Bauwerk

Berufsschule Baden - Schulneubau und Sportkomplex
Burkard Meyer Architekten BSA - Baden (CH) - 2006
Berufsschule Baden - Schulneubau und Sportkomplex, Foto: Roger Frei
Berufsschule Baden - Schulneubau und Sportkomplex, Foto: Roger Frei

Elementbau-Kasten

Für die Berufsschule Baden erweiterten Burkard Meyer Architekten den bestehenden Armin-Meili-Bau mit einem sechsgeschossigen Schulhaus und einem Sportkomplex. Besonders beeindruckend ist die grosse planerische Leistung, die der Einsatz vorfabrizierter Betonelemente im Schulhaus forderte.

18. September 2006 - Katinka Corts-Münzner
Das Schulhaus an der Bruggerstrasse bildet den neuen architektonischen Auftakt für das Berufsbildungszentrum Baden. Burkard Meyer Architekten entwickelten ein Gebäude, in dem zeitgemässe Pädagogik und hohe Energiestandards umgesetzt werden und das gleichzeitig mit vorfabrizierten Elementbauteilen verhältnismässig schnell fertig gestellt werden konnte. Der 110 m lange, schmale Sechsgeschosser schliesst nördlich des bestehenden Fabrikgebäudes der ABB Turbo Systems AG die strassenbegleitende Bebauung bis zur Eisenbahnunterführung ab. An der südlichen Front des Gebäudes lädt der kleine, mit Zitterpappeln begrenzte Schmiedeplatz mit Sitzgelegenheiten und Trinkbrunnen zum Verweilen ein und schafft gleichzeitig als Entrée einen Durchgang zu den weiteren Gebäuden, die der Schule angegliedert sind. Das Schulhaus für 50 Mio. Franken wurde als Elementbau konzipiert, was eine anspruchsvolle Detailplanung bedingte. Es mussten beispielsweise alle gestalterischen, statischen und funktionalen Details – Lüftung, Elektro, Akustik – definiert sein, bevor die gezeichneten Elemente vorfabriziert werden konnten. Für das Schulhaus kamen insgesamt 3100 einzelne Elementbauteile in 200 verschiedenen Typen zum Einsatz. Die Treppenhäuser wurden als vertikale Elemente vor Ort betoniert. Sie bilden mit den innen liegenden, vorfabrizierten Betonstützen das statische System des Gebäudes. Neben den Anforderungen, die der nicht alltägliche Vorfabrikationsgrad mit sich brachte, musste auch die Montage sorgfältig geschehen, da die Betonoberflächen, wie zum Beispiel die mit Kanneluren versehenen Stützen und die glatten Decken in den Korridoren, im Schulhaus sichtbar bleiben sollten.

Mittig eingesetzte Cluster

Über eine parallel zur Bruggerstrasse laufende Rampe wird das Piano nobile, wie es auch im Meili-Bau zu finden ist, erschlossen (Bild 6). Hinter dem Eingang findet sich ein kleiner Festsaal (Bild 2), der zwei Geschosse hoch ist und für interne Anlässe genutzt wird. Der Boden ist hier wie im ganzen Gebäude mit hellem Fliesszement überzogen, die Deckenelemente reflektieren das Licht verstärkt, da der verwendeten Betonmischung Marmor beigefügt wurde. Die einzigen Farbakzente in diesem Raum sind die bronzenen Leuchtenunterzüge an der Decke und die rot eingefärbten Kanneluren der Betonstützen in der Gebäudemitte. Von diesem Empfangsraum gelangt man durch schmale Stützengänge und über die Treppenhäuser zu den Klassenzimmern. Für die Regelgeschosse wichen die Architekten vom üblichen Konzept ab, die Klassenzimmer entlang der Fassade aneinander zu reihen und in der Mitte des Gebäudes einen grösseren Gang oder auch einen Aufenthaltsraum zu gestalten. Für die Berufsschule entwickelten sie mittig liegende, verglaste Cluster, um die die verschiedenen Erschliessungsgänge verlaufen. Je vier miteinander verbundene und einsehbare Zimmer bilden mit einem Treppenhaus einen eigenen Brandabschnitt (Bild 5).

