Bauwerk

Österreichisches Kulturinstitut
Raimund Abraham - New York (USA) - 2002
Österreichisches Kulturinstitut, Foto: David Plakke
Österreichisches Kulturinstitut, Foto: David Plakke

Ein Vorbild für Manhatten

In US-Medien wird das Österreichische Kulturforum in New York sowohl wegen seiner spektakulären Architektur als auch wegen seiner Funktion als staatlich finanzierter Vermittler von Kultur behandelt.

18. April 2002
Das Time-Magazin charakterisiert den Architekten folgendermaßen: „Niemand würde ihn als jemanden bezeichnen, der Kompromisse macht. Aus Protest gegen die Koalitionsregierung unter Beteiligung der Freiheitlichen Partei von Jörg Haider hat er kürzlich auf seine österreichische Staatsbürgerschaft verzichtet.“ Das Konzept des Architekten für das Bauwerk in Manhattan wird so beschrieben: "Das Design hat nichts von „Sound of Music“ an sich, außer wenn man an die Musik von Schönberg denkt. Es bezieht sich stattdessen auf Adolf Loos und Otto Wagner, die großen Persönlichkeiten der Wiener Moderne...". Das steil abfallende Profil des Gebäudes wecke allerdings Assoziationen an „einen Steilhang, auf dem Abraham in seiner Jugend vielleicht Ski gefahren ist.“.


Vorbildwirkung

Das schmale Gebäude wird von „Time“ sogar als mögliches Vorbild für weitere Projekte in Manhattan gesehen. „Die Stadt steht vor ihrer wichtigsten stadtplanerischen Entscheidung in vielen Jahren, nämlich was an Stelle des zerstörten World Trade Centers errichtet werden soll. Abrahams kleine Rakete eines Gebäudes zeigt nicht nur, dass Österreichs Kultur lebt sondern auch dass die City von New York vielleicht wieder neu geboren werden kann“.


Staatliche Kulturpolitik

Die New York Times hat in ihrer Wochenendausgabe über das österreichische Kulturinstitut ausführlich berichtet. Dabei porträtiert die Times die staatlich finanzierten Kulturinstitute von europäischen Ländern in New York und stellt dies den USA gegenüber, die die Kultur nicht als diplomatisches Instrument nützen. „Mit einer steilen durchschnittenen Glasfassade, die wie die Klinge einer Guillotine zu fallen scheint, ist das Österreichische Kulturforum eines der beeindruckendsten Gebäude, die in den vergangenen Jahrzehnten in New York errichtet wurden. Es ist auch eine dramatische, 29 Millionen Dollar teure Verkörperung, wie Nationen Kultur benützen um ihr Image aufzupolieren“.


Außenposten der Habsburg-Erben

„Kulturelles Prestige ist immer den Truppen und dem Handel gefolgt, als Maßstab für den Einfluss einer Nation“, schreibt die Times. Auch nach dem Zerfall des österreichisch-ungarischen Reichs 1918 habe die Förderung des künstlerischen Erbes dieser „kleinen alpinen Nation“ das kulturelle Ansehen bewahrt. Jahrzehntelang habe Österreich seine nationalen Kulturschätze wie die Staatsoper, die Wiener Philharmoniker und die Salzburger Festspiele beworben. Nun werde das Kulturinstitut in New York zu einer „überragenden neuen Außenstelle in Amerika“.


Gebaute Antwort auf Waldheim

Mit der Entscheidung zum Bau Mitte der 80er Jahre habe Österreich versucht, aus der internationalen Isolation auszubrechen, die durch die Enthüllungen über Bundespräsident Kurt Waldheim verursacht wurde, der in einer Armeeeinheit gedient hatte, die in Nazi-Verbrechen verwickelt gewesen sei. „Ein Weg um das Land in einem besseren Licht erscheinen zu lassen wäre die Errichtung eines architektonisch bedeutsamen Gebäudes im Zentrum von Manhattan, wurde entschieden“, so die New York Times.


Klischeefreie Zone

Das Magazin „The New Yorker“ lobt die Konzeption des schmalen hohen Gebäudes in der 52. Straße. „Splitter-Gebäude sind üblicherweise mittelmäßige Appartment-Häuser, die auf die Grundstücke von winzigen Stadt-Häusern gezwängt werden. Das 24-stöckige Österreichische Kulturforum....ist das erste ,Splitter-Gebäude', das eine ernsthafte Architektur darstellt. Das schmale Grundstück ist so brillant genutzt, dass man sich das Gebäude nirgendwo anders vorstellen kann“.

„Die Österreicher wollten ein Gebäude, das ein klischee-freies Bild ihres Landes zeigt“, meint der „New Yorker“. Der Architekt Raimund Abraham habe nach den alten Regeln New Yorks gebaut, wonach sich hohe Gebäude nach oben pyramidenförmig verjüngen. Das größte „visuelle Drama“ stelle die Front des Hauses mit Glas und Zink-Platten dar, die „den Himmel schneiden“.


Gefährliche Architektur

Das Zeitgeist-Magazin „Wallpaper“ bezeichnet das Gebäude des Kulturforums als „kreativen Block“. „Trotz einer zehnjährigen Verzögerung ...triumphiert Abrahams Design mit Leichtigkeit über andere Institutionen, die die ausländische Kultur bewerben wollen“, heißt es. Im Auditorium wird etwa ein Klavier über in der Wand gelagerte Schienen von der Decke nach unten auf die Bühne transportiert. „Ich wollte ein Gefühl der Gefahr“, wird Architekt Abraham zitiert. Das „Drama in seiner Architektur“ sieht er im „Zusammenprall einzelner Elemente“.

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Für den Beitrag verantwortlich: ORF.at

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