Bauwerk

Santander Consumer Bank
HPP - Mönchengladbach (D) - 2006
Santander Consumer Bank, Foto: Jochen Stüber
Santander Consumer Bank, Foto: Jochen Stüber
Santander Consumer Bank, Foto: Jochen Stüber

Stadthaus

Wenn eine internationale Bank ihre Deutschlandniederlassung nicht in die Finanzmetropole legt, sondern sich in die Provinz begibt, dann muss sie ihren Mitarbeitern schon etwas Besonderes bieten – zumindest einen attraktiven Arbeitsplatz und ein angenehmes Arbeitsumfeld. Wie ein solches aussehen und dabei auch noch neuesten Erkenntnissen über optimale Bürostrukturen entsprechen kann, lässt sich am Fuß des Abteibergs erfahren.

9. April 2008 - Rainer Schützeichel
Die neue Firmenzentrale der Santander Consumer Bank in Mönchengladbach fällt gleich aus mehreren Gründen auf: Als Repräsentant des Bankhauses setzt sie sich in ihrer Materialität deutlich von den umliegenden, heterogenen Bestandsbauten ab; als Interpret einer städtebaulichen Situation greift sie vorhandene Bauhöhen auf, um den strukturellen Wandel einer Region nicht als Bruch, sondern als Chance darzustellen. Als Gehäuse eines komplexen Verwaltungsapparats steht sie außerdem als Großform in einem ansonsten kleinteiligen städtischen Kontext.

Die Bank wurde in den fünfziger Jahren als Finanzierungsgesellschaft in Mönchengladbach gegründet und gehört inzwischen zur spanischen Grupo Santander. Nach ihrer Fusionierung mit der Kölner AKB Bank im Jahr 2002 benötigte sie mehr Platz für ihre Mitarbeiter, deren bisher über die Stadtgebiete von Mönchengladbach und Köln verstreuten Arbeitsplätze zentralisiert werden sollten. Die Wahl des Standorts einer neuen Zentrale fiel auf ein innerstädtisches Konversionsgebiet im Ort der Firmengründung. Im Wesentlichen wurde die Entscheidung aus wirtschaftlichen Überlegungen getroffen – das Grundstück war schlichtweg günstiger als ein vergleichbares in der Kölner Innenstadt. Für die Stadt Mönchengladbach, in der die Spuren des industriellen Bedeutungsverlusts vielerorts gegenwärtig sind, geht es aber vor allem um einen Impuls zu weiteren Veränderungen. Im Umfeld des Neubaus zeichnen sich bereits erste, wenn auch zaghafte Bemühungen der baulichen Aufwertung des Bestands ab.

Mäander als urbane Form

Den im Jahr 2003 ausgeschriebenen Wettbewerb konnten HPP Hentrich-Petschnigg & Partner Architekten für sich entscheiden. Das Düsseldorfer Büro, das zu den Global Playern der deutschen Architekturlandschaft zählt und besonders im Bereich des Büro- und Verwaltungsbaus auf eine lange Erfahrung zurückgreifen kann, schlug eine mäandrierende, drei- bis viergeschossige Bebauung auf der ehemals von Industriebauten bestandenen Brachfläche vor.
Eine städtebauliche Ordnung kann an dieser Stelle kaum gefunden werden. Das Grundstück ist zweiseitig von Straßen begrenzt, auf die der Baukörper in unterschiedlicher Weise reagiert: Die Schmalseite im Osten folgt der Straßenflucht, was zu einem Knick in der orthogonalen Grundrissstruktur führt, während die Längsseite den Straßenraum im Norden durch Rücksprünge rhythmisiert. Hier zeigt sich das städtebauliche Potenzial des Mäanders im Äußeren. Lediglich einzelne Backsteinbauten zeugen noch von der früheren industriellen Prägung des Orts. Die Materialität der Firmenzentrale bricht mit dieser Reminiszenz. Das in Stahlbetonskelettbauweise errichtete Gebäude tritt seinen Nachbarn mit Glaselementfassaden entgegen. Neben dem vordergründigen Argument, Glas spiegele die Transparenz eines Unternehmens, kann die Motivation zum Materialwechsel als Zeichen des strukturellen Wandels gelesen werden, dem die Stadt und mit ihr die Region begegnen müssen: Die Schwere des Steins verschwindet, die vermeintliche Leichtigkeit von Glas ersetzt ihn. Der Wechsel des Materials repräsentiert so zugleich einen Wechsel der Marktpolitik.

