Bauwerk

Temporäre Kunsthalle Berlin
Adolf Krischanitz - Berlin (D) - 2008
Temporäre Kunsthalle Berlin, Foto: Jürgen Henkelmann / ARTUR IMAGES
Temporäre Kunsthalle Berlin, Foto: Jürgen Henkelmann / ARTUR IMAGES

Die Halle zwischen Palast und Schloss

Am Dienstag hat, wie berichtet, der Berliner Senat die Errichtung eines Raums für zeitgenössische Kunst nach einem Entwurf von Adolf Krischanitz entschieden. Pate stand die Kunsthalle in Wien.

3. November 2007 - Katrin Feßler
„Wir wollen eine Kunsthalle für Berlin bauen“, kamen 2006 bei einem Symposium in Köln zwei junge Frauen auf den Wiener Kunsthallen-Direktor Gerald Matt zugestürmt. Über zwei Jahre später - wenn 2008 der Palast der Republik komplett abgerissen ist - wird dieser Wunsch am Schlossplatz Wirklichkeit geworden sein.

Coco Kühn und Constanze Kleiner heißen die zwei konsequenten Initiatorinnen, die mit ihrem Elan auch einige Museumsdirektoren von ihrem Vorhaben überzeugen konnten. Neben dem Leiter des k21 in Köln, Julian Heynen, sitzt auch Gerald Matt im künstlerischen Beirat der temporären Kunsthalle Berlin. Dieser fand die Idee „frech“, erinnert er sich: „Mir hat das gefallen, weil der Schlossplatz tabu ist. Es ist einer der symbolpolitisch wichtigsten Orte in Deutschland.“ Allein über den Abriss des Palastes der Republik und den Wiederaufbau des Stadtschlosses (dem die Kunsthalle 2010 wieder weichen muss) am zentralsten Platz der Hauptstadt wurde jahrelang wild diskutiert. „Beim Protest gegen den Abriss ging es vielen aber nicht um Nostalgie, sondern um den Palast als kulturellen Spielort“, so Kleiner zum Standard.

Dass Berlin, die „Kulturhauptstadt Europas“, einen weiteren Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst dringend nötig hat, leugnet niemand. documenta-Leiter Roger Buergel bezeichnete in einem Interview die „Kunststadt von Weltrang“ aber als nicht eingelöstes Versprechen: „Das hat vor allem mit diesem furchtbaren Gemauschel von Sammler-Mafia und Museums-Establishment“ zu tun. „Und damit, dass es für die zeitgenössische Kunst nichts gibt, das die Berliner Szene spiegelt.“

„Gewinnung“ eines Kubus

Wie hungrig man in Berlin nach neuen Ausstellungsorten ist, zeigte der Erfolg der Ausstellung Fraktale im Herbst 2005 im Palast der Republik, wo obendrein die Idee der Kunsthalle Berlin geboren wurde. Von der riesigen Skulptur, einem weißen leeren Würfel im Zentrum des Gebäudes, sprach man noch nach Wochen: „Warst du schon im White Cube?“ Auch Kleiner und Kühn gehörten zu den Begeisterten. Entgegen jeder organisatorischen Vernunft schafften sie es, binnen drei Wochen den Kubus als Ausstellungsort zu gewinnen. „Die Ausstellung haben die Künstler sich dann selbst organisiert“, erzählt Kleiner, der Raum habe sich wie von selbst gefüllt.

Diese unbürokratische Abwicklung von Projekten soll auch beim „White Cube“ großgeschrieben sein. Auch das soll helfen, die Kosten für den laufenden Betrieb so gering wie möglich zu halten. Denn die Stiftung Zukunft Berlin, hinter der Dieter Rosenkranz und Volker Hassemer stehen, deckt zwar die etwa 850.000 Euro teuren Errichtungskosten des dank Holz- statt Stahlkonstruktion sehr günstigen Baus, aber die 500.000 Euro Betriebskosten können vermutlich nicht allein durch Einnahmen bestritten werden.

Freilich wäre das lange favorisierte Konkurrenzprojekt „Wolke“ des Berliner Büros Graft die prestigeträchtigere Variante gewesen. Allein, der Bau hätte acht Millionen Euro verschlungen. Beim Krischanitz-Entwurf soll hingegen die Kunst, nicht die Architektur der wahre Hingucker sein.

In Erinnerung an den Wiener Karlsplatz, wo die für das Berliner Projekt patestehende „Schachtel“ steht, erzählt Krischanitz: „Die Stadt hat zwar den Platz ausgesucht, aber dann die Hosen vollgehabt. Man hat sich niemals gedacht, dass sich an einem solchen Ort etwas entwickeln kann, was mit Kultur zu tun hat ...“ Und heuer feiert die Kunsthalle ihren 15. Geburtstag.

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