Bauwerk

Universitätsgebäude Währinger Straße
NMPB Architekten - Wien (A) - 2012
Universitätsgebäude Währinger Straße, Foto: Hertha Hurnaus
Universitätsgebäude Währinger Straße, Foto: Hertha Hurnaus
Universitätsgebäude Währinger Straße, Foto: Hertha Hurnaus
1. März 2013 - Az W
Das neue Universitätsgebäude ist in jeder Hinsicht ein bemerkenswertes Projekt: 1993 hat NMPB den Wettbewerb für sich entschieden, 45.000 Arbeitsstunden sind in das Projekt geflossen, viele Planungsschritte mussten wieder verworfen werden, z.B. als das Raumprogramm 2006 geändert wurde. Das Gebäude befindet sich in prominenter Lage, vis à vis des Palais Clam Gallas im 9. Bezirk, unweit der Ringstraße und schließt eine Baulücke, die seit dem 2. Weltkrieg bestanden hatte. Die unterschiedlich tiefen Gebäudefluchten der angrenzenden Häuser werden nun mit einem Erker verbunden.

Die Baustellenphase macht zwar nur einen Bruchteil des Lebenszyklus eines Gebäudes aus. Dennoch verlangte die beengte Situation an der Hauptdurchzugsstraße nach einer rationellen Lösung. Mehrere Monate lang tüftelten die Architekten an der Gebäudehülle, bis der Entwurf dem Anspruch genügte. 900 Betonfertigteile bilden eine Relief-Fassade. Eine Matrizenschalung verleiht den 2,5 cm dicken dreischichtigen Sandwichelementen eine gewellte Oberfäche. Im Streiflicht der Abendsonne kommt das Relief besonders gut zur Geltung. Das Gebäude selbst ist wie ein „Dominohaus“ konstruiert: Stützen tragen die Hohldecken, die Fensteröffnungen sind entsprechend der Konstruktion platziert. Der Hauptzugang zum neuen Institutsgebäude erfolgt durch ein – gemessen an der Anzahl der Benutzer – verhältnismäßig kleines Foyer. Dank transparenter Gestaltung mit Ein- und Ausblicken – sowohl in den Innenhof als auch in die Bibliothek – gewinnt der Eingangsbereich an Großzügigkeit. Die Architekten bemühten sich um Großzügigkeit, soweit das komplexe Raumprogramm dies zuließ – das Raumprogramm ist sechsmal größer als die Grundstücksfläche und bietet Raum für 1100 Studienarbeitsplätze und 225 Büroarbeitsplätze, die bislang auf mehrere Standorte verstreut waren.

Im Unterschoss befindet sich das Hörsaalzentrum. Goldene, eloxierte Alupaneele verleihen dem Audimax den ihm gebührenden Sonderstatus. Die Architekten hatten im gesamten Gebäude freie Hand bei der Farbwahl. Für die übrigen Hörsäle und 11 Seminarräume ist Grau in dutzend unterschiedlichen Abstufungen das Tableau für sparsam eingesetzte Farbakzente. Kardinalrote textile, hochdämmende Akustikpanele und senfgelbe Böden wärmen den Raum optisch auf. Schwarze Türstöcke,Tischbeine und -füße runden das Farbkonzept ab. In den multifunktionalen Leselounges, an Leseplätzen und Aufenthaltsräumen dämpfen kreisrunde Schallschutzelemente an der Decke den Geräuschpegel. Die eigens für das Gebäude entworfenen Sitzmöbel bilden gemeinsam mit den runden Schallschutzelementen an den Decken und kreisrunden Lampen eine informelle Atmosphäre. Das Innendesign im gesamten Gebäude ist robust, zurückhaltend und keineswegs verspielt.

Ab dem 3. Obergeschoss sind die Räume dem Universitätspersonal vorbehalten. Sehr zum Erstaunen der Architekten wünschten sich die Mitarbeiter räumlich getrennte Einzelbüros anstatt offener „Kombibüros“, die nicht nur wirtschaftliche Vorteile bieten, sondern insbesondere den informellen Austausch fördern. Die Holzfenster in den Büros sind dem geforderten Brandschutz geschuldet, nur mit Eiche konnte dieser erreicht werden. Die Kombination Eiche-Sichtbeton harmoniert und schafft eine wohnliche Atmosphäre.

Auch für universtitätsfremde Personen bietet der Neubau einen Mehrwert. Das Gebäude ist als Durchhaus konzipiert: Direkt neben dem Eingang ins Gebäude führt ein öffentlicher Durchgang über den Innenhof zu angrenzenden Liegenschaften. Der dunkle Gang, der die Straße mit dem Innenhof verbindet, ist mit einer schallwirksamen Oberfläche verkleidet und verfügt über Knicke. Die Passage – weg vom lauten Straßenraum, hin zum ruhigen Innenhof – wird eine sinnliche Wahrnehmung. Im Innenhof selbst (Gestaltung: Anna Detzlhofer) laden zahlreiche Sitzgelegenheiten zum Verweilen ein, während man den Blick von den Schattenspielen auf der Fassade durch die verglaste Erdgeschosszone hindurch, hinein ins Gebäudeinnere wandern lassen kann. (Text: Martina Frühwirth)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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