Bauwerk

Österreichisches Kulturinstitut
Raimund Abraham - New York (USA) - 2002
Österreichisches Kulturinstitut, Foto: David Plakke
Österreichisches Kulturinstitut, Foto: David Plakke

Wider dem gängigen Österreich-Image

Guillotine, lebender Lift oder gläserner Wasserfall - Zu Raimund Abrahams spektakulärer Fassade fällt jedem etwas ein. Eröffnet wird das Gebäude am 18. April.

15. April 2002
Hollein oder Abraham? Noch bevor am 16. Dezember 1992 die hochkarätige Jury des Wettbewerbs um den Neubau des Österreichischen Kulturinstitutes New York im Wiener Messepalast zur entscheidenden Sitzung zusammentrat, war bereits eine Entscheidung gefallen: Der Neubau würde weltweit Aufsehen erregen. Denn beide Projekte, die es aus einem Kreis von 226 Einreichungen in die fünfte und letzte Runde geschafft hatten, waren kühne Würfe für den gerade einmal 28,3 x 7,6 Meter Grundfläche umfassenden Bauplatz in Manhattan.

Doch nicht der Entwurf von Österreichs Stararchitekt und Pritzker-Preisträger Hans Hollein, sondern jener des seit langem in New York ansässigen Osttiroler Raimund Abraham hatte am Ende die Nase vorn.

Sein Entwurf stieß sofort auf ein großes, teilweise begeistertes Echo: „So ein Gebäude hat es in Manhattan seit mehr als 25 Jahren nicht mehr gegeben“, befand etwa Herbert Muschamp, der prominente Architekturkritiker der „New York Times“, „Man muss bis zum Seagram Building, dem Guggenheim und dem Whitney Museum zurückgehen, um Funktion und Konstruktion zu so einem kühnen expressionistischen Effekt vereint zu sehen.“

Ein Effekt, der durchaus nicht absichtslos war: „Mit seiner Fassade aus scharf geschnittenem Glas, das wie eine Klinge hinuntergleitet, scheint der Bau wie geschaffen dafür, das geläufige Image Österreichs als Heimat tänzelnder weißer Pferde, pausbäckiger Sängerknaben und mit Schlagobers überhäufter Mehlspeisen abzuschneiden“, urteilte die New York Times weiter.

Aus drei Elementen hat Abraham sein 80 Meter hohes und vermutlich rund 34,3 Mill. Euro teures Gebäude aufgebaut: Aus dem rückwärtig die ganze Breite des Hauses einnehmenden Stiegenturm (für den Architekten „Die Wirbelsäule“), aus dem Stützturm - dem zentralen Gebäudekern -, sowie aus dem vorgehängten Glasturm, der „Maske“.

„Sowohl der Stiegenturm wie auch die vorgehängte Glasfassade streben nach der Unendlichkeit“, erläutert Abraham die Grundidee des zwischen seinen Nachbarn eingezwängten Gebäudes. „Während der Stiegenturm nach oben strebt, fällt die durch die Glas- und Metallflächen in Schwebe gehaltene Fassade nach unten.“


Martialischer Eindruck

Tatsächlich macht die gläserne, gegliederte Fassade einen starken, martialischen Eindruck und fordert geradezu zu Assoziationen heraus. Guillotine oder Metronom, Fieberthermometer oder Skibindung, gläserner Wasserfall oder lebender Lift - Abrahams Gebäude zwingt die Betrachter offenbar zu Vergleichen. Er selbst sprach einmal von einer gebauten Stele, von einer Kreuzung zwischen Osterinsel-Skulptur und dem Dekor des Science-Fiction-Filmes Blade Runner. Nicht überliefert ist, wie ernst er diesen Vergleich meinte.

Auf 23 Stockwerken (und zwei Kellergeschoßen) hat Abraham Veranstaltungsräume, Büros, Besprechungszimmer, eine Wohnung sowie die Haustechnik untergebracht. Dank der nach hinten gelagerten Scherenstiege weisen die Etagen eine durchschnittliche Nutzfläche von 90 Quadratmetern auf. Eine Galerie, ein kleines Cafe, eine Bibliothek und ein für 75 Personen zugelassener Mehrzwecksaal sollen Raum für kulturelle Aktivitäten bieten.


Abschließende Terrasse

Die spektakulärsten Ausblicke bietet das Gebäude freilich erst weiter oben, im Arbeitsbereich: Das Besprechungszimmer ist wie eine Schublade aus der Fassade herausgezogen (den „Kopf der Figur“ nennt dies Abraham), und im 20. Stock befindet sich schließlich eine Terrasse, die im Sommer für Empfänge genützt werden kann. Der Blick ist atemberaubend.


Tipp:

Die Eröffnungsfeier beginnt am Donnerstag um 10.00 Uhr Ortszeit mit einer Begrüßung durch den Leiter des Kulturforums, Christoph Thun-Hohenstein. Ein Musik-Marathon mit dem Klangforum Wien bis weit nach Mitternacht beendet den Eröffnungstag.


Ö1 berichtet live von der Eröffnung des Austrian Cultural Forum: Konzertmitschnitte und Gespräche, präsentiert von Dorothee Frank, Wolfgang Kos und Christian Scheib.
18. April, 23.00 Uhr, Österreich 1

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