Bauwerk

Serpentine Pavillon 2017
Kéré Architecture - London (GB) - 2017
Serpentine Pavillon 2017 © Kéré Architecture
Serpentine Pavillon 2017 © Kéré Architecture

Ein Ort zum Sichversammeln

Der Serpentine Pavilion 2017

Für die Ewigkeit gedacht ist er nicht, Diébédo Francis Kérés Sommerpavillon für die Serpentine Gallery. Kéré nimmt Bauformen seiner Heimat Afrika auf.

8. Juli 2017 - Marion Löhndorf
«Meine Güte, was kann ich hier noch tun?» So fragte Diébédo Francis Kéré, der mit der Gestaltung des diesjährigen Sommerpavillons der Serpentine Gallery beauftragt wurde, nach der Sichtung der Liste seiner sechzehn illustren Vorgänger. Zaha Hadid, Rem Koolhaas, Herzog de Meuron, Frank Gehry und Peter Zumthor hatten in der Vergangenheit eines der offenen Sommerhäuser gestaltet. Sie stehen jeweils nur ein paar Monate lang auf der Wiese vor der Serpentine Gallery in Kensington Gardens und ziehen Tausende von Architekturfans an.

Ein Baum, unter dem man sich niederlässt

Der Architekt der diesjährigen Ausgabe des Summer Pavilion, Diébédo Francis Kéré, stammt aus Burkina Faso und entschied sich, im wahrsten Wortsinne den eigenen Wurzeln treu zu bleiben. Sein Pavillon sollte wie ein Baum sein, unter dessen Ästen man Platz nehmen und sich austauschen kann – in Anlehnung an Versammlungsorte einer afrikanischen Dorfgemeinschaft. Der diesjährige Pavilion ist weder ausgesprochen skulptural, noch besitzt er die sesshafte Schwere eines Hauses, das für die Ewigkeit gedacht ist: Denn die Gefahr, in die eine oder anderen Richtung zu driften, besteht bei dieser Aufgabe.

Kérés Gebäude hingegen gewährt Schutz, aber zugleich auch Freiheit und Durchlässigkeit zur umgebenden Parklandschaft. Der Architekt schuf ein schirmartiges, hölzernes Dach, das an eine Baumkrone erinnert. Es ruht auf einem Geflecht von Stahlträgern, umgeben von tiefblauen Wänden, die sich über vier Eingänge zu einem Innenhof öffnen. Die Farbe Blau wird in Burkina Faso zu besonders festlichen Anlässen getragen oder verwendet. Und abendliche Veranstaltungen im Pavilion können ja auch immer zu kleinen – oder grossen – Festen werden.

Kostbares Wasser

Der Clou ist der Einsatz des Regenwassers, das vom Dach des Hauses gesammelt wird und in kleinen Wasserfällen seine Runden dreht, bis es in die Kanalisation läuft: Aus der Sicht des afrikanischen Architekten, in dessen Land Wasser rar ist, sollte es als etwas Besonderes geschätzt werden. Die verwendeten Materialien Holz, Stahl und Plastic verleihen seinem Bau Leichtigkeit. Nur der Boden ist aus Beton.

Diébédo Francis Kéré, Jahrgang 1965, ist der erste afrikanische Architekt, der einen Summer Pavilion in Kensington Gardens gestaltet. Sein Stil, der Elemente der Architekturmoderne mit afrikanischen Materialien und Bauweisen verbindet und doch ganz ohne Anflüge von Folklore auskommt, machte ihn zu einem internationalen Star. Schon als Kind interessierte er sich für Architektur, er studierte in Berlin, wo er Mies van der Rohe entdeckte und, wie er sagt, dessen Rationalität schätzen lernte. Er hat in Berlin ein Büro mit zwölf Mitarbeitern und fühlt sich einem sozial und ökologisch engagierten Design verpflichtet.

Schlingensiefs Operndorf

Eines seiner ambitioniertesten – und in deutschsprachigen Ländern vielleicht bekanntesten – Projekte ist das Operndorf in der Nähe von Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso. Der verstorbene Theatermacher Christoph Schlingensief hatte es erträumt und initiiert. Bisher sind um den Aufführungsort bereits 23 Gebäude entstanden, darunter eine Schule, eine Krankenstation, Kunststudios und Wohnungen. Mit Aufträgen in Europa – darunter Geschäfte für die Schuhfirma Camper – finanziert der Architekt seine Arbeiten an anderen Orten der Welt wie in Indien, Mali, Jemen und in Kenya, wo er Schulen, Bibliotheken und Gesundheitszentren baut – oft gegen geringes Honorar oder pro bono.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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