Aussenkorridore als Temperaturpuffer

In den Klassenzimmern liegen nahezu alle Installationsleitungen in den vorfabrizierten Decken- und Wandelementen. Das Sprinklersystem integrierten die Architekten in den unterhalb der Decke verlaufenden Leuchtenkanal. Doch nicht nur die Installationsleitungen wurden vor der Fabrikation eingeplant. In den Klassenzimmern wurde die Deckenuntersicht zusätzlich mit gerippten Vertiefungen versehen und diese mit Dämmstreifen für die bessere Raumakustik ausgelegt.
Auch die Minergie-Anforderungen konnten mit dem Konzept des Elementbaus erreicht werden. Über zentrale Steigzonen werden die Schul- und Büroräume mit Zuluft versorgt (Bild 4). Bewegungsmelder signalisieren einem elektromechanischen Konstant-Volumenstromregler die Nutzung des Raumes, wodurch die Frischluftversorgung aktiviert wird. Ist ein Raum über längere Zeit ungenutzt, sorgt eine kurze Luftspülung für eine ausreichende Luftqualität. An der Gangseite der Zimmer entweicht die Luft durch schallgedämmte Überströmungskörper in das Abluftsystem der Aussenkorridore. Diese sind nicht beheizt, sondern bilden Sommer wie Winter Temperaturpuffer zu den Klassenzimmern. Allerdings werden die Korridore von der Abluft der Klassenzimmer durchströmt und damit die Luft in den Gängen erwärmt. Im Treppenhausbereich wird die Abluft abgesaugt und gelangt durch Steigschächte zur Luftaufbereitungszentrale auf dem Dach. Mit den innen liegenden beheizten Warmräumen und den aussen verlaufenden Gängen, die als Wärmepuffer funktionieren, wurde ein energetisch kompakter Bau geschaffen.

Sonnenschutz im Glaskasten

Der im strengen Raster aufgebauten Neubaufassade ist nicht auf den ersten Blick anzusehen, dass auch hier mit vorfabrizierten Elementen gearbeitet wurde. Die Hülle aus grün schimmernden Sonnenschutzgläsern und den aus Baubronze speziell angefertigten Tragprofilen der Glasfassade wirkt im Tageslicht sehr geschlossen. Bei Nacht löst sich die Fassade optisch auf, wenn Licht durch den Glaskörper nach aussen dringt und den Blick auf die verglasten Schulzimmer freigibt. Der Stützenabstand an den südwestlichen Fassaden ist so gewählt, dass ein Grossteil der eingetragenen Sonnenwärme bereits über die Betonelemente abgefangen wird. Auf der Nordost-Seite stehen die Stützen weiter auseinander, um ausreichend Helligkeit in das Gebäude einzulassen. Die von beiden Seiten von Tageslicht erhellten Klassenzimmer müssen jedoch dank den vorgelagerten Korridoren nicht zusätzlich verschattet werden, können aber zum Beispiel für die Nutzung von Projektoren verdunkelt werden.

Integrierter Sportkomplex für die Schule

Zwischen Bruggerstrasse und dem sanierten Altbau fügten Burkhard Meyer Architekten zusätzlich über der neu erstellten Tiefgarage einen grossen Sportkomplex ein, der von Schülern und externen Vereinen genutzt wird. Bei diesem Gebäudeteil wird der fünfgeschossige Höhenversprung im Areal deutlich. Eine monumentale Treppe führt durch eine Gebäudeschlucht am betongrauen Sportbau entlang hinauf zum Eingang (Bild 8). Ein Aussensportplatz und zwei in der Höhe gegeneinander versetzte Multifunktionssporthallen ducken sich so in den Berg und den Geländeversprung, dass gegenüber dem Meili-Bau lediglich ein Eingangsgeschoss sichtbar bleibt. Die obere und hangseitig liegende Sporthalle wird über die Dachfläche aus Glas belichtet (Bild 7). Als Witterungs- und Blendschutz deckten die Architekten die Glasflächen mit in unterschiedlichen Grüntönen gefärbten glasfaserverstärkten Kunststoffgittern ab. Einen farblichen Kontrast dazu bildet die bereits im Schulhaus verwendete dunkelrote Farbe, die in den hellen, blendfreien Sporträumen für die Wände eingesetzt wurde.

Bau als Kunst statt Kunst-am-Bau

Auch für die Alte Schmiede auf dem Areal gibt es einen Nutzungsplan. Die Idee ist, die insgesamt für alle Gebäude anfallenden Kunst-am-Bau-Gelder in Höhe von 1.2 Mio. Franken nicht in die Einzelgebäude der Schule zu investieren, sondern damit die Alte Schmiede, eine filigrane Fachwerkkonstruktion aus Eisen, zum Ausstellungsraum umzunutzen. Der Backsteinbau von 1906 ist einer der letzten Industriezeugen aus der Gründerzeit der Brown, Boveri&Cie. Die Stadt übernimmt die stützenlose Halle mit Satteldach und Oberlicht von der ABB, eine Nutzung des kommunal schützenswerten Objektes für Schulräume ist aber wegen der Altlasten im Gebäude – polychlorierte Biphenyle in Mauerwerk und Boden – nicht möglich. Die dafür nötige komplette Sanierung würde etwa 3 Mio. Franken kosten und gleichzeitig grosse Eingriffe in die Substanz des Gebäudes fordern. Diesen Herbst finden genauere Bodenuntersuchungen zur Bestimmung der Kontaminationsstärke statt. Anfang 2007 fällt der politische Entscheid, ob das Vorhaben für einen Ausstellungsraum verwirklicht werden kann. In einem zweistufigen Wettbewerb mit Präqualifikation könnte dann im Frühjahr eine künstlerische Arbeit für die Ausstellung im Gebäude gewählt werden.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch