Bauwerk

Museum Angerlehner
Wolf Architektur - Thalheim (A) - 2013

Auf dem Boden geblieben

Kunst am Industriestandort. Vom privaten Sammeln zum öffentlichen Vermitteln von Kunst: das Museum Angerlehner in Thalheim bei Wels.

21. September 2013 - Romana Ring
Mehr als 4000 Quadratmeter Nutzfläche auf höchstem gestalterischen und technischen Niveau, aus privaten Mitteln finanziert: Das am vergangenen Wochenende eröffnete Museum Angerlehner in Thalheim bei Wels überragt zweifellos den Horizont alltäglichen Baugeschehens, nicht nur in Oberösterreich. Dass es dennoch fest in seinem Umfeld verankert ist, hat womöglich mit der unleugbaren Aura von Bodenständigkeit zu tun, die den Hausherrn Heinz J. Angerlehner umgibt; oder mit der Tatsache, dass just das im nahen Grieskirchen ansässige Büro Wolf Architektur den unter 16 namhaften Architekturbüros ausgeschriebenen und voneinem prominent besetzten Preisgericht jurierten Wettbewerb zur Planung des Museums gewonnen hat; viel enger aber bindet die Geschichte der Anlage selbst, von Wolf Architektur scheinbar mühelos und ohne Abstriche vom ästhetischen Anspruch oder der Funktionalität erzählt, diese an den Ort und seine Menschen.

Das Museum ist aus den Betriebsgebäuden der international im Anlagenbau tätigen FMT hervorgegangen, deren Gründer, Heinz J. Angerlehner, ein bedeutender Sammler zeitgenössischer Kunst ist. Der Umzug des Betriebes an einen anderen Standort im nahen Wels eröffnete die Möglichkeit,die Anlage zum Museum umzudeuten und so den Schritt vom privaten Sammeln zum öffentlichen Vermitteln von Kunst zu tun. Einige Grundzüge des Bestandes, seine Lage an der Ascheterstraße, der Haupterschließungsstraße Thalheims etwa, oder die aus dem großen Maßstab erwachsende, vom geräumigen Vorfeld zur Straße unterstrichene Prägnanz des Gebäudes haben es leicht gemacht, in die neue Rolle hineinzuwachsen. Einer der ersten Schritte auf dem Weg vom Industrieobjekt zum Kulturbau lag in der Begradigung des Baukörpers, der nun alle Museumsnutzungen unter Ausnahme der Administration aufnimmt. Diese ist in einem unverändert belassenen Bürogebäude untergebracht, das durch einen niedrigen Trakt mit dem Haupthaus in Verbindung steht. – Wolf Architektur hat von dem ursprünglichen, den betrieblichen Anforderungen gehorchend heterogenen Komplex der Fertigungshallen hier ein wenig abgebrochen, dort ein wenig hinzugefügt und mit überraschend sparsamen Eingriffen einen geometrisch leicht lesbaren Körper geschaffen, der dem Straßenverlauf im Norden eine breite, glatte Front zeigt. Zum bewaldeten Bachufer im Süden hin nimmt die Fassade einen mehrfach gekanteten Verlauf und ermöglicht hier die gezielte Öffnung eines im Grunde introvertierten Hauses zum Naturraum.

Der neue Körper wird von einer Hülle aus schwarzen Metallkassetten umfangen, die mit ihrem feinem, aus den unterschiedlichen Glanzgraden der Oberflächen geschaffenen Muster den Wandel vom Industrie- zum Kulturobjekt auf subtile Weise anschaulich macht. Aus den Werkshallen ist eine im Wechsel des Lichtes und der Bewegung schimmernde schwarze Schatulle geworden, die Wolf Architektur weiß ausgekleidet hat. Diesem ebenso einfachen wie einprägsamen Konzept folgend, ist der Haupteingang des Museums als weiß gefasste Öffnung aus der östlichen Ecke der Straßenseite geschnitten.

Gleich beim Betreten des mit Absicht niedrig gehaltenen Foyers fällt der Blick, die gesamte Tiefe des Gebäudes querend, durch eine Glaskonstruktion über eine gedeckte Terrasse wieder ins Freie, zum Grünraum am Wasser. Knapp davor öffnet sich der Raum nach oben. Aus einem glasgedeckten Einschnitt im Dach fällt Licht durch den über beide Geschoße des Museums reichenden Luftraum in das Foyer. Eine gläserne Wand im ersten Stock stellt die Sichtverbindung zum Seminarraum her, der über eine eigene Treppe aus dem Foyer zugänglich ist. Er kann, wie der für museumspädagogische Zwecke eingerichtete Raum darunter und das Foyer selbst, ohne technischen oder personellen Aufwand unabhängig vom Museumsbetrieb genutzt werden.

Ein zweiter, nicht minder wichtiger Einblick öffnet sich beim Eintritt linker Hand: durch eine Glaswand sehen Besucher in ein Herzstück des Museums, das Schaudepot. Hier verwahrt der Hausherr in ausziehbaren Registern seine Schätze. Das Depot wird von der Anlieferung an der nordwestlichen Ecke der Anlage mit einem angeschlossenen Raum zur Dokumentation und Restaurierung der Kunstwerke beschickt. Das eingeschoßig angelegte Depot wird nur durch eine Glaswand von einem Veranstaltungsbereich getrennt, in dem die gesamte Höhe des Baukörpers erfahrbar wird. Eine Treppe und ein Aufzug führen, von einer weißen Wandscheibe flankiert, in das Obergeschoß. Eine Brücke quert die haustechnisch für alle Veranstaltungseventualitäten gerüstete Halle und erschließt zwei intime, über dem Schaudepot angelegte Ausstellungsräume. Neben dem als Filter zur Außenwelt gedachten Veranstaltungsbereich liegt die großeAusstellungshalle des Museums.

Dieser 60 Meter lange und 20 Meter breite Raum reicht ebenfalls bis unter das Dach. Zwei von einer Galerie an der Längsseite erschlossene Brücken im Obergeschoß schaffen Platz für Sonderausstellungen und gliedern die Ausstellungsflächen, deren Zuschnitt durch mobile Trennwände verändert werden kann. Ein aus dem Bestand erhaltener Hallenkran erinnert wie die schwarzgestrichenen Trapezbleche der original belassenen Dachuntersicht und die hinter den weißen Vorsatzschalen sichtbaren Außenwände an die Vergangenheit. Wo früher Lichtkuppeln im Dach der Halle angeordnet waren, sind die Öffnungen nun mit speziell für museale Anforderungen entwickelten Verglasungen versehen.

In der Mitte der nordwestlichen Stirnseite der Ausstellungshalle hat Wolf Architektur eine Öffnung in der Außenwand zum großen Panoramafenster umgedeutet, das mit seinem weißen Rahmen die schwarze Hülle durchdringt. Das mit einem Parapet in Sitzbankhöhe ausgeführte Fenster gibt den Blick zum Aiterbach frei. Diesen quert nun ein Steg, der das Museumsareal mit dem Zentrum der Stadt Wels verbindet. Der in Linz ansässige Konstrukteur Erhard Kargel hat Brücke und Steg als Ensemble entwickelt, in dem jeder Teil der Vorstellung minimalen Materialeinsatzes zur Schaffung größtmöglicher Eleganz folgt. Auch das ist ein Weg, jene Idee des Zusammenwirkens von Kunst und Technik anschaulich zu machen, die im Bau des Museums Angerlehner verkörpert ist.

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