Bauwerk

Schulhaus Baumgarten
pool Architekten - Buochs (CH) - 2004
Schulhaus Baumgarten, Foto: Christof Hirtler
Schulhaus Baumgarten, Foto: Christof Hirtler

Das Haus als Dachlandschaft

Ein Schulgebäude von Pool Architekten in Buochs

2. Februar 2007 - Hubertus Adam
Seit Jahren verzeichnet die Nidwaldner Ortschaft Buochs einen Bevölkerungszuwachs. Doch nicht in erster Linie diese Tatsache war Grund für den Neubau eines Schulhauses, sondern ein verändertes pädagogisches Konzept. «Integrativer Unterricht» lautet das Stichwort. Gemeint ist damit die Abkehr vom Prinzip des Frontalunterrichts, bei dem die Reihen der Schultische auf das Lehrerpult ausgerichtet sind. Zeitgenössische Lehrformen bedürfen informellerer Raumbereiche, und so werden die Klassenzimmer durch flexibel nutzbare Gruppenräume ergänzt.

Es hat lange gedauert, bis derlei Gedanken, die im Reformschulbau der dreissiger bis siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts durchaus schon Anwendung fanden, zu neuem Leben erwachten. So bemerkenswert viele der hierzulande in den letzten zwei Dezennien errichteten Schulen in architektonischer Hinsicht auch sein mögen: Ihre Raumorganisation zeigt selten mehr als Konvention. Erst in jüngster Zeit macht sich ein Umdenken bemerkbar, wie etwa das Volta-Schulhaus von Miller & Maranta in Basel oder das Schulzentrum Im Birch im Zürcher Stadtteil Neu-Oerlikon beweisen.

Dass sich Innovationen nicht allein in Städten ereignen, dafür ist das Schulhaus Baumgarten in Buochs ein guter Beweis. Der über mehr als ein Jahrhundert gewachsene Schulkomplex staffelt sich mit fast einem Dutzend Bauten südlich des Dorfplatzes am Hang empor und bildet einen lockeren, scheinbar planlos gewachsenen Campus. Weil sich einige Gebäude in einem schlechten Zustand befanden und mit Provisorien schon seit längerem der Raumnot begegnet wurde, entschied man sich 2003 - anlässlich der Einführung des integrativen Unterrichts - für einen Neubau. Den Architekturwettbewerb gewannen im Folgejahr Pool Architekten aus Zürich, die unlängst durch die im Wohnungsbau Massstäbe setzende Siedlung Leimbach sowie den Umbau des Locherguts die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit gefunden haben. Das neue Schulhaus überzeugt durch ein intelligentes räumliches Konzept. Während die nach Norden und Süden orientierten Räume des Erdgeschosses - Saal, Administration, Sonderräume - von einem mittigen Korridor aus erschlossen werden, fehlt eben dieser im Obergeschoss. Hier schiebt sich zwischen die jeweils vier zu den Längsseiten hin orientierten Klassenzimmer der Unter- und Mittelstufe eine Zone aus Gruppenräumen, so dass sich eine flexible Clusterstruktur aus Räumen ergibt; quergelagerte, über Treppen erreichbare Erschliessungszonen lassen gleichsam zwei Häuser im Haus entstehen.

An die Stelle der Sichtbetonästhetik heutiger Schweizer Architektur lassen Pool einen Materialmix treten. Der mit sägerohen Brettern geschalte Beton trifft auf Holz und Klinker, auf Putz und Glas. Nach dem Shedprinzip gliedert sich die zweigeteilte, aufgefaltete Dachlandschaft in zwei Zonen und versorgt die Zwischenzone der Gruppenräume mit Tageslicht. Gläserne Türen verbinden die Räume miteinander, bei Bedarf gewähren Vorhänge die nötige Abschirmung. Die expressive Dachformation nimmt dem Richtung Osten in einer zweiten Bauphase zu erweiternden Volumen die Wucht. Nicht zuletzt reagiert es auf die von den Bergen bestimmte Topographie: Jenseits der Bucht des Vierwaldstättersees erhebt sich der Bürgenstock, während im Westen der Gipfel des Pilatus das Panorama dominiert.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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