Plätze und Wege

Der Mäander des Gebäudes – den man beim Durchlaufen desselben allerdings nur bedingt wahrnimmt – legt sich um vier glasüberdeckte Atrien. Sie gliedern das Gebäude zum einen in funktional einander zugeordnete Verwaltungsbereiche, zum anderen sollen sie durch ihre Gestaltung die Orientierung im Inneren erleichtern: Jedem Atrium ist eines der Elemente Holz, Luft, Wasser und Stein zugeordnet, das sich beispielsweise in der Möblierung oder, im Fall des Wassers, einem Brunnen widerfindet. Inspiriert sei dieses Konzept von spanischen Landschaften.

Vom westlichen Atrium ist das Restaurant zugänglich,
das Platz für 250 Gäste bietet. Die Mitarbeiter können hier wählen, in welchem Ambiente sie ihre Mittagspause verbringen möchten. Die Interieurs bewegen sich zwischen japanisch-minimalistischem Design und dem noblen Charme eines »fine dining«. Die Bereiche werden im offenen Grundriss durch Raumteiler voneinander getrennt.
Die Anlage des Gebäudes kann als Stadt in der Stadt gelesen werden: Die Atrien sind dann als Plätze verstanden, der Mäander der Büroeinheiten bildet die Platzwand der Bauten, wenngleich diese durch ihre gläserne Erscheinung recht durchlässig ist. Wie in einer Stadt sind die Atrien – die Plätze – wesentliche Bezugspunkte der Zirkulation. In jedem Atrium finden sich Aufzüge, in den Obergeschossen quert die sogenannte »Magistrale« die Atrien als Brücke (siehe hierzu auch Detailbogen S. 99). Von West nach Ost verlaufend durchzieht sie in gerader Linie das Gebäude und ermöglicht so die direkte Erschließung der Kreuzungspunkte, an denen sich die Verwaltungseinheiten treffen. Ein Vorteil: Sie gewährleistet eine schnelle Zielführung, und die Bürozonen bleiben frei von Durchgangsverkehr.

Thermisch sind die Atrien von den Innenräumen getrennt – erstere sind Mittler zwischen Außen- und Innenklima. Eine Fußbodenheizung erwärmt sie im Winter auf minimal 17 °C, Lüftungsklappen sorgen für den notwendigen Luftaustausch. In den Büros findet ein zweifacher Luftwechsel statt, Heizung und Kühlung werden über Konvektorenheizungen respektive akustisch wirksame Abhangdecken mit Quellluft-auslässen sichergestellt. Doppelböden sorgen für die Verteilung der technischen Installationen, durch die allseitige Verglasung fällt ausreichend viel Licht auch in die Kernbereiche der Etagen, das durch Sonnenschutz-lamellen und innen liegende Rollos dosiert werden kann.

Die Farbe der Santander-Corporate Identity durchzieht die Büroräume als roter Mosaikteppich, im Erdgeschoss und im Vorstandsbereich des dritten Obergeschosses setzen einzelne Möbel rote Akzente. Im Übrigen dominieren helle Böden und Decken; ausgewählte Bereiche wie Restaurant oder Besprechungsräume weisen Holz als Bodenbelag oder Wandverkleidung auf. Das Schwarz des Stahls setzt dazu dunkle Kontraste in der Fassade.

Arbeitseffizienz

Die Santander Consumer Bank beschäftigt rund 1150 Mitarbeiter in ihrer 2007 bezogenen Firmenzentrale. Neben der Bereitstellung von Arbeitsräumen soll das Gebäude zugleich die Arbeitsphilosophie des Unternehmens spiegeln, die – so kann man der Broschüre entnehmen, die die Angestellten zum Einzug in das neue Gebäude erhielten – auf Flexibilität beruhe.

