Bauwerk

Residenz der Königlich Norwegischen Botschaft
Berger Parkkinen + Architekten - Wien (A) - 2007
Residenz der Königlich Norwegischen Botschaft, Foto: Gerald Zugmann
Residenz der Königlich Norwegischen Botschaft, Foto: Gerald Zugmann
1. Juni 2008 - Az W
Seit 1960 Jahren residiert die norwegische Botschaft in dieser Villa in Wien-Döbling, die 1923/24 nach Plänen von Jacques Oblatt errichtet worden war. Das Gebäude wurde im Laufe der Jahre mehrfach umgestaltet, am augenscheinlichsten 1939 und 1958, als es durch massive Eingriffe an der Fassade ein vollkommen neues Erscheinungsbild erhielt. 1968 ließ die norwegische Botschaft weitere kleinere Baumaßnahmen durchführen, die Pläne für einen gartenseitigen Zubau eines Speisesaals aus den 1980er Jahren blieben jedoch Projekt. Allgemeine Verschleißerscheinungen des Gebäudes, infrastrukturelle Mängel und unzureichender Komfort führten schließlich 2004 zum Entschluss, das Haus grundlegend zu sanieren und im Zuge dessen auch eine gartenseitige Erweiterung umzusetzen. Der Auftrag für das Gesamtkonzept erging an Berger + Parkinnen Architekten, die u.a. mit den Botschaften der skandinavischen Länder in Berlin positiv hervorgetreten waren.

Als im Zuge der Recherchen im Botschaftsarchiv originale Bestandspläne zum Vorschein kamen, waren sich Bauherren und Architekten rasch einig, dass eine möglichst getreue Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes lohnenswert sei. Mit der Fachkenntnis versierter Gewerke war eine Rückführung in den eleganten Urzustand des Gebäudes ohne gröbere Abstriche möglich; die Baywindows konnten ebenso wiederhergestellt wie die Ochensaugen im Mansarddach oder die schmiedeisernen Gitter der Balkone. Darüber hinaus versuchten die Architekten in aller gebotenen Zurückhaltung, Wiener Wohnkultur auch im Inneren des Hauses wieder aufleben zu lassen.
Auch der gartenseitige Anbau mit einem Speisesaal für rund 20 Personen geht gedanklich von der Substanz aus und stellt die bislang fehlende Anbindung an den Garten in einem kunstvoll inszenierten Stiegenabgang her. In einem an Duchamp gemahnenden Bewegungsakt steigt man eine teils verspiegelte, teils verglaste Treppe hinab, sodass herkömmliche Raumgrenzen mehrfach gebrochen und aufgelöst werden. Diese Brechungen zwischen Innen- und Außenraum sind auch im mit Kupfer verkleideten Speisepavillon selbst ein Thema, dessen Wandscheiben eine ambivalente (je nach Standpunkt eher geschlossene oder eher offene) Raumfigur bilden. Die Glasfronten an der dem Garten zugewandten Seite des Speiseraums lassen sich zu einem Vorbereich mit altem Kirschbaum öffnen, ein kleiner Pfad lädt zum Lustwandeln im Garten ein. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass in diesem Setting ein diplomatischer Festakt in ungezwungener Atmosphäre ausklingt, dass Gäste hier nicht nur gepflegt Konversation betreiben, sondern auch einen überaus angenehmen Abend verbringen können. (Text: Gabriele Kaiser)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at