Bauwerk

Sanierung Werkbundsiedlung Wien
P.GOOD - Wien (A) - 2012
Sanierung Werkbundsiedlung Wien, Foto: P.GOOD Praschl-Goodarzi Architekten ZT-GmbH
Sanierung Werkbundsiedlung Wien, Foto: Adsy Bernart

Haus Hoffmann, Haus Rietveld

3. August 2012 - Az W
30 Jahre liegt die letzte Sanierung der Werkbundsiedlung Wien zurück, eine neuerliche Renovierung erwies sich als unvermeidbar. In der ersten Phase der Sanierung der Werkbundsiedlung wurden drei Häuser von Gerrit Rietveld in der Woinovichgasse 16,18 und 20 sowie eines von Josef Hoffmann in der Veitingergasse 85 restauriert. Drei dieser Häuser standen leer und konnten somit auch innen saniert werden.

Ziel der Sanierung war es die Wohngebäude auf einen schadensfreien, zeitgemäßen Standard zu bringen. Besonderes Augenmerk galt dabei der Stellung der Werkbundsiedlung als architekturhistorisch herausragendes Ensemble der Moderne. Dabei wurde möglichst viel der noch vorhandenen Originalsubstanz bewahrt und langfristig gesichert. Teilweise konnten spätere Überputzungen oder Verkleidungen entfernt und die Originalsubstanz wiederhergestellt werden. Die Restaurierung von erhaltenen Sichtoberflächen wird mit den gleichen Materialien und Handwerkstechniken durchgeführt wie bei der Errichtung 1932. In den Rietveld Häusern konnten die von Rietveld ursprünglich angedachten, in Skizzen und Briefen dokumentierten Grundrissvarianten für das Erdgeschoss, die 1932 nicht ausgeführt wurden, nachträglich realisiert werden. (siehe Plan: Wohnvarianten)

Die Maßnahmen umfassten die Sanierung und teilweise Freilegung der originalen Putzoberflächen, sowie die Sanierung der Fenster, Türen, Böden, Wände und Decken. Die authentische Wiederherstellung des Originalzustandes bewahrt auch Spuren der Vergangenheit – z.B. auf den ersten Blick irritierende Gebrauchsspuren in Form Kerben und Abdrücken im Linoleumboden. Die Sanitäranlagen und Elektroinstallationen hingegen wurden entsprechend heute geltender Standards umgebaut und schaffen einen harten Kontrast zur vorherrschenden, äußerst aufwändig sanierten Originalsubstanz. Dieser „Bruch“ ist dem Umstand geschuldet, dass das Haus Hoffmann ebenso wie die Rietveld Häuser und die weiteren noch zu sanierenden 44 Häuser nach Beendigung der Sanierungsarbeiten nicht als Museen, sondern als Wohnhäuser genutzt werden sollen und damit ökonomische Parameter bei der Auswahl der Ausstattung ebenso zur Anwendung kommen wie die Alltagstauglichkeit derselben.

Wie schon bei der 30 Jahre zurückliegenden Sanierung stellte sich auch heute die Frage der Verbesserung der thermischen Qualität. Das Planerteam hat eine Reihe von kombinierten Maßnahmen entwickelt, die auch ohne Wärmedämmung der Fassaden eine Reduktion der Heizkosten um ca. 50% ermöglichen und gleichzeitig die Kondensatfreiheit der Wohnungen garantieren. Die Energieeinsparung beim Haus Hoffmann beläuft sich auf 153 Kwh/m2a (von 284 auf 131 Kwh/m2a), beim Haus Rietveld 88 Kwh/m2a (von 195 auf 107 Kwh/m2a).

Parallel zu den Bauarbeiten an den ersten vier Häusern wurde damit begonnen, bei den restlichen 44 Häusern Bestandsaufnahmen durchzuführen und Gespräche mit den Mietern zu führen. Unterstützt werden P.GOOD Architekten dabei von ihrem Team aus Fachkonsulenten für Metall-, Holz- und Putzrestaurierung sowie Bauphysik, Elektro- und Haustechnik. Die besondere Herausforderung bei der Sanierung der bewohnten Objekte besteht darin, die Interessen von Denkmalschutz und Bewohnern unter ein Dach zu bringen. Für jedes Haus wird es eine individuelle Lösung mit einer Kombination von abgestimmten Maßnahmen geben.

Insgesamt wird das Revitalisierungsprojekt, das in vier Phasen angelegt ist, über fünf Jahren abgewickelt werden. Für die Instandsetzung wurde von der Stadt eigens die Wiener Substanzerhaltungsgesellschaft & Co KG (WISEG) gegründet, die die Planungsleistung auch ausgeschrieben hat. Die 48 Häuser, die saniert werden, bleiben weiter im Besitz der Stadt.

Im Zuge der Sanierungsarbeiten konnte ein Mythos beseitigt werden, nämlich der vom Leben auf engstem Raum. So erzählten Bewohner den Architekten, wie sie ihre Kinder auf engstem Raum großgezogen hätten - nur 55 m² standen ihnen zur Verfügung. Tatsächlich beträgt die Nutzfläche besagter Wohnung 96 m², wie die Flächenbemessung, die für alle Häuser erfolgte, ergab. Schwierig wird die Bewertung sehr kleiner Flächen, z.B. auf Galerien. Diese Kleinstflächen liegen zwar unter dem Schwellenwert für die Bemessung, auf die Gesamtfläche gesehen summieren sie sich aber auf 10 m² und mehr, ein nicht unwesentlicher Aspekt für die künftige Vermietung. (Text: Architekt, redaktionell überarbeitet und erweitert Martina Frühwirth)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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