Bauwerk

Lugano Arte e Cultura
Ivano Gianola - Lugano (CH) - 2015
Lugano Arte e Cultura © LAC 2015 - Pixaround
Lugano Arte e Cultura © LAC 2015 – Foto Studio Pagi

Ein Kulturzentrum am See

Ivano Gianolas Projekt für Lugano

1. Oktober 2004 - Roman Hollenstein
Zwei Themen beherrschen derzeit den Architekturdiskurs: der skulpturale, Image prägende Solitär und das Bauen im Bestand. In diesem Spannungsfeld soll in Lugano das ehemalige Palace-Hotel, der vornehmste Zeuge der frühen Tessiner Tourismusgeschichte, zu einem Kulturzentrum erweitert werden. Das im Juli 2002 gekürte Wettbewerbsprojekt des für seine Um- und Ergänzungsbauten in Mendrisio, Plochingen und München bekannten Ivano Gianola aus Mendrisio umfasst sowohl ein Sanierungskonzept für die denkmalgeschützten Fassaden des Palace und dessen Umbau in ein Wohn- und Geschäftshaus als auch einen zeichenhaften Neubau - bestehend aus einem Theatersaal, einem Kunstmuseum und einer grossen Eingangshalle, die als Scharnier zwischen den kulturellen Polen, der Piazza am See und dem hangseitigen Park dienen soll.

Mit dem Bau könnte nach der Mitte Dezember stattfindenden Versteigerung der Palace-Ruine, die von einen Investor revitalisiert werden soll, begonnen werden. Dabei sind die erhofften Einnahmen von mindestens 20 Millionen Franken als Starthilfe für den auf gut 150 Millionen Franken veranschlagten Neubau gedacht. Doch nun droht dieses grösste Kulturprojekt des Tessins wegen des jüngst ins Spiel gebrachten, höchst wünschenswerten Kaufs der Villa Favorita um seinen Museumsflügel amputiert zu werden. Dass dies Gianolas Entwurf nicht nur inhaltlich, sondern auch in seiner städtebaulichen und architektonischen Aussage beeinträchtigen würde, zeigt gegenwärtig eine Ausstellung in der Villa Saroli in Lugano. Sie dokumentiert anhand von Plänen und Maquetten das von Gianola überarbeitete Projekt, dessen neues, teilweise in den Hang eingelassenes Volumen dasjenige des Altbaus weit übertrifft. An einem grossen Modell lässt sich der flexible Theatersaal studieren, der sich in ein Kino, in einen Kongressraum oder in einen Konzert- und Opernsaal verwandeln lässt. Mit zwei übereinander liegenden, entfernt an Herzog & de Meuron erinnernden Oberlichtgeschossen überrascht der Museumstrakt. Ohne diesen skulptural den neuen Platz vor dem Palace einfassenden Bauteil würde die auf erfrischende Weise von modischen Attitüden freie Anlage, die Elemente von Louis Kahn und Le Corbusier mit Ideen des Tessiner Rationalismus vereint, zum Fragment. Dabei gäbe es in Lugano mit dem städtischen und dem kantonalen Kunstmuseum, der Villa Malpensata und der Brignoni-Sammlung genügend Kunstinstitutionen, welche in den Galerien der Villa Favorita und des neuen Palace ideale Räumlichkeiten finden könnten.

Die Ausstellung ist bis 5. November montags bis freitags von 9 bis 11 Uhr 45 und von 14 bis 16 Uhr 45 zugänglich.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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