Bauwerk

Haus Reitsamer
HALLE 1 - Salzburg (A) - 2000

Keine Scheu vor großen Gesten

In bester Salzburger Lage punktet eine Villa des Architektenteams Halle 1 mit klaren Formen und räumlicher Präsenz

6. September 2000 - Franziska Leeb
Die Zeit der „großen Häuser“ scheint vorbei zu sein. Nicht, dass es keine überdimensionierten, schlecht proportionierten Einfamilienhausburgen mehr gäbe. Davon „zieren“ zahlreiche Exemplare die Stadtränder und Hanglagen. Was verloren gegangen zu sein scheint, ist eine gewisse Grandezza, mit der die guten Villen den Lebensstil ihrer Bewohner unterstreichen (oder überzeichnen). Umso mehr freut es, wenn wieder einmal über ein divenhaftes Geschöpf unter den freistehenden Häusern berichtet werden kann.

Geplant hat es das Salzburger Architektenteam Halle 1 (Projektteam: Gerhard Sailer, Heinz Lang, Kaspar Müller). Der Bauplatz in begehrter Wohnlage an einem der Abhänge des Gaisberges in Salzburg-Aigen scheint Ansporn für große Gesten gewesen zu sein. Auch wenn kein direktes Vorbild nachzuweisen ist, in Haltung und Ausdruck nimmt das Haus R. Anleihe bei so mancher berühmten Villa der klassischen Moderne. Es finden sich daran keine Spurenelemente älplerischer Versatzstücke und es könnte überall auf der Welt stehen. Es ist einzig der Topographie des Hanges verpflichtet und dem Lebensstil seiner Bewohner.

Das Haus wurde an Stelle eines bestehenden Gebäudes errichtet. Über der geräumigen Tiefgarage, die direkt an der Straße liegt, stapeln sich vier weitere Geschoße im Hang. Ihre Erschließung erfolgt im Gebäudeinneren über einen Lift und ein Treppenhaus an der Hangseite und seitlichen Freitreppen.

Von vorne betrachtet scheint sich der Baukörper aus gestapelten weißen Bändern und dazwischen liegenden Glasfeldern zusammenzusetzen. Der untere, breitere Gebäudeteil, wirkt wie ein Sockel, der das Haus fest im Berg verankert. In seinem Untergeschoß befindet sich eine Einliegerwohnung mit eigenem Zugang von außen; darüber liegt das Wohngeschoß mit vorgelagertem Balkon. Ein eigentlich nur als Fuge wahrnehmbares Oberlichtband hält Abstand zwischen dem breiten Sockel und dem darauf auflagernden, schmäleren Aufbau, der etwa drei Meter nach Süden auskragt. Auf dem Dach wurde ein gedeckter Freibereich eingerichtet, der größte Teil der Dachfläche dient als Terrasse. Trotz großer Offenheit aller Geschoße herrscht kein Mangel an Intimität, für die durch die massiven Balkonbrüstungen gesorgt ist.

Die Salzburger Architekten, die sich bereits mit zahlreichen Bauten im Salzburger Stadtbild manifestieren durften, bewiesen auch bei diesem Projekt einen guten Sinn für den richtigen Maßstab. Nicht nur zur unauffälligen Bescheidenheit braucht es eine sensible Hand, auch zur wohldosierten Größe.

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Michaela Reitsamer
Roland Reitsamer

Tragwerksplanung

Fotografie