Bauwerk

Stadtmöblierung Krems
- Krems an der Donau (A) - 1997

Der Kremser Sitzbankerl-Streit

Schlicht und statisch stehen sie da, die neuen Kremser Bankerln des Leo Zogmayer. Doch so manchem missfällt das Moderne an den „Stadtmöbeln“. Irene Brickner machte einen Stadtrundgang.

8. Januar 2000 - Irene Brickner
Helles Holz und ein bisschen Edel- stahl, fast zu übersehen zwischen Biedermeierfassaden und Schaufenstern, Maronibratereien, Abfallkörben und Bäumchen in Lattenrost-Kübeln. Doch: „Das ist kein Parkbankerl, sondern ein Stadtmöbel“, erläutert Architekt Leo Zogmayer und setzt sich für's Foto auf eine der modernen Sitzgelegenheiten. Das Mädchen neben ihm hört zum Tratschen auf und betrachtet interessiert das Holz neben ihren Hosenbeinen.

Stadtmöbel - so der Kremser Stadtbaudirektor Wolfgang Krejs - sind „Objekte der Kleinarchitektur im öffentlichen Raum“. Im spanischen Barcelona wurde ein solches einheitliches Design-Konzept von der U-Bahn bis zur Telefonzelle durchgehalten. In der Donauuniversitätsstadt konzentriert man sich auf Mistkübel, Informationsstelen und Bänke, von denen 16 Stück schon aufgestellt worden sind: Neue kommunale Rastplätze von - wie Architekt Zogmayer betont - „wirklich städtischem Vokabular“.

Leider beherrschen in Krems diese Sprache nicht alle: So etwa Adolf Thurner, Sprecher der „Bürgerinitiative gegen die geplante Stadtmöblierung“. 826 Unterschriften in nur zwei Wochen haben er und seine Mitstreiter gesammelt und eine Protestversammlung durchgeführt. Die Unterschriften, sagt der Kommerzialrat, stammen von Menschen, die „Komfort mehr schätzen als eine schräge Sitzfläche“. Die „keine Steuergelder für diese Art subventionierter Kunst“ ausgeben wollen. Und überhaupt: „Die Bänke harmonieren nicht mit unseren liebenswerten, alten Kremser Fassaden.“


Verharrungstendenzen

Das war auch nicht die Absicht, entgegnet Architekt Zogmayer, der mit seinem Konzept den „Stadtmöblierungs“-Wettbewerb 1997 gewonnen hat. In Krems geboren, beschäftigt er sich schon lang mit der Baugeschichte seiner Stadt. Und stellt „eine Tendenz fest, in alten Formen zu verharren: Was später als im 19. Jahrhundert erbaut wurde, gefällt nicht“.

In Verbindung mit einer „braunen Vergangenheit“ habe dies schon zu ernsthaften Bausünden geführt. Etwa in den 70er-Jahren, als die alte Kremser Synagoge abgerissen wurde. Oder, als der in den 30er-Jahren erbaute Brauhof der Spitzhacke zum Opfer fiel - statt dessen steht jetzt ein gesichtsloses Einkaufszentrum an dem Platz.

Trotzdem sind Zogmayer und Krejs „etwas erstaunt“, dass sich jetzt wegen schlichter Holzbänke Protest regt. Doch: „Wir stellen uns dem Konflikt“, sagen beide mutig - und blicken der ersten Sitzung einer zu Vermittlungszwecken ins Leben gerufenen „Bürgerplattform“ mit Zuversicht entgegen. Der Streit um die „Stadtmöbel“, so meinen beide, beweise nämlich vor allem eins: „Im Grunde muss Krems eine glückliche Stadt sein.“

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