Bauwerk

Österreichisches Kulturinstitut
Raimund Abraham - New York (USA) - 2002
Österreichisches Kulturinstitut, Foto: David Plakke
Österreichisches Kulturinstitut, Foto: David Plakke

Here is Now

Das neue Austrian Cultural Forum in New York

23. April 2002 - Andrea Köhler
Wie eine Guillotine, findet der Architekt selbst, steche die schmale Zinkfassade ins Auge: Mit Raimund Abrahams exzeptionellem Gebäude in der 52. Strasse hat das Land der Marzipankugeln und Walzerhopser («New York Times») sein Trachten-Image auf einen Schlag korrigiert. Das nicht einmal acht Meter breite Gebäude des Austrian Cultural Forum sei, wie der Architekturhistoriker Kenneth Frampton bemerkt, das spektakulärste moderne Bauwerk New Yorks seit dem Seagram Building und Frank Lloyd Wrights Guggenheim- Bau. Schräg wie ein Keil in die Hochhauslandschaft von Midtown Manhattan gesetzt, ist der 24-stöckige Turm mit seiner symmetrisch geteilten Glasfassade jedenfalls weltweit als eine der grossen architektonischen Formleistungen der neunziger Jahre gepriesen worden. Nachdem Österreich mit der letzten Dezember eröffneten «Neuen Galerie» (und einem originalgetreu nachgebauten Wiener Kaffeehaus) den Jugendstil- Flair nach allen Massgaben gern gepflegter Klischees an der Upper East Side angesiedelt hat - selbst den Küss-die-Hand-Kellner hat man nicht ausgelassen -, ist nun zwischen der Fifth und der Madison Avenue ein avantgardistisches Aushängeschild zu bewundern, das auch die New Yorker zum Schwärmen bringt. Nach zehnjähriger Planungs- und Bauphase und endlosen Querelen österreichischer Provenienz ist das Austrian Cultural Forum, mit Beteiligung des Klangforums Wien und mit organisatorischen Anlaufproblemen, letzte Woche von Staatssekretär Franz Morak eröffnet worden.

Nachdem Österreichs Auslands-Kulturinstitute überall sonst auf der Welt geschlossen und in die Botschaften der jeweiligen Länder eingegliedert wurden, ist das New Yorker Forum das letzte Relikt einer Kulturpolitik, die sich der Staat eigentlich gar nicht mehr leisten kann oder will; der 30-Millionen-Dollar-Bau, der eine Bibliothek und ein Theater, Büro-, Ausstellungs- und Seminarräume und Wohnungen mit strenger, lichter Holz-, Stahl- und Glas-Innenausstattung beherbergt, überstieg schon die ursprünglich veranschlagten Kosten schätzungsweise ums Dreifache. Nun muss das ambitiöse Projekt natürlich auch von einem Programm flankiert werden, das die kühne Geste nicht nachträglich wieder blamiert. Unter dem Titel «Here is Now - Transforming Modernity» soll die Rolle der Künste im Zeitalter der Elektronisierung untersucht werden; mit einem Festival, bei dem bis zum Sommer über hundert Künstler mit Konzerten, Videoinstallationen, interdisziplinären Literaturveranstaltungen, einer Ausstellung über zeitgenössische österreichische Architektur und avantgardistischen Filmen vertreten sein werden, hat Leiter Christoph Thun Hohenstein keinen Aufwand und keine Kosten gescheut. Indessen hat Raimund Abraham seinem Land den Rücken gekehrt. Einen Monat bevor sein Gebäude eröffnet wurde, hat der seit dreissig Jahren in New York lebende Architekt die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen. Aus Protest, wie er der «New York Times» verriet, für Österreich und gegen eine Regierung, die mit dem kulturell inspirierten Land, dem er mit diesem Bau seine Reverenz erwies, dem Österreich der einstmals radikalsten Architekturprojekte der Welt, nichts mehr zu tun hat.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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