Bauwerk

Umbau Kunstmuseum Basel und Laurenzbau
Annette Gigon / Mike Guyer - Basel (CH) - 2007

Öffnung, Ordnung, Dialog

Der Umbau des Kunstmuseums Basel von Gigon/Guyer

12. September 2007 - Lutz Windhöfel
Als 1936 die Öffentliche Kunstsammlung Basel ihren Neubau am St.-Alban-Graben bezog, standen die politischen Zeichen auf Sturm. Auch der Konflikt zwischen Moderne und Tradition, den die Kulturgeschichte bis heute dramatisiert, konnte an einer Stadt kaum vorbeigehen, die den wertkonservativen Kunsthistoriker Jacob Burckhardt ebenso hervorbrachte wie den marxistischen Architekten und Bauhaus-Direktor Hannes Meyer. Der Bau, den letztlich der Basler Architekt Rudolf Christ zusammen mit seinem Stuttgarter Kollegen Paul Bonatz realisierte, ist ein massiver Steinkörper mit italienisch anmutender Eingangsarkade, der sich um zwei offene Höfe legt. Die Erschliessung ist weitläufig, und die Ausstellungssäle haben eine lineare Raumdisposition. Die Böden sind aus hellgelben bis graublauem Kalkstein und das Parkett aus versiegelter Eiche. Hier wie bei den Hoftüren und Panoramafenstern in Rahmen aus Baubronze arbeiteten die Architekten bewusst mit der Solidität und Qualität des Materials. Tradition und Moderne waren keine Antagonismen, sondern Faktoren zeittypischer Formgebung.

Als die Mäzenin Maja Oeri 1999 dem Kunstmuseum das palastartige, 1926 errichtete Nachbarhaus schenkte, bedeutete dies für das Museum einen Flächengewinn von rund 2000 Quadratmetern. Den Wettbewerb für Umstrukturierung und Zusammenführung der beiden Häuser gewann 2001 das Zürcher Büro Gigon/Guyer. Der etappierte, rund 18 Millionen Franken teure Eingriff begann 2004 und konnte jetzt abgeschlossen werden. Im «Laurenz-Bau» (der ehemaligen Nationalbank) sind nun Verwaltung und Direktion des Museums, das Kunsthistorische Seminar der Universität und die öffentliche Kunstbibliothek untergebracht, wobei sich die unterirdischen Tresorräume mit ihren 1000 Quadratmetern als Magazin (für Bücher und Bestände der grafischen Sammlung) geradezu anboten. Der frei gewordene Platz im Stammhaus konnte für neue Arbeitsräume des Kupferstichkabinetts (bisher im Untergeschoss oder beengt mit der Bibliothek verbunden), für eine erweiterte Ausstellungsfläche von 760 Quadratmetern in Zwischengeschoss und Parterre, für eine Buchhandlung und für ein Café-Restaurant zur Verfügung gestellt werden.

Der Eingriff von Gigon/Guyer steht im Zeichen von Öffnung, Ordnung, Dialog und ist im konstruktiven Sinn denkmalpflegerisch. Das Zwischengeschoss um den hinteren Innenhof wurde als Rundgang erschlossen und für die Sammlung geöffnet. Hier zeigt man Werke von Picasso, Rouault und Jawlensky aus der Sammlung «Im Obersteg». Der analoge Raum im Parterre, der bisher als Café und als Erschliessung des universitären Bereichs diente, ist zu einem Ort für die Minimal Art mit Werken von Nauman, Judd und Stella geworden. Angrenzend befindet sich neu auch der Bookshop. Die meisten Möbel sind prototypische Entwürfe, wobei der Kassenkorpus in dunkelbraun lackierter Buche gehalten ist, während die Bibliothekseinbauten im Laurenzbau aus schwarz gestrichener Akazie bestehen.

Das Parterre des rechten Eingangsflügels wurde völlig umgebaut. Die Räume der ehemaligen Bibliothek sind zu einer mäandrierenden Enfilade von vier Ausstellungssälen geworden. Zur Eröffnung zeigt man hier Werke von Judd, Warhol, Rauschenberg, Johns und Twombly, von Claes Oldenburg, Lichtenstein und Ryman, von Stella, Richard Artschwager, Gerhard Richter, Richard Prince, Thomas Ruff und Jeff Wall. Die kleinen Fenster im ehemaligen Bibliothekskorridor hat man zu bodenlangen, mit Baubronze gefassten Fenstertüren vergrössert. Der schlanke Raum wurde zu einem Restaurant, das sich grosszügig zum Eingangshof öffnet und Pariser Bistro-Flair verströmt. Hier entstand auch ein neuer Strasseneingang. Die Bar im Entrée nimmt mit einer Messingverkleidung bewussten Materialbezug zum Altbau.

Im Eingangssaal des Museums wird die Philosophie des Eingriffs augenscheinlich. Der Raum wurde bis auf das kubische, dunkle Kassenmöbel und ein Sofa leer geräumt. Die Decke erhielt schlanke Neonröhren, die sich zu minimalistischen Lichtrastern addieren. Und die eleganten Pfeiler an den Schmalseiten stehen mit ihren rosafarbenen Kalksteinplatten vor hausinternen Verbindungsbrücken, wie man diese von Schiffen kennt. Diese Modernität hatte das Haus schon bei der Eröffnung 1936.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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