Bauwerk

Siedlung Steinacker
Hasler Schlatter Partner - Zürich (CH) - 2004
Siedlung Steinacker, Foto: Ralph Hut

Barrierefrei und wandelbar

Nicht nur hindernisfrei sollten die Bauten sein, sondern zusätzliche Lösungen für mehr Komfort, Wohlbefinden und Sicherheit aufweisen. Die Siedlung Steinacker in Zürich gewann unter diesen Vorgaben den Age Award 2005.

25. April 2006 - Martin Josephy
Bei der Wohnüberbauung Steinacker in Zürich Witikon (2002–2004) wurde eigentlich alles richtig gemacht. Für den Standort spricht die erhöhte Lage mit Blick über den Zürichsee auf die Albiskette und die Anbindung an eine städtische Buslinie, auch ist die unmittelbare Um-
gebung der Anlage noch nicht restlos verbaut. Mit fünf quadratischen Stadtvillen auf einer 1.15ha grossen Baurechtsparzelle haben die Architekten Hasler Schlatter Partner aus dieser Situation in mancher Hinsicht das Maximum herausgeholt: geschickt platzierte Baukörper, brauchbare flexible Grundrisse, guter Wohnungsmix, geringe Baukosten und somit realistische Mietpreise, durchdachte Integration von sozialen Einrichtungen. Wesentlich mitverantwortlich für diesen Erfolg sind die beiden Zürcher Baugenossenschaften ASIG und WSGZ, die das Projekt gemeinsam initiiert haben und nun im Verhältnis 3:2 getrennt verwalten.

Durchdachte Gliederung

Konsequent liegen sämtliche Wohnungen eines Hauses um die zentrale Erschliessung herum. Das ergibt eine grösstmögliche Ausnutzung der Fassadenfläche und eine gleichmässige Öffnung der versetzt angeordneten Gebäudekubaturen. Ebenso konsequent ist die vertikale Gliederung der Anlage: Unterirdisch ist die lang gestreckte Tiefgarage an alle fünf Blöcke angeschlossen; an einigen Stellen fällt gar Tageslicht in den potenziellen Angstraum. In den Erdgeschossen befinden sich keine Wohnungen. Stattdessen sind dort grosszügige, zur besseren Orientierung mit unterschiedlichen Farben gestaltete Eingangsbereiche, Abstellräume, Waschküchen und separat vermietete Bastelräume untergebracht, dazu in einem Haus ein selbst verwalteter Gemeinschaftsraum mit Küche, der allen Bewohnern der Siedlung offen steht.

Integration von Sondernutzungen

Über der gläsernen Sockelzone – je nach Situation durchsichtig oder matt – liegen in je vier Etagen insgesamt 75 Wohnungen mit 3.5 bis 5.5 Zimmern. Problemlos liessen sich in diese Struktur Sondernutzungen integrieren: Von Anfang an war in einem der Häuser ein Doppelkindergarten eingeplant, im ersten Stock mit direktem Zugang über eine Aussentreppe. Später kam in einem anderen Haus eine Pflegewohngruppe des benachbarten Pflegezentrums Witikon dazu. Hier können acht Frauen mit einer mittelschweren Altersdemenz in einem alltäglichen Umfeld leben und dennoch rund um die Uhr betreut werden. Absichtlich wurden für diese WG zwei Wohnungen mit unmittelbarem Ausblick auf die Bushaltestelle zusammengelegt – eine eher schwache, aber ganz wichtige Schnittstelle zur Aussenwelt. Grundsätzlich ist die ganze Anlage barrierefrei. Darüber hinaus werden bei konkretem Bedarf einzelne Bereiche an besondere Bedürfnisse angepasst. Das schafft langfristig einen besseren Bestand als ein vorab festgesetztes Kontingent von normgerecht rollstuhlgängigen Wohnungen.

Weitsichtig geplant

Für dieses weit reichende Engagement wurde das Projekt «Steinacker» mit dem Age Award 2005 der Zürcher Age-Stiftung ausgezeichnet. Mit einem durchgehend umgesetzten Standard berücksichtigt die Anlage die Bedürfnisse von Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen und bietet auf diese Weise ein paar nicht selbstverständliche Qualitäten: ein nachbarschaftliches Umfeld für eine tendenziell anonyme Bewohnerschaft, solide Gestaltung, angemessener Komfort. Entsprechend den Absichten der Bauherrschaft sind die Wohnungen etwa zu gleichen Teilen an junge Familien – zurzeit leben dort 62 Kinder – und an ältere Menschen vermietet. Vielleicht wurde damit ein Prototyp für das heutige Bauen und Wohnen im Niemandsland der Agglomeration formuliert – eine gute Leistung, zumindest wenn man davon ausgeht, dass diese Form der Stadterweiterung noch längere Zeit Bestand haben wird.
Zusatz:
Tätigkeitsbereiche der Age-Stiftung
Die Stiftung wurde 2000 gegründet. Ihre Tätigkeit gliedert sich in vier Bereiche zum Thema Alter und Wohnen: Investitionen in Projekte; Stipendien für Aus- und Weiterbildung in der Altersarbeit; Vergabe des Age Award für innovative Projekte; fünfjährliche Herausgabe einer wissenschaftlichen Untersuchung.
Weitere Informationen: www.age-stiftung.ch.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

Akteure

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