Bauwerk

Haus Tugendhat
Ludwig Mies van der Rohe - Brünn (CZ) - 1930

Der Lack ist ab

Das Museum für Angewandte Kunst möchte sich an der Rettung der Villa Tugendhat beteiligen.

6. Februar 2002
Stolz, weiß, modern. So präsentiert sich die 1929 von Ludwig Mies van der Rohe geplante und im Jahr darauf fertig gestellte Villa Tugendhat in Brünn. Von Ferne. „Da blättert alles ab, ob das der Lack, oder die Fassade ist. Selbst Wasser kommt durchs Dach“, zählt Pavel Liska die Mängelliste des einstigen Baujuwels auf.

Der Regensburger Museumsdirektor und Mitbegründer der Stiftung Tugenhat, bekennt, dass die Probleme noch nicht gravierend sind, „aber das hat sich angesammelt, das gilt es zu beheben und wenn man um die Bedeutung der Villa weiß, müsste man sich beeilen“. Immerhin gibt es neben den oberflächlichen Beschädigungen auch Probleme mit der Statik.


Weltkulturerbe

Im Dezember 2001 hat die UNESCO die Villa Tugendhat zum Weltkulturerbe erklärt. Das Einfamilienhaus setzte neue architektonische Maßstäbe, die noch heute der aktuellen Vorstellung modernen Wohnens entsprechen.

Die Stadt Brünn als Eigentümer hatte jahrelang die zur Erhaltung notwendigen finanziellen Mittel verweigert. Nun haben sich die Verantwortlichen dazu bereit erklärt, eine beträchtliche Summe zur vollständigen Rekonstruktion der Villa bereitzustellen.


Was kommt?

Nach der Renovierung soll der Bau zwar der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, jedoch unter erschwerten Bedingungen. Dadurch bestehe die Gefahr, dass dieses Haus von unschätzbarem architektonischen und kulturellen Wert zu einem kommerziellen Mausoleum verkommt, befürchtet man im MAK. „Es wird auch darauf ankommen, zu dokumentieren was man wie macht“, spielt Liska auf die unsachgemäßen Renovierungen der 80er Jahre an, die zum Teil für den momentanen schlechten Zustand des Gebäudes verantwortlich sind.


Offenes Haus

Peter Noever, der Direktor des Wiener Museums für Angewandte Kunst, beschwört den Geist des Gebäudes und seines Architekten. „Wenn man ihn richtig versteht, verschließt sich der Geist der Moderne nicht einer Neudefinition“, weist Noever die von ihm präferierte Richtung. Darin trifft er sich mit der Kunsthistorikern Daniela Hammer-Tugendhat. Die Tochter der ehemaligen Hausbesitzer, die vor den Nationalsozialisten fliehen mussten, wünscht sich ein Architekturzentrum für Symposien und Workshops. „Es müsste aber auch gewährleistet werden, dass das Gebäude zur einfachen Besichtung zugänglich ist“, so die Schwester des bekannten Ethik-Professors Ernst Tugendhat.


Alles ist offen

Ob die Stadt Brünn an einer internationalen Zusammenarbeit in Bezug auf die Villa Tugendhat interessiert ist, scheint nicht ganz klar. Ebenso wenig wie die Frage ob sich die Aufnahme in die UNESCO-Liste auch auf die Qualität der Renovierung und die anschließende Nutzung auswirken wird. Peter Noever und sein MAK hat jedenfalls Erfahrung im Umgang mit Bausubstanz der Moderne, betreut sein Haus doch seit einigen Jahren das Schindler-Haus in Los Angeles.

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