Bauwerk

Blue Box
Hofrichter-Ritter Architekten - Graz (A) - 2014
Blue Box, Foto: Karl Heinz Putz
Blue Box, Foto: Karl Heinz Putz
15. Oktober 2014 - HDA
Ein Bild von einer Halle

„Bluebox“ heißen sonst Räume, die sich ganz zurücknehmen, um sich in unterschiedlichste, virtuelle Welten verwandeln zu lassen.
Das ist nicht der erste Eindruck, den die „Blue Box“ der HIB Liebenau hervorrufen möchte. Zumindest nicht von außen. „Box“ trifft es aber auf Anhieb genau. Die Blue Box ist eine einfache Schachtel, die auf einem schmalen, milchig verglasten und nächtens hinterleuchteten Sockel ruht. Monolith und blau gefärbt sticht sie dabei markant aus ihrem Nachkriegsumfeld heraus und schließt selbstbewusst und auch von einem Lichtschlitz separiert an eine winkelförmige Anlage aus altem Turnsaal, Schwimmhalle, Wirtschaftsgebäude und Speisesaal an. Für die Sportplätze, die das Schulgelände entlang einer Allee zur Liebenauer Hauptstraße hin abschließen, bildet sie einen identitätsstiftenden Hintergrund.

Schon Ende der 90er-Jahre hatte die HIB Liebenau Bedarf an einem neuen Turnsaal angemeldet. Gemeinsam mit den Nutzungsinteressen diverser Vereine ergab sich daraus schließlich die Ausschreibung einer von Bund, Land und Stadt Dreifach-Ballsporthalle in wettkampftauglicher Ausführung.

Das 2010 einstimmig ausgewählte, vor kurzem realisierte Siegerprojekt des Büros HOFRICHTER-RITTER Architekten wird den ausgelobten Spezifikationen mehr als gerecht:
Vier Meter abgesenkt entspricht die Halle internationalen Volleyball-Richtlinien (welche eine lichte Raumhöhe von mindestens neun Metern vorschreiben), ohne die umliegende Bebauung noch kleinteiliger erscheinen zu lassen.
Die nach Nutzergruppen differenzierte Erschließung funktioniert auf kurzen Wegen und ermöglicht eine klare Trennung von Sportler- und Zuschauerbereichen: Ohne den Schulbetrieb zu stören, finden externe Sportvereine erlebnisorientiert ihr Ziel, wenn sie einer um die alte Turn- und Schwimmhalle gelegten Laufbahn folgen. Sie führt vom Parkplatz an der Kadettengasse zum östlichen Eingang, hinter dem Stiegenhaus und Lift auf Hallenniveau bzw. zu den zwischen Schmutz- und Saubergang situierten Umkleiden vermitteln. Im Westen erschließt der Haupt- bzw. Zuschauer-Eingang ein Foyer, auf dessen blauem Boden ein monochrom rot gefärbter Buffet-Block steht und das nach Süden hin zur eigentlichen, innen hell-weißen Halle bzw. zu deren teleskopartig erweiterbaren Tribüne aufbricht, also schon Teil des ohne Lift barrierefreien Zuschauerbereiches ist. Die Schüler schließlich können direkt vom Bestandsgebäude Richtung Halle wechseln.
Eine sowohl natürliche als auch blendfreie Belichtung besorgt die Verglasung der nördlichen Abschlusswand. An der Decke sind Tragwerk und Technik hinter ein Gitter gepackt, das die eingesetzten Geräte nicht nur ballwurfsicher macht, sondern auch Blendfreiheit bei Kunstlicht garantiert.
Durch Netze und Vorhänge lässt sich die Halle in drei parallel bespielbare Abschnitte teilen.

Gemeinsam mit der Vielzahl der hier vorgesehenen Ballsportarten ergibt die Möglichkeit zur Dreifachnutzung ein Geflecht unterschiedlicher Linien am sonst blau und grau eingefärbten Holzboden. Als hätten sich Sport und Hard Edge Painting auf ein fächerübergreifendes Projekt verständigt. Dass die Architekten hierin den Schlüssel zur Konzeption des äußeren Erscheinungsbildes fanden, darf man ihnen als ästhetisch motivierte Konsequenz hoch anrechnen. Das Blau der ohne jede Arbeitsfuge verputzten Außenhaut wird von einzelnen weißen und roten Sportfeldlinien durchkreuzt. So bildet die Halle nicht nur ein optisch fest verzurrtes Ensemble mit dem südlich anschließenden Tartan-Hartplatz. Sie funktioniert obendrein als Bild – als gelte es, die künstlerischen Entwicklungen vom flächenhaften hin zum raumgreifenden Minimalismus zu konterkarieren.

Und bei Kaiserwetter wird das Blau der Halle gleichsam zum Tarnanstrich. Dann entspricht die Blue Box ihrem Namen ganz, bricht sie die Gegnerschaft von Virtuellem und Realem auf, während sie in der Landschaft verschwindet. Mehr kann man von einer Sporthalle wirklich nicht erwarten. (Text: Ulrich Tragatschnig)

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Für den Beitrag verantwortlich: HDA

Ansprechpartner:in für diese Seite: Karin Wallmüllerbaudatenbank[at]hda-graz.at

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