Bauwerk

Haus im Weinviertel
Hochholdinger Knauer Architekten - Unterolberndorf (A) - 1999

Zeitgemäße Ergänzung

Tradition und Zeitgeist fügen sich bei einem vom Architektenteam hochholdinger. knauer geplanten Haus im Weinviertel sinnvoll zusammen

5. April 2000 - Franziska Leeb
Die ursprüngliche Siedlungsstruktur des kleinen Dorfes am Ostrand des Kreuttales war geprägt von einer bäuerlichen Gebäudetypologie.

In der Zwischenzeit sind die geschlossenen Zeilen der Gassenfrontenhäuser, wie fast überall anders in der Region auch, in ihrer Einheitlichkeit nicht mehr erhalten. Die traditionellen hakenförmigen Hoftypen vom Beginn dieses Jahrhunderts wurden häufig durch frei stehende Einfamilienhäuser ersetzt.

Genau das wollten die Bauherren von Gabriele Hochholdinger und Franz Knauer nicht. Sie wünschten sich zwar ein zeitgemäßes Wohnhaus, der bestehende kleine Hakenhof sollte als Reservefläche jedoch erhalten bleiben.
Ausgangspunkt für die Anordnung des Neubaues auf dem großen, nach hinten zum Grünland ansteigenden Grundstück war der ursprüngliche Abschluss des Hofes, der zusammen mit den benachbarten Hintaus-Gebäuden eine einheitliche Bebauungskante bildete.

Es gab hier die übliche Scheune und ein kleines Sommerhaus. Beide wurden - weil mittlerweile funktionslos geworden - abgetragen und durch das neue Haus ersetzt. An der Straßenseite wurde die unüberdachte Einfahrt in Fortsetzung des Bestandes überbaut und damit die Straßenfront zum Nachbarhaus hin geschlossen: Eine kleine Korrektur, der man nicht anmerkt, dass sie aus der Gegenwart stammt, die aber sowohl der Einheitlichkeit der Straßenfronten gut tut als auch den Innenhof perfekt von der Öffentlichkeit abschirmt.

Das neue Haus schließt also mit seiner Rückseite in den Hang gesetzt anstelle der früheren Nebengebäude die Anlage nach hinten ab.
Es besteht aus einem zweigeschoßigen Zimmertrakt und - dem Gelände folgend - einem etwas abgesenkten großen Wohnraum mit einer Glasfront zur Terrasse. Im Gegensatz zum sehr transparenten Gesellschaftsbereich des Hauses sind die privaten Zimmergeschoße in bergendes Betonsteinmauerwerk und Holz gehüllt. Die Eingangszone wird durch eine rote Scheibe markiert und von der Terrasse a bgeschirmt. Der um die Deckenscheibe des Erdgeschoßes laufende Stahlträger betont die Horizontale und wirkt als ausgleichendes Element im unebenen Gelände. An der Schmalseite kragt er als Pergola aus und überdeckt mit einem grünen Blätterdach und roten Glasfeldern einen intimen Freibereich.

Unter dem begrünten Flachdach des Wohn- und Essbereiches verläuft ein Lichtband, das eine Blickbeziehung in den hangaufwärts liegenden Obstgarten herstellt und Morgensonne in den Raum lenkt.
In Anlehnung an den einst hier bestehenden Stadel und an die Scheunen der Nachbarschaft, wurde das Obergeschoß aus Holz errichtet. An der Rückseite des Hauses gelangt man von diesem Geschoß aus ohne Niveauunterschied in den Garten, von dem aus gesehen das Wohnhaus wie die Fortsetzung der Landschaft erscheint.
Das als Niedrigenergiehaus konzipierte Gebäude ist mit einer kontrollierten Be- und Entlüftung ausgestattet. Die Zuluft wird über einen unter der Bodenplatte geführten Erdkanal vorgewärmt bzw. im Sommer gekühlt.

Im Winter wird über einen Wärmetauscher die Wärme der Abluft an die Zuluft übertragen. Sonnenkollektoren betreiben - im Bedarfsfall ergänzt durch Gas - die Niedertemperaturheizung. Aus ästhetischen Gründen entschied man sich für Vakuumkollektoren, deren flache Röhren so gut wie unsichtbar auf dem Dach des Holzkubus aufliegen.
Weitere umweltschonende Aspekte sind, dass sich der Neubau in den gewachsenen Verband einfügt und keine neuen Flächen am Ortsrand verbraucht sowie die Wiederverwertung von Abbruchmaterial.
Der ökologische Anspruch des Hauses steht jedoch formal nicht penetrant im Vordergrund, sondern ist nur eine von vielen Facetten einer modernen Wohnstatt, die der Umgebung Respekt zollt.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at