Bauwerk

National Theater lasi „Sala Atelier“
Angelo Roventa - lasi (RO)

Box mit Stimmvolumen

Temporäres Theater in Iasi, Rumänien

14. Dezember 2009 - Karin Triendl
Das Nationaltheater in der nordrumänischen Stadt Iasi, von den österreichischen Architekten Fellner und Helmer erbaut, musste renoviert werden und suchte ein möglichst kostengünstiges Ausweichquartier. Während der Sanierung sollte das temporäre Gebäude Platz für Theateraufführungen, Serviceräume und rund 300 Zuschauer bieten. Zudem sollte es in nur drei Monaten – inklusive Planung – und mit einem bescheidenen Budget von 300.000 Euro realisiert werden.

Angelo Roventa, in Vorarlberg lebender Architekt mit rumänischen Wurzeln, nahm die Herausforderung an. Von Beginn an suchte er nicht nur nach einer formalen Lösung, sondern nach einem System, mit dem der enge Zeitplan eingehalten und das Bauwerk um die geringe Bausumme realisiert werden konnte. Moderne österreichische Holzbautechnik und die radikale Reaktion des Architekten auf die schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen machten das Unmögliche möglich.

Der minimalistische Holzbau wurde auf einem aus Ortbeton gefertigten Sockel montiert, Wände und Dach wurden aus vorfabrizierten Paneelen errichtet. Die Elemente bestehen aus Holzprofilen mit integrierter Wärmedämmung, einer zementgebundenen Holzwolleplatte als Innenansicht und einer Holzplatte mit Folie als Außenhaut.

Somit sorgen die Fertigteile neben ihrer Funktion als primäre Tragstruktur für zahlreiche Nebeneffekte: Sie erfüllen auch Anforderungen an Wärmedämmung, Schalldämmung und Brandschutz. Außen montierte Holzlatten verdecken die Stöße der schwarzen Folien und geben den Rhythmus der pragmatischen Fassadengestaltung vor.

Insgesamt 65 Paneele wurden benötigt. Jedes wiegt zwei Tonnen, die vier Hauptträger aus Brettschichtholz jeweils vier. Sie wurden in Vorarlberg vorgefertigt und mit 14 LKWs nach Rumänien geliefert. Der Rest konnte dann vor Ort in nur einem Monat von vier Männern mit einem Kran und einem Baugerüst errichtet werden.

Sobald die Zeit des Theaters abgelaufen ist, kann die gesamte Konstruktion mit wenig Aufwand demontiert werden. Das Gebäude muss nur ein neues Fundament finden, damit ihm neues Leben eingehaucht werden kann – temporäre Architektur, die trotz aller äußeren Erschwernisse Verantwortung für sich selbst trägt.

Die guten Eigenschaften von Holz kommen bei diesem Theaterbau auch akustisch zum Tragen. »Da sich unter dem Bau eine Grube befindet, ähnelt er dem Körper eines Musikinstruments, weil das Volumen wie ein großer Hohlraum funktioniert«, so der Vorarlberger Architekt.

Die stattliche Raumhöhe des Theaterbaus ergab sich aus dem beschränkten Budget und den innovativen Lösungsansätzen des Architekten. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Lösung sorgt der rund 12 Meter hohe Innenraum für das doppelte Luftvolumen und ersetzt damit teure Anlagen für Lüftungs- und Klimatechnik. Nach dem Ende der Aufführung kann ein herkömmlicher Ventilator den Raum in nur einer Stunde belüften.

Aufgrund der hohen Geschwindigkeit des gesamten Bauprozesses unterlag das Projekt auch einigen nicht vorgesehenen Änderungen. Laut Angelo Roventa sollte das Gebäude eigentlich nicht mit dem Haupthaus konkurrieren. Doch die vom Architekten vorgesehene Position der schwarzen Box wurde von den lokalen Entscheidungsträgern kurzerhand um ein paar Meter verschoben und sorgt so für eine eher unkontrollierte städtebauliche Situation hin zum angrenzenden Hauptgebäude.

Für Rumänien dürfte das provisorische Theater in Iasi eine wichtige Ausnahmeerscheinung sein. Während die Öffentlichkeit sich generell skeptisch gegenüber modernen Bauten zeigt, dient das Temporäre in diesem Fall als Alibi für eine hochwertige architektonische Intervention. Das Projekt sollte jedoch nicht als modischer Minimalismus verstanden werden, sondern eher als ein Extrem, das durch Fakten und Zahlen bestimmt wird und dadurch konzentrierte Architektur mit maximalem Effekt schafft.

Architekt Angelo Roventa versuchte, die Aufgabenstellung möglichst undramatisch und klar zu erfüllen. Es gelang ihm dabei zu zeigen, dass Holz ein Baustoff ist, der bei konsequenter Anwendung kostengünstige und logische Bauten mit einer eigenen pragmatischen Ästhetik hervorbringen kann.

[ Karin Triendl, Studium der Architektur in Innsbruck, Arlington und Delft, seit 2007 Bürogemeinschaft mit Patrick Fessler. Schreibt als freie Autorin über aktuelle Stadt(räume) und Architekturen ]

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Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at

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National Theater Iasi