Um effiziente Arbeitsabläufe zu entwerfen und die Planung des Gebäudes auf solche Prozesse abzustimmen, arbeitete die Bank mit dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation zusammen. In seiner Studie »Office 21« untersucht es die Möglichkeiten der Optimierung von Arbeitsabläufen im, so wörtlich, »Büro der Zukunft«. Die Architekten hatten die Aufgabe, den oftmals abstrakten Parametern des Instituts mit konkreten Organisationsschemata zu begegnen und sie nicht zuletzt einem räumlichen Konstrukt einzuschreiben. So übersetzen funktionales Mobiliar und farbliche Gestaltung die Anforderungen an eine angenehme Arbeitsatmosphäre, Diagramme der betrieblichen Organisationsstruktur finden ihre Übertragung in einer wegeeffizienten Grundrissanlage. Bevor dies jedoch umgesetzt wurde, erprobte das Fraunhofer Institut die entworfene »Arbeitswelt« vor Ort an einem fünfzig Quadratmeter großen Ausschnitt eines 1:1-Modells – im wahrsten Sinne praktisch, da die Architekten es während der Bauarbeiten gleich als Büro nutzen konnten.
Die Bank nennt das neu entwickelte Arbeitsmodell, das vor allem auf gesteigerte Teamfähigkeit und Mobilität zielt, bezeichnenderweise »New Work«. Ein wesentliches Leitbild flexibler Arbeit ist das »Clean-Desk-Prinzip«: Den Mitarbeitern ist kein fester Platz zugewiesen. Vielmehr sind sie angehalten, den genutzten Arbeitsplatz am Ende jeden Tages zu räumen und sich täglich – in Abhängigkeit von wechselnden Teamzusammen-setzungen oder Arbeitsschwerpunkten – einen neuen zu suchen. Die Büroflächen in den drei Obergeschossen gliedern sich in über die gesamte Gebäudetiefe von 15,90 Metern angelegte Open-Space-Arbeitsplätze, fassadenseitig angeordnete Einzelbüros für Bereichs- und Abteilungsleiter sowie Projekt- und Meetingräume mit Ausrichtung zu den Atrien. »Think Tanks« bieten bei Bedarf akustisch abgetrennte Räume für konzeptionelles Arbeiten, Besprechungen oder Telefonkonferenzen. An Stehpulten sind sogenannte »Touch-Down-Zonen« eingerichtet, an denen »im Vorbeigehen« der Laptop angeschlossen und informell gearbeitet werden kann. Hier und da finden sich »Chill-Out-Bereiche« mit Sesseln und niedrigen Couchtischen. Inwieweit diese genutzt werden, lässt sich jedoch kaum erkennen – vermutlich verhindert die Offenheit der Büroetagen und damit der Blickbezug zu den Kollegen das Entspannen im geschäftigen Treiben.

Das Unternehmen ist auf Wachstum angelegt. Wachstum wird hier aber nicht zwingend als bauliche Erweiterung verstanden, auch wenn der zum Bürokomplex gehörende Park im Westen des Neubaus den Platz dazu bieten würde. Vielmehr bezieht es sich auf die innere Organisation, denn schon jetzt gibt es »10 Plätze für 11 Mitarbeiter« – nur selten sind alle Angestellten vor Ort, zudem bieten flexible Raumbelegungen Ausweichmöglichkeiten. Die Zahl »10 X« könnte also noch erhöht werden.

Parallelwelt

Die Zentrale der Santander Consumer Bank erfuhr eine konsequente Entwicklung aus dem Inneren, erste Aufgabe war die Bereitstellung von funktionellem und effizientem Arbeitsraum. Hochwertige Materialien und dezente Detaillierung tragen dem Repräsentationsanspruch des Hauses Rechnung.
Die Ausgrenzung der Öffentlichkeit, die ohne Zweifel den Sicherheitsansprüchen der Bank geschuldet ist, lässt das Gebäude jedoch im Äußeren als unzugänglichen Kristall erscheinen. Optisch wendet er sich zwar der Stadt zu, aber sie bleibt doch ausgeschlossen. So wird dem Passanten lediglich der Zugang zu einem kleinen Kassenraum gewährt, der mit seiner automatisierten Geldausgabe jeden persönlichen Kontakt vermissen lässt. Der Eintritt in das Gebäude, die Nutzung des Restaurants oder der Espressobar im Foyer bleiben ihm verwehrt. Die Qualitäten im Inneren setzen sich im Bezug auf die Öffentlichkeit nicht fort – der Beitrag zur Stadt bleibt ein indirekter, entrückt wie ein Kristall hinter Sicherheitsglas.

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Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkelulrike.kunkel[at]konradin.de

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