Bauwerk

Museum Heidi Horten Collection
tnE Architects - Wien (A) - 2022

Palais einer Trophäensammlerin

Am Freitag eröffnet das Privatmuseum von Heidi Goëss-Horten in der Wiener Innenstadt. Die Debütschau gewährt allerdings nur oberflächliche Einblicke in die umfangreiche Kunstsammlung.

31. Mai 2022 - Katharina Rustler
Im Scheinwerferlicht steht Heidi Goëss-Horten ungern. Öffentliche Auftritte meidet sie, Interviews gibt die 81-Jährige selten. Selbst zur Eröffnung ihres als Highlight des Kunstjahres erwarteten Privatmuseums gegenüber der Albertina im Hanuschhof gibt es weder eine Pressekonferenz noch eine große Eröffnung. Dafür ist der Eintritt jeden Donnerstagabend frei.

Einen Einblick in ihre umfangreiche Kunstsammlung „Heidi Horten Collection” zeigte die Milliardärin erstmals 2018. In der besucherstarken Ausstellung Wow! im Leopold-Museum hingen Werke, die bis dahin nur Hortens Domizile in New York, London, Kitzbühel oder am Wörthersee schmückten. Jetzt hat die reichste Frau Österreichs (ihr Vermögen wird auf 2,9 Milliarden Euro geschätzt) ein eigenes Zuhause für ihre Sammlung errichtet und macht sie dauerhaft fürs Publikum zugänglich: Ab Freitag eröffnet das neue Museum im „Palais Goëss-Horten“ (mehr zur Architektur lesen Sie links) in der Wiener Innenstadt.

Affe und Trompeten

Schwerpunkte der aus etwa 700 Gemälden, Skulpturen und Grafiken bestehenden Sammlung liegen auf Kunst des Wien um 1900, Expressionismus und Pop-Art. Große Namen sind Francis Bacon, Edvard Munch, Egon Schiele, Andy Warhol und Damien Hirst. Begonnen in den 1970er-Jahren mit ihrem ersten Ehemann, dem Kaufhausmagnaten Helmut Horten, baute Heidi Horten die Kunstsammlung nach dessen Tod (und mit seinem Erbe) auf und machte Kunst zu ihrer Leidenschaft.

Unterstützung bekam sie bereits in den 1990ern von ihrer Freundin Agnes Husslein-Arco, die sie bis heute bei Ankäufen berät und nun dem neuen Museum als Gründungsdirektorin vorsteht. Noch während Hussleins Leitung des Belvedere, das sie 2016 wegen Compliance-Vorwürfen verlassen musste, galt Horten als Leihgeberin. 2018 kuratierte die Kulturmanagerin wiederum die Ausstellung im Leopold-Museum. Die stetig wachsende Sammlung gilt als gemeinsames Projekt.

Zwar stellt die Eröffnungspräsentation Open die Architektur des Museums ins Zentrum, sie soll aber auch die Weiterentwicklung der Sammlung sichtbar machen. Nur etwa 50 Werke sind äußerst spärlich auf die insgesamt fast 1500 Quadratmeter Ausstellungsfläche verteilt. Ein „lockerer Parcours“ stellt Neuankäufe der letzten Jahre und bekannte Kapazunder vor. Prominentes Beispiel mit Wiedererkennungswert: Der sitzende Affe aus Bronze des Künstlerpaares Claude und François-Xavier Lalanne. Dahinter ragt die über sechs Meter hohe Messingskulptur Vibrosauria des österreichischen Künstlers Constantin Lusers bis in den zweiten Stock hinauf. Die aus insgesamt einer Tuba, vier Trompeten und 20 Hörnern bestehende neue Auftragsarbeit in Form eines Dinos macht den Wandel der Sammlung der letzten Jahren deutlich. Auffallend sind lokale, jüngere und weibliche Positionen – sowie der Einfluss des musealen Raums.

Denn Dimensionen wie jene von Lusers Figur oder auch die bunte Neonlichtinstallation des Konzeptkünstlers John M. Armleder Target mit drei Metern Durchmesser hätten selbst in Hortens Privaträumen kaum Platz gefunden. Auch die erste Videoarbeit (eine der französischen Performancekünstlerin Lili Reynaud-Dewar) der bisher analogen Kollektion, wird in Open gezeigt. Zwischen bereits bekannten Werken von Damien Hirst, Erwin Wurm oder Jean-Michel Basquiat sticht diese in Kombination mit einem Wandteppich der Österreicherin Ulrike Müller hervor, beide beschäftigen sich auf sehr unterschiedliche Weise mit Füchsen und Schafen. Nicht nur auf inhaltlicher Ebene harmonieren die Werke.

Solche Momente sind ansonsten rar. Zwar versuchen drei Kapitel (Lichtinstallationen, Schriftbilder und Beziehung von Mensch, Tier, Natur), Gemeinsamkeiten aufzuzeigen. Das ist spielerisch gemeint, insgesamt wirkt das aber oberflächlich. Einen erzählerischen Überbau sucht man vergebens. Kuratorisches Konzept: Schaut euch die Trophäen an!

„Augenmensch“ mit Erbe

Es lassen sich aber durchaus Paralellen zu Hortens Sammlungspolitik ziehen, die bewusst keinen Trends folgt. In einem Gespräch mit Husslein bezeichnete sie sich selbst als „Augenmensch“. „Wenn ich ein Kunstwerk sehe, weiß ich im ersten Moment, ob es für meine Sammlung infrage kommt – da steckt keine bestimmte Strategie dahinter.“

Apropos Strategie: Auf das Anfang 2022 veröffentlichte Gutachten zur NS-Vergangenheit von Helmut Horten, zu der sich seine Frau nicht äußert, wird in einem einführenden Text (und einem Booklet) im Museum verwiesen. Die Datei ist auf der Webseite abrufbar. Mit dessen Geschäften und seiner Rolle als Profiteur hatte die 1941 Geborene nichts zu tun, das Erbe muss Heidi Goëss-Horten – sowie Sammlung und Museum – dennoch tragen. Ab 3. 6.

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