an ihren Enden zusammengefaltet werden, sodass ein einziger, verbundener Raum entsteht. Das ist unsere Auffassung von verantwortungsvoller Planung: etwas Langlebiges zu schaffen, sowohl konstruktiv als auch in den Nutzungsmöglichkeiten. ‘Particular Pleasures’ finden sich in all unseren Projekten. Das Oberlicht im Bad zum Beispiel schafft eine besondere räumliche Qualität.

Gemeinsam mit Kolleg:innen, Ingenieur:innen und experimentierfreudigen Handwerker:innen suchen wir nach unkonventionellen, aber einfachen Lösungen, die nicht unbedingt teurer sind. In diesem Haus haben wir gemeinsam mit einem Tischler die Betonschalung vorbereitet, um die Türlaibungen auszulassen. Die Türen kommen demnächst und werden plan in die Wände eingebaut. Auch die Glasschiebefenster sind von uns entworfen. Nach zahlreichen Gesprächen haben wir einen motivierten Fensterbauer für die Umsetzung gefunden. Wenn wir gute Lösungen entwickeln, können wir diese erneut einsetzen. Im Moment sind wir zu dritt, aber je nach Projektlage schwankt die Größe unseres Büros. Bis zu fünf oder sechs Personen wären ideal, um mit derselben Präzision an unseren Projekten und ausgewählten Wettbewerben zu arbeiten. Ambitionierte Auftraggeber:innen und ein toller Bauplatz sind uns wichtiger als eine bestimmte Typologie. Auch einfache Aufgaben können sich zu tollen Projekten entwickeln. Wir untersuchen derzeit in Vergessenheit geratene Konzepte, die nach wie vor relevant, intelligent und einfach zu bauen sind. Das Bauen ist heute übermäßig bürokratisch und kompliziert geworden. Wir sind der Meinung, dass wir wieder einen Schritt zurück machen und die Dinge vereinfachen sollten, wo immer wir können. Darauf sollten wir bei künftigen Projekten achten.“

Mertelj Vrabič Arhitekti erarbeiten seit 2015 Innenräume, Ausstellungen und Möbel; gerade stellen sie ihr erstes Haus fertig. Von Ljubljana aus gestalten die Gründer:innen Maša Mertelj und Matic Vrabič gemeinsam mit Eva Gusel Wohnräume, die auf klaren Konzepten und durchdachten Details basieren.
»nextroom fragt« junge Architekt:innen. Sie wählen Orte aus, um dort mit Ella Felber und Silvester Kreil über die Wichtigkeit und Dringlichkeit von Architektur zu sprechen. Warum macht Ihr Architektur? Wie wollt Ihr sie produzieren?

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