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Wiens Krampf mit den Großprojekten
Der Standard

Beim 200-Millionen-Euro-Vorhaben Fernbusterminal stehen derzeit Klagen zwischen Stadt und Investor im Zentrum. Das Projekt könnte verkleinert werden. Auch eine Arena für 20.000 Besucher kämpft mit erheblichem Zeitverzug.

24. Januar 2024 - David Krutzler
Für die Stadt Wien sind es bedeutende Bauvorhaben, die Stadtregierung selbst spricht von „Leuchtturmprojekten“. Nicht umsonst war auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bei Präsentationen in den vergangenen Jahren anwesend, wenn es rund um den Fernbusterminal oder die Indoor-Arena für 20.000 Besucher Projektfortschritte zu verkünden gab. Zuletzt hielt sich der Stadtchef aber zurück: Das hängt auch damit zusammen, dass sich die Zeitpläne bereits um Jahre nach hinten verschoben haben. Und noch immer steht für die beiden Millionenprojekte, die über die städtische Wien Holding abgewickelt werden, kein Bautermin in naher Zukunft fest.

Beim Fernbusterminal nahe dem Stadion Center beim Handelskai ist derzeit überhaupt unklar, ob das Vorhaben so kommen wird, wie es vorgestellt wurde. Das im Jahr 2021 präsentierte Siegerprojekt sah einen zweigeschoßigen Busterminal mit umfassender Infrastruktur, 34 An- und Abfahrtsstationen sowie einer markanten, teils begrünten Dachkonstruktion vor. Ebenfalls Teil der rund 200 Millionen Euro teuren Pläne: ein rund 105 Meter hohes Hochhaus, das für eine Büro- und Hotelnutzung vorgesehen ist, sowie ein weiteres, langgezogenes Gebäude mit vier Obergeschoßen.

Im Oktober 2023 eskalierten aber aus finanziellen Gründen die Streitigkeiten zwischen der Wien Holding und der privaten Investorengruppe rund um Ariel Muzicant, die für den Bau und die Finanzierung des Gesamtprojekts aufkommen soll. Der städtische Konzern entzog den Investoren mit der Kündigung des Baukonzessionsvertrags die Verantwortung. Für Muzicant erfolgte die Kündigung „rechtswidrig“, wie er dem STANDARD sagte. Diese werde „mit allen Mitteln rechtlich bekämpft“. Und weiter: „Ich drohe nicht. Ich tue.“

Konkret läuft bereits eine Klage Muzicants auf Schadenersatz in Millionenhöhe. Das bestätigt auch die Wien Holding auf Anfrage. Derzeit würden auch die Anwälte des städtischen Konzerns Schadenersatzforderungen gegen die Investoren „prüfen“, wie ein Sprecher sagte. Es zeichnet sich ein Gerichtsstreit ab.

Garantie auf Realisierung

Trotz der Probleme weist die Wien Holding in einer Stellungnahme zum STANDARD darauf hin, „dass das Projekt Fernbusterminal auf alle Fälle realisiert wird – auch in immobilienwirtschaftlich schwierigen Zeiten“. Wie genau, lässt sie offen. Dabei gab die Holding noch im Oktober bekannt, dass „bis zum Jahreswechsel“ über die weitere Art und Weise der Projektumsetzung entschieden werde.

Diese selbstgesetzte Frist ließ man verstreichen. Das Projekt verzögert sich weiter. Die Holding verwies aber auf „konkrete Planungen“, den Bau ohne die Investorengruppe umzusetzen. Eine Möglichkeit ist dabei auch, dass die Holding nur den Bereich Fernbusterminal ohne das Hochhaus realisiert. Auf die Stadt kämen dann Kosten in Höhe von mindestens 80 Millionen Euro zu, wie Muzicant kritisiert. Zudem würden dem Stadtbudget auch Einnahmen aus dem Baurechtszins entfallen, die die Investorengruppe der Stadt gezahlt hätte. Muzicant bezifferte diesen mit zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr.

Event-Arena verzögert sich

Rund um den Bau der neuen Eventhalle für 20.000 Besucher in Neu Marx ist ebenfalls mächtig Sand im Getriebe, was Zeitplan und Realisierung betrifft. Auch für dieses Prestigeprojekt zeichnet die Wien Holding verantwortlich. Die hochmoderne Arena für Großevents wie Konzerte und Sportveranstaltungen soll die in die Jahre gekommene Stadthalle ersetzen. Zuletzt wurde aber im Oktober die Vergabe an den privaten Partner OVG Bristol vom Verwaltungsgericht Wien aus formalen Gründen aufgehoben.

Wie es weitergeht, ist ungewiss. Laut Wien Holding werden noch immer „die einzelnen Optionen für die weitere Vorgangsweise ausgearbeitet“, Konkretes gibt es nicht zu vermelden. Weitere Zeitverzögerungen sind aber absehbar: So dürfte es noch gar keinen Widerruf des Vergabeverfahrens nach dem Gerichtsurteil gegeben haben. Dieser sei „unseres Wissens noch nicht beschlossen“, hieß es von der Firma CTS Eventim, die erfolgreich Einspruch gegen die Vergabe an OVG Bristol eingelegt hatte. Eine Neuausschreibung ist noch nicht erfolgt. Der derzeit noch geplante Baubeginn 2025 wackelt gehörig.

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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